So windstill war es vor dem Playoff-Start noch selten. Die Titanen sind ohne grössere Erschütterungen durch die Qualifikation gesurft. Das Scheitern von Servette mag spektakulär sein. Aber die Freude über den ersten Titel und den Triumph in der Champions Hockey League ist nach wie vor stärker als der Frust über die verpassten Playoffs. Trainer Jan Cadieux bleibt unbestritten. Dass der Finalist Biel erst über das Play-In den Viertelfinal erreicht hat, kostete zwar Trainer Petri Matikainen den Job, hat aber zu keinen Erschütterungen im Bieler Fundament geführt.
Das Spektakel in einer höchst unterhaltsamen Qualifikation mit Publikums-Rekord hat auf dem Eis und nicht in den Chefetagen stattgefunden. Aber diese Ruhe ist trügerisch. Tatsächlich haben die Viertelfinals gleich für drei Titanen enormes Erdbeben-Potenzial.
Ob Davos oder Lausanne den Halbfinal erreichen, ist einerlei: Ein Scheitern in der ersten Runde wird zwar für beide enttäuschend sein. Aber keine Folgen haben. Josh Holden hat den Spengler Cup gewonnen und Geoff Ward ist soeben zum Coach des Jahres gewählt worden. Er hat Lausanne stabilisiert.
Aber ein Scheitern von Zug gegen den SC Bern, von Gottéron gegen Lugano und der ZSC Lions gegen Biel wird die drei Favoriten in den Grundfesten erschüttern.
Marc Crawford hat die ZSC Lions wie allseits erwartet zum Qualifikationssieg gecoacht. Um es etwas respektlos und polemisch zu formulieren: Seine Mannschaft ist so talentiert, dass er das zwischendurch auch am Telefon hätte machen können. Aber nun ist der Druck maximal: Biel, noch immer mit dem Talent des Vorjahresfinalisten, der die Zürcher (und Marc Crawford) vor einem Jahr im Halbfinal mit 4:0 vom Eis gefegt hat, brauste im Play-In über Meister Servette und Ambri hinweg. Biel ist zwar kein Favorit des Verstandes. Diese Rolle spielen die Zürcher. Aber Biel ist ein Favorit der Emotionen und der Leidenschaften und kann mit dem Beistand der Hockeygötter die ZSC Lions erneut überrennen. Gelingt das, wird Marc Crawford gefeuert.
Gottéron hat längst damit leben gelernt, dass es einfach nie zum Titel reicht. Und Christian Dubé ist unbestritten, obwohl er erst eine einzige Playoff-Serie gewonnen hat. Aber der Krug geht zum Brunnen, bis er bricht: Bleibt Gottéron gegen Lugano schon in der ersten Runde auf der Strecke, dann geht die Ära Dubé nach zehn Jahren zu Ende. Hubert Waeber, Gottérons bester Präsident des 21. Jahrhunderts wird sich in seinem charmanten Sensler-Dialekt nicht mit der Ausrede begnügen: «Mir hey haut ke Glück ghäbä». Er wird handeln.
Wenn der SC Bern gegen Zug auf der Strecke bleibt, wird nichts passieren. Die Berner sind in den vier Jahren der Krise seit dem letzten Meistertitel von 2019 demütig und bescheiden geworden. Trainer Jussi Tapola darf für die beste Qualifikation (5.) seit dem letzten Meisterjahr mit Lob und Preis rechnen und seinen Job behalten. Die brisanteste Frage dieser ersten Runde ist hingegen: Was wird in Zug im Falle eines Scheiterns passieren? Kommt es dann zu einem hockeytechnischen «Bildersturm»?
Trainer Dan Tangnes steht in höherem Ansehen als jeder andere Trainer der Zuger Hockeygeschichte und hat einen Vertrag bis 2026. Torhüter Leonardo Genoni ist der wichtigste Einzelspieler der Ära Tangnes. Mit Vertrag bis 2027. Nicht nur vertragstechnisch sind der Trainer und sein Goalie unantastbar und umweht von einem Unfehlbarkeits-Dogma. Die beiden haben Zug aus der Mittelmässigkeit erlöst und doppelt meisterlich gemacht.
Nun werden sie an ihrer Vergangenheit gemessen: Mit dem Erfolg sind in Zug die Ansprüche des Publikums gestiegen. Ein Scheitern bereits in der ersten Runde wird selbst die Positionen von Dan Tangnes und Leonardo Genoni in den Grundfesten erschüttern.
Manager Patrick Lengwiler und Sportchef Reto Kläy unterschätzen das Erdbeben-Potenzial dieser ersten Runde. So gesehen wäre ein Vorrücken der Berner ein doppeltes Spektakel: Hockey würde in Bern endlich wieder so richtig rocken und die Zuger könnten uns mit der „Nachberichterstattung“ über das Scheitern weiterhin bestens unterhalten.Manager Patrick Lengwiler und Sportchef Reto Kläy unterschätzen das Erdbeben-Potenzial dieser ersten Runde. So gesehen wäre ein Vorrücken der Berner ein doppeltes Spektakel: Hockey würde in Bern endlich wieder so richtig rocken und die Zuger könnten uns mit der «Nachberichterstattung» über das Scheitern weiterhin bestens unterhalten.
Die grosse Frage vor den Viertelfinals lautet also: Hat Leonardo Genoni in Absprache mit Dan Tangnes bereits entschieden, noch einmal Meister zu werden?
Da er aber nicht mehr der Titan Genoni ist, wird das trotz seines Entscheids nichts mit Meister werden in dieser Saison.
La ds‘Seislerdütsch la si hui