Am Freitagmorgen, dem 24. Juli um 10.00 Uhr wird es offiziell: Chris McSorley (58) wird seines Amtes als Sportchef enthoben. Er wird durch die Marionette Marc Gautschi (37) ersetzt, zurzeit Mitglied der Sportkommission und Nachwuchstrainer, einst «Lotterverteidiger» beim SC Bern, bei Basel, Biel, Langenthal, Ambri und Servette.
Oder um ganz präzis zu sein. Chris McSorley wird nicht entlassen. Er wird «nur» von seiner Funktion als Sportchef entbunden. Die Anwälte tanzen in ihren Büros: Der Vertrag des Kanadiers läuft nach übereinstimmenden Informationen noch acht Jahre. Von einer gütlichen Einigung sind die Parteien ungefähr gleich weit entfernt wie Servette von einer Aufnahme in die NHL.
Wie kann es sein, dass der Mann vor die Türe gestellt, pardon, freigestellt wird, der Servette zum bestfunktionierenden Sportunternehmen der Westschweiz, mehrfachen Finalisten und zweifachen Spengler-Cup-Sieger gemacht hat? Ganz einfach: Er hat zu gut gearbeitet. Er ist zu stark geworden. Wer sich auch immer bei Servette engagiert, steht im Schatten des charismatischen Kanadiers. Es geht auch um Eitelkeiten.
Chris McSorley übernimmt Servette im Auftrag des US-Immobilientitanen Anschutz im Sommer 2001, führt den Klub auf Anhieb in die höchste Liga zurück und macht ihn zu einer der besten Adressen unseres Hockeys. Als sich die Amerikaner zurückziehen, weil mit dem Hockeygeschäft in Genf kein Geld zu verdienen ist, übernimmt er den Klub vorübergehend. Heute ist das Unternehmen im Besitze einer Stiftung («Rolex»).
Er führt das Unternehmen über die Jahre als General Manager und Coach und letzte Saison hat er mit Erfolg seinen ehemaligen Juniorentrainer Patrick Emond als Cheftrainer installiert und sich ins Büro des Sportchefs zurückgezogen. Seit Chris McSorley in Genf arbeitet, hatte Servette nie ein Coaching- oder Manager-Problem.
Zwei Jahre nach Arno Del Curto ist der HC Davos wieder ein Spitzenteam. Wenn Arno Del Curto ersetzt werden konnte, dann wird es doch auch ein Servette ohne Chris McSorley geben?
Falsch.
Kein anderes Hockeyunternehmen in der Schweiz ist in den letzten 19 Jahren so stark durch eine einzige Person geprägt worden wie Servette. Chris McSorley ist Servette, Servette ist Chris McSorley. Der SCB kann sogar Marc Lüthi ersetzen. Servette Chris McSorley nicht. Eine ewige Weisheit sagt: Trainer, Manager und Spieler kommen und gehen – Klubs bleiben bestehen. Aber sie gilt in diesem Falle nicht.
Chris McSorley wird nicht nach Kanada zurückkehren. Er wird in Genf bleiben und sobald die Anwälte die Angelegenheit geregelt haben, wird er in unser Hockeygeschäft zurückkehren. Und wo wird er tätig sein?
Das Problem: Chris McSorley gibt es nur ganz. Will heissen: Entweder er hat alle Macht oder keine. Die Frage ist also: Wo ist ein General Manager oder ein Präsident stark genug, um Chris McSorley auszuhalten?
Marc Lüthi in Bern? Nein.
Peter Zahner in Zürich? Sicher nicht.
Gaudenz Domenig in Davos? Nein, Davos funktioniert.
Filippo Lombardi in Ambri? Wie Davos: kein Bedarf.
Patrick Lengwiler in Zug? Nein.
Raphael Berger bei Gottéron? Nein.
Wie wäre es mit Lausanne? Mit den aktuellen Besitzern – unmöglich.
Peter Jakob in Langnau? Es könnte funktionieren. Aber für die SCL Tigers ist Chris McSorley eine Nummer zu gross.
Die Lakers? Nein, in die Provinz geht er nicht.
Daniel Villard in Biel? Kein Bedarf. Biel funktioniert.
Lugano? Das wäre die perfekte Lösung. Aus dem Geld und der Hockey-Begeisterung in Lugano würde Chris McSorley Titel am Fliessband produzieren.
Wir sind noch nicht am Ende aller Überraschungen angelangt.
Ob es neben Frau Montegazza wirklich Platz für einen McSorley hat ?