Er kann einfach nicht aufhören, Tore zu erzielen. In acht Spielen im letzten Monat traf Viktor Gyökeres 16 Mal, nur einmal blieb er ohne Tor. Gerade gestern Dienstagabend setzte er mit vier Treffern beim 6:0-Sieg über Aserbaidschan in der Nations League eine neue Duftmarke. Zwei Wochen zuvor hatte er Manchester City mit einem Hattrick beim 4:1-Sieg von Sporting Lissabon in der Champions League geschockt.
Insgesamt kommt der Schwede in dieser Saison für Klub und Nationalteam auf 32 Tore in 24 Spielen, acht weitere bereitete er vor. In seiner Heimat wird der Mittelstürmer schon als neuer Zlatan Ibrahimovic gefeiert. Aufgrund seiner Trefferquote ist das wenig verwunderlich. Mit Blick auf seine bisherige Karriere wäre ein Vergleich mit Luca Toni wohl passender.
Denn wie dem einstigen italienischen Nationalstürmer, der unter anderem für Bayern München, Juventus und Fiorentina auf Torejagd ging, gelang Gyökeres der Durchbruch erst spät. Noch mit 24 Jahren kickte er in der zweiten englischen Liga bei Coventry City. Dorthin wurde er von Brighton verliehen. Beim Premier-League-Klub ist es üblich, Talente frühzeitig günstig zu verpflichten und dann bei anderen Klubs Spielpraxis sammeln zu lassen.
Der damals 19-jährige Gyökeres wurde im Januar 2018 für eine Million Euro von Brommapojkarna geholt. Der Klub aus Stockholm gilt mit seinem einmaligen Nachwuchsförderungssystem – der Verein ist mit insgesamt 260 Mannschaften und rund 4000 aktiven Spielern der grösste Europas – als grosse Talentschmiede. Das Sturm-Talent vermochte sich jedoch weder bei Brighton noch bei den Stationen St. Pauli und Swansea so richtig durchzusetzen. Deshalb wurde er dann eben nach Coventry geschickt.
Nach einem wenig berauschenden halben Jahr begann sich der Knoten in der Saison 2021/22 dann zu lösen. 18 Tore erzielte er in 47 Spielen und wurde über zweieinhalb Jahre nach seinem Debüt im Januar 2019 wieder ins Nationalteam berufen. Seither geht es für Gyökeres nur noch bergauf. Mit 33 Skorerpunkten hätte er Coventry fast zum Aufstieg in die Premier League geschossen, der Playoff-Final wurde gegen Luton erst im Penaltyschiessen verloren.
Doch mit nun 25 Jahren war Gyökeres endlich bereit für eine grössere Bühne. Sporting sicherte sich den Stürmerbullen, bei dem sich kräftige 90 Kilogramm auf 1,87 Meter verteilen, für eine Ablöse von 24 Millionen Euro. Und auch in Portugal profilierte sich Gyökeres mit seiner Power, seiner Schnelligkeit und der Fähigkeit, sich auch körperlich gegen die Verteidiger durchzusetzen.
Gleich in seiner ersten Saison wurde Gyökeres mit 29 Toren und 10 Assists Torschützenkönig und war ein integraler Bestandteil beim Gewinn der Meisterschaft. In der Europa League, die für Sporting im Achtelfinal gegen den späteren Sieger Atalanta Bergamo endete, bekam unter anderem YB die Wucht des Schweden zu spüren. Sowohl in Bern (3:1) als auch in Lissabon (1:1) traf Gyökeres. Mit wettbewerbsübergreifend 43 Toren hatte sich der Rekordeinkauf bereits bezahlt gemacht.
Und trotz Interesse von mehreren Topklubs entschied er sich im Sommer gegen einen Wechsel – nur um in dieser Saison einfach weiterzumachen wie bisher. Mit 16 Toren in elf Ligaspielen weist er doppelt so viele Treffer auf wie seine beiden ersten Verfolger, auch in der Champions League steht er nach vier Spieltagen mit fünf Toren an der geteilten Spitze der Torschützenliste. Nach dem Hattrick gegen ManCity sagte Gyökeres, der als harter Arbeiter gilt, einen Satz, der viel über sein Mindset aussagt: «Wenn man gegen bessere Gegner spielt, muss man sein Niveau halt steigern.»
Dass er den Krösus der Premier League fast im Alleingang abfertigte, liess das Interesse der englischen Topklubs nur weiter steigen. Arsenal und spätestens seit der Ankunft vom bisherigen Sporting-Coach Ruben Amorim auch Manchester United gelten als sehr interessiert. Auch Bayern und PSG sollen ein Auge auf Gyökeres geworfen haben. Obwohl dieser mittlerweile 26-jährig ist, hat er es mit einem Wechsel in eine Topliga nicht eilig.
Auf die Gerüchte angesprochen sagte er während der Länderspielpause: «Darüber denke ich nicht nach und es ist mir auch egal.» Dann stellte er klar: «Natürlich möchte ich die Saison bei Sporting beenden, ich geniesse meine Zeit dort.» Es ist zu erwarten, dass der Torjäger dem Lockruf der Topklubs nicht ewig standhalten wird. Doch aktuell sagt er: «Ich fühle mich nicht gestresst, wenn es um einen Wechsel in der Zukunft geht. Wir werden sehen, wann die Zeit gekommen ist.»
Wenn dies der Fall ist, darf sich der 20-fache Meister auf ein hübsches Sümmchen freuen. Gyökeres' Marktwert beläuft sich gemäss Transfermarkt auf 70 Millionen Euro, sein Vertrag läuft noch bis 2028.