Noch schweigen die offiziellen Lakers. Sportchef Janick Steinmann weilt offiziell in den Ferien und mag sich nicht äussern. Aber die Gewährsleute in Tschechien und im Kanton St.Gallen bestätigen es, tschechische Medien haben es bereits verkündet und das Kultportal hockeyfans.ch hat die Neuigkeit auch in der Schweiz verbreitet: Roman Cervenka löst seinen Vertrag mit den Lakers auf und kehrt vorzeitig in seine Heimat zurück. Zu Dynamo Pardubice. Um dort im nächsten Frühjahr Meister zu werden.
Natürlich ist es im juristischen Sinne eine Vertragsauflösung zur Unzeit. Der Kontrakt wäre noch für nächste Saison gültig gewesen. Theoretisch könnten die Lakers Roman Cervenka sperren. Aber es gibt Situationen, die eine vorzeitige Vertragsauflösung legitimieren.
Roman Cervenka wird im Dezember 39. Er bekommt in seiner Heimat die Chance, um den Titel mitzuspielen. Ein letztes Hurra in der Karriere des vielleicht besten Spielers der Gegenwart, der nur 39 Partien (17 Punkte) in der NHL gespielt hat.
Allein aus Dankbarkeit für fünf magische Jahre ist es an den Lakers, sich zu verneigen, der Vertragsauflösung freudig zuzustimmen und Roman Cervenka alles Gute zu wünschen. Natürlich ist es auch die Aufgabe von Sportchef Janick Steinmann, seine Ferien zu unterbrechen und mit staatsmännischer Gelassenheit mit Pardubice eine Ablösesumme für die vorzeitige Vertragsauflösung auszuhandeln.
Die Lakers können Roman Cervenka nicht ersetzen. Es wäre auch mit allem Geld der Welt nicht möglich. Weil es auf dem Markt keinen Spieler gibt, der auch nur ansatzweise die gleichen Qualitäten mitbringt. Es ist also ziemlich unerheblich, welchen Ausländer (Pontus Aberg) die Lakers noch verpflichten werden.
Auf den Punkt gebracht: Roman Cervenka ist ein Genie. Etwas blasphemisch erklärt: Er gehört zu den Spielern – es können Verteidiger oder Stürmer sein – die wie Jesus übers Wasser schreiten. Die Leichtigkeit des Seins, des Spiels, des Genies. Die Intelligenz, das Spiel ein paar Züge im Voraus erkennen und die Mitspieler besser zu machen. Eishockey oder Fussball zu spielen, nicht zu arbeiten. Franz Beckenbauer, Wayne Gretzky, Lionel Messi, Igor Larionow, Paul Coffey, Connor McDavid, Roman Josi oder eben Roman Cervenka.
Die Lakers gelten als die «grauen Mäuse» der Liga. Eigentlich ein Kompliment: Kein anderes Hockeyunternehmen holt aus einem so engen Markt und einer so kurzen Tradition so viel heraus.
Roman Cervenka hat während fünf Jahren aus der grauen Maus zwar keine Prinzessin gemacht. Aber die Entwicklung von den «Miserablen» zu den «Respektablen» mit einem Halbfinal (2021), einem 3. Platz (2023) und einer Qualifikation für die Champions League verdankt der Klub nebst einem klugen, weitsichtigen Management – vielleicht sogar dem besten der Liga – eben auch Roman Cervenka. Es entbehrt nicht einer gewissen Ironie, dass ihn die ZSC Lions im Frühjahr 2019 nicht mehr wollten und zu den Lakers ziehen liessen.
Die Lakers haben bereits einen Ersatz für ihren charismatischen Leitwolf gefunden. Nein, keinen Spieler. Der Schlüsseltransfer ist, ohne Schlagzeilen zu provozieren, schon ein paar Wochen her: Johan Lundskog. Der ehemalige HCD-Assistent, der als Cheftrainer in Bern und Mannheim kläglich gescheitert ist.
Nun ist der fachlich hochqualifizierte Schwede ohne Charisma wieder Assistent. Es ist die perfekte Rolle für ihn. Die Spieler und die Mannschaft weiterentwickeln, ohne die gesamte Verantwortung tragen zu müssen. Chef bleibt Stefan Hedlund. Er coacht die Lakers seit drei Jahren.
Die Lakers werden nächste Saison zum ersten Mal in ihrer Geschichte von drei Schweden geführt: Cheftrainer Stefan Hedlund (49) und seine beiden neuen Assistenten Fabian Gunnarsson (29) und eben Johan Lundskog (39). Etwas polemisch auf den Punkt gebracht: So viel taktische Schablone (oder etwas positiver ausgedrückt: so viel taktische Weisheit) war in Rapperswil-Jona noch nie.
Schablone statt Genie. Roman Cervenkas Genie wird durch schwedische Spielorganisation, durch Schablonen-Hockey – also gut strukturiertes Spiel – ersetzt. Auch gut strukturiertes Spiel kann spektakulär und unterhaltsam sein. Kommt dazu: Wenn die Lakers nach Platz 12 der vergangenen Saison wieder in die Playoffs wollen, dann müssen sie sowieso dringend die Anzahl Gegentreffer (mindestens 20 weniger als letzte Saison) verringern.
Die Lakers haben alles richtig gemacht. Wenn spielerische Substanz verloren geht, dann helfen schlaue Spielorganisation, Disziplin – und natürlich Leidenschaft. Die drei Eigenschaften, die aus Aussenseitern hin und wieder Titanen machen können. Und wenn drei Schweden diese Qualitäten einer Mannschaft nicht zu vermitteln vermögen – dann wäre auch der liebe Gott hilflos.
So einen werden wir lange Zeit nicht mehr in der Schweiz sehen. Seine Art Hockey zu spielen, mit dem Kopf immer oben, nie auf den Puck schauend, war einfach unnereicht. Patrick Kane war da auch so ein Kandidat.
Ps: ich dachte der Titel mit Lundskog sei ironisch🤫