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ZSC-Sportchef Edgar Salis muss einen neuen Trainer suchen. Der Vertrag mit Marc Crawford wird nach vier Jahren nicht mehr verlängert. Er hat jetzt viel Zeit. «Ich habe ja für diese Tage keine Ferien gebucht…» Logisch: unter normalen Umständen wären die ZSC Lions ja noch in den Playoffs. Er sei nun damit beschäftigt, die Mails zu lesen, die laufend in seine Buchstabenbüchse fallen. Es sind die Bewerbungen für den Trainerjob.
Cheftrainer bei den ZSC Lions zu sein, ist durchaus attraktiv. Erst recht, seit Bob Hartley im Sommer 2012 von Zürich aus direkt wieder den Einstieg in die NHL (Calgary) gefunden hat. So kommt es, dass auch Namen von ehemaligen NHL-Generälen wie Guy Carbonneau ein Thema sind. «Er ist auch auf der langen Liste der Namen», bestätigt Edgar Salis. Aber der Grundsatz-Entscheid, ob es wieder ein ehemaliger NHL-Trainer sein soll, sei noch nicht gefallen. «Wir haben Erfahrung in der späten Rekrutierung von Coaches».
Wohl wahr: Nach dem Titel von 2012 wussten die Zürcher erst Anfang Juni definitiv, dass Bob Hartley nach Calgary wechselt – und holten Marc Crawford. Die Zürcher sind trotz der aktuellen Enttäuschung mit den NHL-Coaches gut gefahren: Zwei Titel und ein verlorener Final plus drei Qualifikationssiege seit 2012 mit Bob Hartley und Marc Crawford.
Aber eigentlich müsste ein Schweizer auch ein Thema sein. Immerhin erreichten die ZSC Lions 2005 mit Christian Weber das gegen ein übermächtiges Davos (mit Joe Thornton) verlorene Finale. Und haben denn nicht Arno Del Curto und Kevin Schläpfer in der Liga Kultstatus? Aber es scheint, dass nicht einmal Arno Del Curto und Kevin Schläpfer das nicht offene, das heimliche Misstrauen gegenüber Trainern mit Schweizer Pass endlich wegbringen.
SCB-Trainer Lars Leuenberger (40) hat in den letzten Wochen alles richtig gemacht, den SCB unter schwierigsten Umständen in die Playoffs geführt und nun die ZSC Lions in vier Spielen aus den Playoffs gefegt. Eine der grössten Sensationen unserer Playoffgeschichte (seit 1986). Wahrlich ein Trainer, der mit dem Druck und den besonderen Verhältnissen in einem grossen Klub umzugehen versteht.
In Schweden oder in Finnland wäre ein erfolgreicher einheimischer Trainer wie Lars Leuenberger bei uns einer ist, erster Kandidat für den Trainerjob der ZSC Lions. Die Frage deshalb an Edgar Salis: Können Sie sich Lars Leuenberger als ZSC-Cheftrainer vorstellen? Der ZSC-Sportchef gehört zu den wenigen Persönlichkeiten im Hockeygeschäft, die weder lügen, noch heucheln oder schmeicheln. Und so sagt er geradeheraus: «Nein. Ich habe mich nicht einmal mit diesem Gedanken befasst.» Und warum nicht? «Sie haben mich mit dieser Frage völlig überrascht. Ich will jetzt nichts sagen, was respektlos tönen könnte. Ich denke, Lars hat noch nicht genug Erfahrung, um bei uns ein Thema zu sein.»
Lars Leuenberger ist also bei den ZSC Lions kein Thema. Und beim SC Bern schon jetzt offiziell nicht mehr. Am Tag nach dem letzten WM-Spiel der Finnen, also spätestens am 23. Mai, wird SCB-Kommunikationsdirektor Christian Dick kurz seine Sommerferien unterbrechen. Weil es ihm obliegt, die Medienmitteilung zu verschicken, die er schon seit Wochen sorgsam wie einen Schatz in seinem Computer gespeichert hat: «Kari Jalonen bis 2018 Trainer beim SCB. Der SCB hat den finnischen Nationaltrainer mit einem Zweijahresvertrag plus Option für zwei Jahre engagiert. Ville Peltonen wird sein Assistent.»
Was gleich die Frage provoziert: Welchen Trainer erhalten die Berner eigentlich mit Kari Jalonen (56)? Wer ist der Mann, der noch besser sein soll als Lars Leuenberger? Nun, so wie es angeblich keine schnellen Berner gibt, so sagt man, es gebe keine kommunikativen Finnen. Kari Jalonen aber ist ein kommunikativer Finne. Natürlich nicht so wie der verrückte Feuerkopf Hannu Jortikka, der einst als Nachfolger von Meistertrainer Bill Gilligan im Frühjahr 1993 in Bern nach nur einer Saison gefeuert werden musste. Auch nicht so gelassen, ruhig und notorisch erfolglos wie Pekka Rautakallio. Und natürlich viel autoritärer als der freundliche Antti Törmänen.
Kari Jalonen ist eine auf Berner Betriebstemperatur heruntergekühlter Arno Del Curto. Er weiss, wie man Meisterschaften gewinnt. Als Spieler und als Trainer. Mit Ville Peltonen hat er einen Assistenten, der einst der Leitwolf des bisher letzten Meisterteams des HC Lugano war. Wenn das Duo Jalonen/Peltonen es nicht schafft, die am schwierigsten zu führende Mannschaft Europas in den Griff zu bekommen – wer dann? Und wenn nicht, können wir ja wunderbar polemisieren, man hätte halt Lars Leuenberger behalten sollen.
Der «Fall Leuenberger» zeigt uns, dass ein Schweizer Pass in diesem Geschäft nach wie vor ein Handicap ist. Lars Leuenberger hat die Chance genutzt, die ihm der SCB in der Not halbherzig gewährt hat. Nachdem Guy Boucher im Dezember endlich mehr als ein Jahr zu spät das Handwerk gelegt worden war. Mehr Werbung in eigener Sache als diese Saison kann Lars Leuenberger nicht mehr machen. Immerhin könnte er, wenn er will, die U 20-Nationalmannschaft übernehmen. Das wäre im Interesse unseres Hockeys.
Aber keine wirkliche Herausforderung für einen Trainer, der das Potenzial hat, einer wie Arno Del Curto oder Kevin Schläpfer zu werden. Oder fast.