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Spengler Cup in Davos als VIP-Palast, TV-Spektakel und Geldmaschine

Open ceremony with Davos`Marc Ginola and Mascotte Hitsch before the game between Switzerland's Fribourg-Gotteron and the Czech HC Pardubice, at the 96th Spengler Cup ice hockey tournament in Davo ...
Zum Spengler Cup gehört die Show: Szene von der kurzen Eröffnungszeremonie.Bild: keystone
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VIP-Palast, TV-Spektakel, Geldmaschine und eine Prise Asterix – das ist der Spengler Cup

Ob dem Trubel in den Gassen von Davos und dem Spektakel auf dem Eis geht gerne vergessen: Die Geldmaschine Spengler Cup ist vor allem auch ein diplomatisches Meisterstück, das der Politik als Blaupause für die EU-Verhandlungen dienen kann.
27.12.2024, 14:2827.12.2024, 15:39
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Dass der Spengler Cup auch im digitalen Zeitalter rockt, ist eigentlich ein Wunder. Nicht ein sportliches, wohl aber ein sportdiplomatisches.

Neben dem Eidgenössischen Schwingfest hat sich kein anderer helvetischer Sportanlass mit mehr als hundertjähriger Tradition sportlich, sportpolitisch, medial und kommerziell so schlau immer wieder erfolgreich den Erfordernissen der Zeit angepasst. Kommt dazu: Anders als die «Sägemehl-Ajatollahs» müssen sich die Spengler-Cup-Macher im rauen Wind des internationalen Sportgeschäftes behaupten.

Ein Status wie die WM

In der guten alten Zeit, als es noch nicht einmal erlaubt war, auf dem ganzen Eisfeld zu checken, die Eisbahnen keine Dächer hatten und Geld keine Rolle spielte, weil niemand mit Eishockey richtig Geld machen konnte, stand der Spengler Cup unerschütterlich in der nationalen und internationalen Sportlandschaft wie das Jakobshorn. Es gab keinen Neid bei den Klubs im Flachland und keine Terminprobleme. Unberechenbar war nur das Wetter. Wenn es schneite, konnte manchmal nicht gespielt werden.

Spengler Cup: Bilder aus längst vergangenen Zeiten

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Spengler Cup: Bilder aus längst vergangenen Zeiten
1966: Vor der schönen Bergkulisse verliert Davos (in den hellen Trikots) gegen Dukla Jihlava mit 1:10.
quelle: photopress-archiv / str
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Der Internationale Eishockey-Verband (IIHF) hielt schützend seine Hand über dem Spengler Cup: Der Anlass galt als offizielles IIHF-Turnier, wie eine Weltmeisterschaft. Das bedeutete: Während des Spengler Cups durften in keinem Land Meisterschaftsspiele ausgetragen werden, die Tage vom 26. bis 31. Dezember galten ausserhalb der NHL als weltweite Hockey-Sperrdaten. Bei einer Meisterschaft ohne Playoffs und lediglich 28, später 36 Runden gab es im heimischen Championat keine Terminprobleme.

Die Idee mit dem «Team Canada»

Aber Ende der 1980er-Jahre wird dem Spengler Cup das baldige Ende prophezeit. Der deutsche IIHF-Boss Doktor Günther Sabetzki bezeichnet den Spengler Cup öffentlich als «Wischiwaschi-Anlass» und entzieht dem Turnier den IIHF-Schutzstatus. Ausgerechnet in dieser Phase gerät der HCD auch noch in sportliche und finanzielle Not und steigt bis in die höchste Amateurliga ab. Es scheint klar: Wenn die Festtage nicht mehr Sperrdaten sind, wird es kaum mehr möglich sein, erstklassige ausländische Teams nach Davos zu holen. Und wie soll das Turnier ohne einen konkurrenzfähigen HCD, den Fixstern des Turniers, überleben?

Aber zu allen Zeiten haben sich kluge Männer um den HCD gekümmert. In dieser hochheiklen Übergangsphase holen die Turniermacher Alfred «Buzz» Gfeller und Fredi Pargätzi 1984 die Kanadier nach Davos, um das Spektakel aufzuwerten. Inzwischen ist «Team Canada» neben dem HCD der zweite Fixstern des Spengler Cups, mit Vertrag bis 2025 und TV-Direktübertragungen nach Kanada. Vorübergehend ersetzt ein anderes Schweizer Team den HCD und Lugano fehlt 1991 zum finalen Triumph ein einziger Sieg.

epa05081268 Fans of Lugano cheer after their team scored 3-3 during the game between Switzerland's HC Lugano and Germany's Adler Mannheim, at the 89th Spengler Cup ice hockey tournament in D ...
Lugano-Fans am Spengler Cup.Bild: EPA/KEYSTONE

20 Mal höhere Budgets als 1985

Mit einer Holzhütte auf dem Stadionparkplatz beginnt Ende der 1980er-Jahre zaghaft auf Weihnachtsmarkt-Niveau der Aufbau einer VIP-Kultur, die sich zur wichtigsten HCD-Geldmaschine entwickelt. Heute steht im Kurpark ein VIP-Palast, der gemeinsam mit dem WEF genutzt und bewirtschaftet wird.

Aber je mehr Geld im nationalen Hockey umgesetzt wird – die Budgets der Klubs sind heute 20 Mal höher als 1985 –, desto mehr gerät der Spengler Cup wegen der Sonderrolle und des wirtschaftlichen Erfolges nun im eigenen Land in Bedrängnis. Ein wenig wie die Schweiz innerhalb der EU. Inzwischen werden in der Qualifikation mehr als 50 Partien ausgetragen und bis die Entscheidung fällt, können bis zu 21 Playoff-Dramen dazukommen.

Fribourg fans before the game between Switzerland's Fribourg-Gotteron and the Czech HC Pardubice, at the 96th Spengler Cup ice hockey tournament in Davos, Switzerland, on Thursday, December 26, 2 ...
Beim Spengler Cup geht es auch oft um Geselligkeit.Bild: keystone

Internationale Klub-Wettbewerbe und Operetten-Länderspiele beanspruchen Termine. Die Klubs möchten die Festtage für mindestens drei Meisterschaftsrunden nutzen. So wie das in allen grossen Hockey-Nationen der Brauch ist – weil in dieser Zeit ausverkaufte Stadien garantiert sind. Und überhaupt: Es gehe nicht an, dass die Klubs im Unterland tatenlos zuschauen müssen, wie der HCD mit dem Spengler Cup so viel Geld mache, dass er auf dem Transfermarkt ein Meisterteam zusammenstellen könne. Sogar am sportlichen Wert wird gezweifelt.

Rahmenvertrag mit der Liga

Zu Beginn des 21. Jahrhunderts gehört die Polemik um die Spengler-Cup-Pause und eine Entschädigung an die Klubs im Unterland (ähnlich wie die Kohäsionszahlungen der Schweiz an die EU) zum Turnier wie das Glockengeläut zum Alpabzug. Doch 2011 gelingt unter der Federführung des heutigen HCD-Obmanns Gaudenz Domenig, ein international erfolgreicher Wirtschaftsanwalt, für den schwierige Verhandlungen so selbstverständlich wie das Schneuzen der Nase sind, der Befreiungsschlag. Ein sportdiplomatisches Meisterstück sondergleichen, das der Politik als Blaupause für die Streitgespräche mit der EU dienen kann und zeigt, wie es möglich ist, in einem schwierigen internationalen Umfeld Unabhängigkeit und Handlungsfreiheit zu bewahren.

Domenig handelt mit der Liga einen Rahmenvertrag aus. Darin enthalten sind unter anderem Zahlungen an die Klubs, die den HCD zwar jedes Jahr etwas mehr als eine halbe Million Franken kosten, aber im Gegenzug Stabilität, sportliches und wirtschaftliches Gedeihen und die Teilnahme eines zweiten NL-Teams (dieses Jahr Fribourg-Gottéron, 2025 wahrscheinlich die SCL Tigers) sichern.

ARCHIV - ZUM KEYSTONE-SDA-TEXT UEBER DEN HC DAVOS-PRAESIDENTEN GAUDENZ DOMENIG STELLEN WIR IHNEN FOLGENDES BILD ZUR VERFUEGUNG - Gaudenz F. Domenig, president of HC Davos, poses at the 93th Spengler C ...
Verhandelt, wie unsereiner die Nase schnäuzt: Gaudenz Domenig.Bild: keystone

Der Papst macht was nicht?!

Schlauerweise ist Liga-Spielplangeneral Willi Vögtlin in die Turnier-Jury geholt worden. Seither jammert er zwar immer noch über Terminnot und fordert gar, man müsse endlich auch am Dienstag der Nationalmannschafts-Pausen Spiele ansetzen. Aber von Meisterschaftsspielen während der Spengler-Cup-Pause spricht der ehemalige internationale Schiedsrichter so wenig wie der Papst über die Öffnungszeiten von Swingerclubs.

Den Spielplan für nächste Saison, ein besonders heikler wegen der Pause für die Olympischen Spiele, hat er schon ausgearbeitet. Die nächste Meisterschaft beginnt bereits am 9. September 2025 und die Qualifikation dauert bis zum 9. März 2026.

Weiterhin im Free-TV

Gedankenspiele, es wäre doch gut möglich, parallel zum Spengler Cup drei Runden auszutragen, indem die erste Partie in Davos oben um 15.00 Uhr, die Meisterschaftsspiele um 18.00 Uhr und das zweite Spiel in Davos um 21.00 Uhr angesetzt werden, verteufelt Vögtlin vehement als Ketzerei. Das ist die hohe Kunst der HCD-Hockeydiplomatie und selbst Fürst Metternich, einer der grössten Diplomaten der Geschichte, hätte anerkennend genickt: Willi Vögtlin, von der Liga bezahlt (!), ist zum glühenden Spengler-Cup-Befürworter geworden.

Während die Liga heute nur noch im Pay-TV und punktuell auf frei empfangbaren Sendern vorkommt, setzen die Davoser weiterhin klug auf das staatstragende Fernsehen. Der Vertrag mit Leutschenbach, der die Live-Übertragungen – den Sauerstoff des Spengler-Cup-Vermarktungs-Geschäftes – garantiert, ist bis 2031 verlängert worden. Das bereits einmal erneuerte Abkommen mit der Liga gilt bis 2027. Die Verhandlungen haben, wie sich einer, der dabei war, erinnert, «nicht einmal 10 Sekunden gedauert, so schnell waren wir uns einig». Viel mehr Zeit wird auch die nächste Verlängerung nicht in Anspruch nehmen.

Oerebro's Kristian Nakyva, left, Canada`s Chris Didomenico and TV Camera during the game between Sweden's Oerebro HK and Team Canada, at the 94th Spengler Cup ice hockey tournament in Davos, ...
Dass der Spengler Cup seit Jahrzehnten in die Stube flimmert, ist eines seiner Erfolgsgeheimnisse.Bild: keystone

Der HC Davos setzt heute mit dem Spengler Cup gut 11 Millionen Franken um. Das ist rund ein Drittel des Jahresumsatzes und die Klubs im Unterland murren nicht mehr. Der eigentlich unbezahlbare Wert des Turniers für unser Eishockey – und für die Werbeindustrie – ist unbestritten: Sogar das Geldhaus UBS hat in wahrlich aufregenden Zeiten bis 2025 verlängert.

Inzwischen benötigt der HCD auf dem Werbemarkt nicht einmal mehr die teuren Dienste einer Vermarktungsagentur aus dem Unterland. Die Davoser haben alles wieder in den eigenen Händen und behaupten sich unter Geschäftsführer Marc Gianola im nationalen und internationalen Hockey-Business wie einst das von Asterix gemanagte gallische Dorf im Römischen Reich.

Hockey haut dich um!
Auch in dieser Saison können die Schweizer Eishockeyfans ausgewählte Spiele im Free-TV mitverfolgen.

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Die Spengler-Cup-Sieger im neuen Jahrtausend
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Die Spengler-Cup-Sieger im neuen Jahrtausend
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quelle: keystone / melanie duchene
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Despacito mit Eishockey-Spielern
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15 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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Mr. Steinberg
27.12.2024 16:06registriert Mai 2022
Bei allem Respekt: Der Spenglef Cup hat definitiv nicht den Stellenwert einer WM. Die meisten Fans, die den Spengler Cup besuchen wollen sich einfach eine gute Zeit mit Freunden geniessen und feiern.
Ich kenne viele Leute, die einen Spengler-Cup Ticket holen, damit sie billiger nach Davos kommen um zu feiern (am Spieltag gratis Zug Fahren in Graubünden mit Ticket). Vielen ist es ziemlich egal wie die Partie Kärpät gegen Pardubice ausgeht...
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RuBisCO
27.12.2024 18:09registriert Oktober 2021
Mir ist es ja egal, wenn das Partyvolk sich in Davos trifft um dem HCD die Kassen zu füllen. Dann haben die wenigstens ihre Hütte wenigstens in der Altjahreswoche ausverkauft. Sportlich allerdings völlig überbewertet und ja, ich hätte in der Zeit viel lieber Meisterschaftsbetrieb. Aber mich fragt ja niemand 😅
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Rodu
27.12.2024 15:10registriert Oktober 2020
"2025 wahrscheinlich die SCL Tigers)"
Bitte nicht. Sportlich gäbe es auf den Deckel und müde und verletzt könnte man dann die Ligaspiele in Angriff nehmen.
Haben da einige in Langnau einen Bubentraum? Könnte dann zum Alptraum werden.
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