Olten hat seit dem Abstieg im Frühjahr 1994 – also in den letzten 30 Jahren – als Spitzenteam der zweithöchsten Liga neue Trainer immer mit dem Blick nach oben engagiert. Wir wollen aufsteigen, also sind wir. Zuletzt sind Lars Leuenberger und Gary Sheehan in der Hoffnung auf neuen sportlichen Ruhm geholt worden.
Natürlich ist auch Christian Wohlwend am 6. November als neuer Trainer (für Gary Sheehan) mit der Hoffnung auf Siege verpflichtet worden. Aber von ihm erwarten die Oltner noch viel mehr: eine neue Identität. Er hat eine schier unlösbare Aufgabe bei Ajoie sozusagen mit einer grossen, aber lösbaren Herausforderung in Olten eingetauscht. Und es gereicht Präsident Marc Thommen zur Ehre, dass er nach dem Scheitern der Vorwärts-Strategie (Ziel Aufstieg) nicht – wie das sonst im Sport zu oft üblich ist – von Bord geht. Sondern aus Erfahrung klug geworden nun auch die Verantwortung für die Transformation der Oltner Hockeykultur übernimmt.
Was bedeutet diese Transformation? Die letzten Jahre haben gezeigt, dass Olten sehr wohl «Hockeytown» ist. Aber die Finanzierung einer Mannschaft in der höchsten Liga immer schwieriger, ja inzwischen eigentlich unmöglich geworden ist: Um nicht permanent Schlusslicht zu sein, müsste in der National League ein Budget von 15 Millionen gestemmt werden. Das ist bei Lichte besehen unrealistisch. Nicht nur für Olten, sondern für die meisten anderen Klubs auch. Aufstiegspotenzial hat inzwischen eigentlich nur noch Basel und – wenn das Projekt neue Arena gelingt – Sierre.
Damit bleiben dem EHC Olten eigentlich nur zwei Möglichkeiten: freiwilliger Abstieg in die höchste Amateurliga nach dem Beispiel des Erzrivalen aus Langenthal. Oder eine neue Identität. Das bedeutet nach 53 Jahren Eigenständigkeit in den zwei höchsten Ligen eine teilweise Aufgabe der Autonomie. Die Oltner haben ein ähnliches Problem wie die Schweiz mit der EU: Wie viel sportliche Selbstbestimmung geben wir auf, wie weit kommen wir einem Partner entgegen.
Es entbehrt nicht einer gewissen Ironie, dass Olten mit Biel zusammenarbeitet. Mit dem Klub, der die Oltner im Frühjahr 1994 in einem Abstiegsdrama sondergleichen (Entscheidung nach Penaltys) in die zweithöchste Liga verbannt hat. Mit Christian Wohlwend kommt ein Trainer mit reicher, jahrelanger internationaler Erfahrung im Ausbildungsbereich (U 20-Nationaltrainer) und Praxis im rauen Resultatorientierten Profihockey (Headcoach in Davos und Ajoie). Wenn einer Oltens neue Identität als nicht mehr ganz eigenständiger Ausbildungsclub prägen kann, dann er.
Aber auch die Liga sucht eine neue Identität. Spätestens seit dem freiwilligen Abstieg des dreifachen Meisters Langenthal ist klar: Die zweithöchste Liga hat ein Problem. Dabei ist die Lösung so einfach. Beginnen wir mit einer ersten Momentaufnahme. Jamie Villard (18) debütiert am 9. Oktober mit Lyss in der MyHockey League im Erwachsenenhockey gegen Huttwil. Er hält wacker mit, dominiert aber nicht.
Etwas mehr als einen Monat später kommt er am 16. November gegen Langnau bereits zu seinem ersten Einsatz mit Biel in der National League. Er hält wiederum wacker mit und bekommt fast sieben Minuten Eiszeit. Was lernen wir daraus? Dass die MyHockey League durchaus als Ausbildungsliga fürs Profihockey taugt. Viel besser als die höchste Juniorenliga.
Nun zu einer zweiten Momentaufnahme. Nehmen wir an, ein Gast aus Kanada macht bei uns eine Hockey-Rundreise. Wir laden ihn zu zwei Partien ein, sagen ihm aber nicht, um welche Liga es sich jeweils handelt. Er besucht ein Spiel der MyHockey League (Huttwil gegen Langenthal) und ein Spiel in der Sky Swiss League (Olten gegen die Bellinzona Snakes). Dann stellen wir ihm die Frage, ob er einen Niveau-Unterschied festgestellt habe. Seine Antwort wird sein: Nein. Bei Huttwil gegen Langenthal seien mehr Emotionen im Spiel gewesen. Bei ungefähr gleichem Tempo sei die Partie in Olten eine Spur taktischer und härter gewesen. Aber ein Niveau-Unterschied? Nein.
Tatsächlich gibt es heute zwischen einem durchschnittlichen Spiel in der Sky Swiss League und einer guten Partie in der MyHockey League praktisch keinen Unterschied mehr. Ja, in der MyHockey League wird sogar eine Spur schneller, wilder und spektakulärer, aber weniger taktisch gespielt. Eigentlich sind die guten Partien in der MyHockey League inzwischen nichts anderes als Sky-Swiss-League-Hockey ohne Ausländer. Aufsteiger Chur steht als Beispiel für die Qualität der MyHockey League.
Ein bisschen Subventionen aus den Verbandskassen lösen die wirtschaftlichen Probleme der zweithöchsten Liga nicht mehr. 300'000 oder 400'000 Franken mehr pro Saison würden ohnehin in Spielergehälter fliessen. Wir haben weder die Spieler noch die wirtschaftliche Grundlage für zwei reine Profiligen. Wenn die National League 14 Teams umfasst – und das wird auf absehbare Zeit so bleiben –, dann bleibt der Sky Swiss League nur die Entwicklung zu einer teilweisen «Amateurisierung».
Wäre das ein Problem? Nein. Die Spiel- und Trainingspläne können so ausgestaltet werden, dass ein talentierter Spieler parallel zum Hockey eine solide Berufsausbildung machen oder Hockey auf hohem Niveau aus Leidenschaft spielen kann. Spezial- und Fördertrainings bei einem NL-Klub für jene, die eine Profikarriere anstreben, sind möglich.
Eine teilweise Amateurisierung bedeutet: Weniger gut bezahlte «Saurier», die sich noch ein wenig für 60'000 oder 80'000 Franken den Karriereherbst verlängern und die Zukunft hinter sich haben. Mehr ehrgeizige, entwicklungsfähige Talente. Die Personalausgaben können im sechsstelligen Bereich zurückgefahren werden. Die Sky Swiss League wird so zu einer echten Ausbildungsliga. Jedes Team kann weiterhin zwei Ausländer einsetzen. Oder auf Ausländer verzichten. Wer die Liga gewinnt, kann den Verlierer der NL-Playouts herausfordern und dann entscheiden, ob er nach oben will oder nicht
Die Lösung für die Probleme der Sky Swiss League ist also einfach: Aus den 10 Teams der Sky Swiss League und aus den 12 Teams der MyHockey League eine Ausbildungs-Liga formieren. Realistisch ist eine 16er- oder 18er-Liga mit den besten 6 oder 8 Mannschaften aus der MyHockey League, mit der Option zur Regionalisierung in zwei Gruppen. Die restlichen Teilnehmer der MyHockey League kehren in die 1. Liga mit reinem Amateurbetrieb zurück, die wieder in drei Gruppen regional gespielt wird.
Wird so die Differenz zwischen den Budgets der National League und der Sky Swiss League nicht zu gross? Sie ist jetzt schon zu gross. Was sich daran zeigt, dass selbst Basel aus wirtschaftlichen Gründen nach wie vor auf die Option Aufstieg verzichtet. Wer aufsteigen will, dem ist es freigestellt, zu investieren. Es ist weiterhin möglich und erlaubt, auf Augenhöhe des Playout-Verlierers der National League aufzurüsten.
Werden die Zuschauer fehlen? Nein. Ein Zusammenschluss der Sky Swiss League und der MyHockey League bringt mehr Derbies und damit eine bessere Identifikation mit dem Klub. Die Fans strömen nicht ins Stadion, weil sie auf den Aufstieg hoffen. Dass es in Olten inzwischen keinen Aufstieg gibt, ahnen, ja wissen die Fans schon lange. Sie wollen spektakuläres Hockey sehen und auf einen Titelgewinn hoffen.
Die Zusammenführung der Sky Swiss League mit der MyHockey League ist politisch und administrativ problemlos kurzfristig machbar. Beide Ligen gehören zum Verband. Es ist also lediglich ein Verbandsbeschluss – also die Zustimmung der einzelnen Abteilungen – erforderlich. Die National League ist juristisch selbstständig. Ihre Zustimmung ist nicht erforderlich. Es ist nichts anderes als die «Rückabwicklung» des seinerzeitigen unsinnigen Verbandsentscheides, ab der Saison 2017/18 die My Hockey League als zusätzliche Liga zwischen der 1. Liga als höchste Amateurliga und der NLB einzuschieben.
Und damit sind wir bei Oltens neuer Identität. Als gut geführter Ausbildungsclub (Biel ist der logische Partner), mit dem richtigen Trainer wie Christian Wohlwend kann Olten in der Spitzengruppe der Liga künftig eine gute Rolle spielen und vortreffliches Hockey zelebrieren. Siege gegen ein Schlusslicht werden dann zwar in einer ausgeglicheneren zweithöchsten Liga keine Selbstverständlichkeit mehr.
Die Führung um Marc Thommen hat die Zeichen der Zeit erkannt und bis auch das Publikum die neue Rolle «seines» Klubs akzeptiert, wird es ein wenig länger dauern. Aber auch mit einer neuen Identität wird Olten schon in absehbarer Zeit dazu in der Lage sein, während der Qualifikation einen Schnitt von 2500 Zuschauenden zu erreichen – erst recht, wenn es zu einem Zusammenschluss der Sky Swiss League mit der MyHockey League kommt.
Aktuelle
Note
7
Ein Führungsspieler, der eine Partie entscheiden kann und sein Team auf und neben dem Eis besser macht.
6-7
Ein Spieler mit so viel Talent, dass er an einem guten Abend eine Partie entscheiden kann und ein Leader ist.
5-6
Ein guter NL-Spieler: Oft talentierte Schillerfalter, manchmal auch seriöse Arbeiter, die viel aus ihrem Talent machen.
4-5
Ein Spieler für den 3. oder 4. Block, ein altgedienter Haudegen oder ein Frischling.
3-4
Die Zukunft noch vor sich oder die Zukunft bereits hinter sich.
Die Bewertung ist der Hockey-Notenschlüssel aus Nordamerika, der von 1 (Minimum) bis 7 (Maximum) geht. Es gibt keine Noten unter 3, denn wer in der höchsten Liga spielt, ist doch zumindest knapp genügend.
Punkte
Goals/Assists
Spiele
Strafminuten
Er ist
Er kann
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