Dieser Spruch gehört zur Kulturgeschichte unseres Hockeys: «Crazy Money in the Mountains». Kreiert zu Beginn dieses Jahrhunderts von einem Spieleragenten nach Verhandlungen mit den damaligen HCD-Machern. Was durchaus etwas mit dem Spengler Cup zu tun hat.
In den Bergen oben können die Davoser während der Qualifikation ihr Stadion nicht einmal ganz zu 70 Prozent auslasten. Der Schnitt liegt bei etwas mehr als 4000 Besuchenden pro Spiel, weit unter dem der Liga (gut 6500). Aber der Spengler Cup ist die Gelddruck-Anlage, die den HCD wirtschaftlich konkurrenzfähig macht und den geografischen Nachteil kompensiert. Der EHC Arosa, einst auf Augenhöhe mit dem HCD und noch 1982 zum letzten Mal Meister, ist im Frühjahr 1986 aus wirtschaftlichen Gründen freiwillig in die höchste Amateurliga abgestiegen. Ohne Spengler Cup hätte der HCD mit ziemlicher Sicherheit das gleiche Schicksal erlitten.
Vor 20 Jahren gab es in Davos oben auch dank des Spengler Cups vorübergehend die höchsten Saläre der Liga und der HCD war ein kapitalistischer Wolf im Schafspelz des armen Bergbauern. Diese finanzielle Potenz, in einer dramatischen Sanierung wieder hergestellt, hat dem HCD in dieser Blütezeit des hochalpinen Hockeykapitalismus sechs Meistertitel (den letzten 2015) und fünf Spengler Cup-Triumphe (den letzten 2011) beschert.
Inzwischen gibt es in den Bergen kein verrücktes Geld mehr. Die Konkurrenz im Flachland hat ihr Geschäft neu strukturiert, verdient in rundum erneuerten Hockey-Tempeln nun Geld mit der Gastronomie und besserer Vermarktung.
Aus den Klubs sind im Unterland Aktiengesellschaften mit Tochterfirmen geworden, die bis zu 60 Millionen pro Saison umsetzen (wie der SCB) und schon in absehbarer Zeit werden alle Teams mit dem Sport und der Gastronomie mit 20 Millionen-Budgets operieren. Das bedeutet, dass der HCD mehr denn je auf den Spengler Cup angewiesen ist. Damit er wirtschaftlich auch unter den neuen Voraussetzungen auf gleicher Höhe wie die Konkurrenz im Flachland steht. Mit rund elf Millionen macht der Spengler Cup fast ein Drittel der Gesamteinnahmen in der Höhe von nicht ganz 30 Millionen im HCD-Hockeykosmos aus. Ohne Spengler Cup gäbe es den HCD höchstens noch in der MyHockey League.
Der Spruch «Crazy Money in den Mountains» hat inzwischen eine andere Bedeutung: Er ist ein Lob für ein geschicktes Management. Mit dem Spengler Cup gelingt der HCD-Führung der schwierige Spagat zwischen sportlicher Qualität, Geld und Politik so gut, dass Präsident Gaudenz Domenig eigentlich ein Kandidat für die Auszeichnung «Unternehmer des Jahres» sein müsste.
Der HCD muss sich gegenüber der Liga behaupten. Damit die Meisterschaft in der Altjahrswoche zugunsten des Spengler Cups ruht. Sonst wäre es ja nicht möglich, ein zweites Schweizer Team einzuladen und Team Canada aus den ausländischen Spielern der verschiedenen Klubs zusammenzustellen. Diese Pause erkauft sich der HCD mit einer Abfindung von lediglich 500'000 Franken pro Jahr an die Liga.
Ein weiterer Punkt ist die TV-Präsenz: Der Sauerstoff des Spengler-Cup-Geschäftes ist die Präsenz im öffentlich-rechtlichen Fernsehen. Kein anderer Sportanlass in der Schweiz verdankt den Fernsehübertragungen so viel wie der Spengler Cup. Seit 1960 überträgt das Schweizer Fernsehen die Spiele aus Davos. Im Gegenzug bekommt Leutschenbach sportliche Programminhalte mit soliden Einschaltquoten während der Altjahrswoche. Während die Liga ihre TV-Rechte erstmals ausschliesslich privaten Stationen verkauft hat, bleibt der HCD auch für die nächsten vier Jahre Leutschenbach treu. Zudem ist es gelungen, den Spengler Cup durch Direktübertragungen über den kanadischen Sender «The Sports Network» (TSN) noch internationaler zu machen.
Letztlich kann das Turnier nur bestehen, wenn die sportliche Qualität stimmt. Jahr für Jahr europäische Spitzenteams nach Davos zu holen, die in ihren Ländern während der Altjahrswoche aus der laufenden Meisterschaft aussteigen müssen, ist ein sportdiplomatisches Meisterstück, für das der langjährige Spengler-Cup-Chef Fredy Pargätzi (heute ist er noch Berater von Spengler-Cup-Geschäftsführer Marc Gianola) in die Hall of Fame (Ruhmeshalle) des Schweizer Eishockeys aufgenommen worden ist.
Einerseits die Tradition (erste Austragung 1923) bewahren, andererseits das älteste Klubturnier der Welt den dynamischen Veränderungen des Sportgeschäftes und der Gesellschaft anpassen – auch das ist eine oft unterschätzte Herausforderung. Dazu passt, dass wir davon ausgehen können, dass beim Spengler Cup voraussichtlich schon bei der nächsten Austragung 2023 zum ersten Mal das Frauenhockey eine Bühne bekommen wird. Exakt 100 Jahre nach der ersten Austragung wird dann der Werbespruch möglich sein: «Der Spengler Cup wird weiblich». Den Slogan hätte sich Turniergründer Dr. Carl Spengler wohl in seinen kühnsten Träumen nicht ausdenken können.
Wie gut der Spengler Cup in der Schweizer Sportkultur verankert ist, zeigt sich auch daran, dass die zwei Absagen durch die Pandemie (kein Spengler Cup 2020 und 2021) am Turnier nahezu spurlos vorübergegangen sind. Der Spengler Cup rockt wieder wie eh und je. Passender als «Crazy Money in the Mountains» ist inzwischen der Spruch «Crazy Hockey Business in the Mountains».
Und danach EIN EINZIGER Satz im Artikel mit einer Mutmassung: "Dazu passt, dass wir davon ausgehen können, dass beim Spengler Cup voraussichtlich schon bei der nächsten Austragung 2023 zum ersten Mal das Frauenhockey eine Bühne bekommen wird."
Das ist schwach.