«Arbeitsamt»? Die Bezeichnung trifft es ganz gut und ist keineswegs boshaft: André Rufener, Patrick Pilloni und Derek McCann sind eigentlich mehr als bloss Spieleragenten. Sie vermitteln ihren Klienten nicht nur Arbeitsplätze. Sie betreuen sie auch intensiv. Ja, sie schmieden Karrieren.
Dass sie sich zufällig gerade nach der Partie gegen Kloten im «Bärengraben» des Berner Hockeytempels – im weiträumigen Raum zwischen den Spielerkabinen – über den Weg gelaufen sind, ist allerdings kein Zufall.
André Rufener, einst respektabler NL-Stürmer (mehr als 500 Spiele und 200 Punkte), ist der Titan dieses Trios – mit NHL-Lizenz. Karriereschmied unter anderem der NHL-Stars Nino Niederreiter und Nikolaj Ehlers. Aber der Nonkonformist und leidenschaftliche Surfer, der einst für Kloten stürmte, ist eben auch ein Hockey-Verrückter. In helvetischen Stadien so zu Hause wie in den NHL-Tempeln und wohnhaft im Luzerner Hinterland, dem hügeligen Grenzgebiet zwischen Bernbiet und Luzern.
Sein Abstecher nach Bern hat einen guten Grund: «Sein» EHC Kloten spielt, und beim SCB steht Philip Wüthrich im Tor. André Rufener hat sich während der Verletzungspause intensiv um den SCB-Goalie gekümmert, ihm Mut gemacht und dafür gesorgt, dass das Selbstvertrauen intakt geblieben ist. Und siehe da – Philip Wüthrich ist ein glänzendes Comeback gelungen: Er hat den SCB zu den Siegen gegen Davos (3:2) und nun Kloten (3:0) gehext. Nun ist Adam Reideborn heute Abend in Langnau unter Druck. Versagt er, wird das Undenkbare denkbar: Er wird zur Nummer 2 degradiert.
Philip Wüthrichs glanzvolle Rückkehr tröstet seinen Agenten über die Niederlage der Klotener hinweg. Sensible Goalies zu betreuen ist André Rufeners Spezialfach: Aus dem Rock’n’Roller Melvin Nyffeler hat er einen Goalie mit Kultstatus bei den Lakers gemacht. Und viel dazu beigetragen, dass Niklas Schlegel – zurzeit verletzt – in Lugano endlich sein bestes Hockey spielt. «Rufi» soll auch geholfen haben, Trainer Stephan Mair nach Kloten zu bringen. Aber für dieses Gerücht lässt sich auch mit intensiven Recherchen keine Bestätigung finden.
Patrick Pilloni ist ein ehemaliger österreichischer Nationalstürmer, einst in Klagenfurt Captain mit Kultstatus, und heute auch im Kanton Luzern beheimatet. Auch er schaut ab und an in Bern vorbei. Weil hier sein bester NL-Klient zum Tanz aufspielt: Er kümmert sich um SCB-Schillerfalter und Topskorer Dominik Kahun.
Die weiteste Anreise nach Bern hatte Derek McCann. Er ist aus Montréal eingeflogen und Bern ist die letzte Station seiner Europa-Geschäftsrundreise vor dem Heimflug. Schon sein Vater Danny McCann war Spieleragent. Auch McCann junior ist einer, bei dem das Wohl seiner Klienten über Umsatz und Provision steht.
Derek McCann hat ein besonderes Spezialgebiet: schweizerisch-nordamerikanische Doppelbürger aufstöbern und frankokanadische Schillerfalter in die Schweiz bringen. Der SCB hat ihm in letzter Zeit einigen Aufwand beschert: der Transfer von Chris DiDomenico zu Gottéron und soeben der Wechsel von Jesse Zgraggen nach Ajoie.
Er hat einst auch «Dido» aus Italien in die Schweiz geholt, und nun hat er wieder einen interessanten Spieler für nächste Saison im Angebot: Kevin Roy (30) aus der International Central Hockey League (ICHL), der Meisterschaft mit den besten Teams aus Österreich, Italien, Ungarn und Slowenien. Dort rockt der Frankokanadier diese Saison die Liga mit 54 Punkten aus 42 Partien (22 Tore/32 Assists). Zu klein (175 cm/78 kg) für eine NHL-Karriere (28 Spiele/7 Punkte), aber gerade richtig fürs europäische Lauf- und Tempohockey. Und wo fühlt sich bei uns ein Frankokanadier am wohlsten? Richtig: im Elsgau (deutsche Bezeichnung für die Ajoie), dem Québec der Schweiz. «Wir haben ein paar Offerten aus europäischen Ligen», freut sich Derek McCann. «Aber ich denke, dass ich in den nächsten Tagen mal mit Ajoie reden werde.»
Warum eigentlich nicht? Ajoies Sturm ist das lauste Lüftchen der Liga (87 Tore). Wahrlich wenig im Vergleich zum offensiv dominierenden Gottéron (146 Tore). Cheftrainer Christian Wohlwend hat die Defensive inzwischen gut strukturiert. Kloten (146) und Langnau (142) haben bisher mehr Tore kassiert als Ajoie (139). Da könnte es sich lohnen, nächste Saison auf den Ausländerpositionen die offensive Feuerkraft zu erhöhen, von zwei Verteidigern und vier Stürmern auf einen Verteidiger und fünf Stürmer umzustellen und Kevin Roy zu verpflichten. Die Erfahrung lehrt: Die ICHL mag eine Operettenliga sein – aber wer hier das Tor trifft, taugt auch für unser Hockey. Ajoie hat ohnehin gute Erfahrungen mit Ausländern aus Österreich und Italien gemacht: Unter anderem spielten Stéphane Roy, James Desmarais, Philip-Michaël Devos, Jonathan Hazen oder T. J. Brennan vor ihrem Wechsel in die Schweiz in der österreichisch-italienisch-slowenisch-ungarischen Meisterschaft. Natürlich ist die Sache mit der «Trouvaille» (Entdeckung, Glücksfund) Kevin Roy erst ein Gerücht. Aber ein neues und interessantes.
Die Drei vom «Hockey-Arbeitsamt» haben im Berner Hockey-Tempel einen unterhaltsamen Abend verbracht. Obwohl sie keine Geschäfte gemacht haben. Die drei sind sowieso mehr Hockey-Freaks als Lohntreiber. Saläre in den Himmel zu pokern ist mehr die Spezialität ihres Branchenkollegen Sven Helfenstein. Aber das ist wiederum eine andere Geschichte.
Aktuelle
Note
7
Ein Führungsspieler, der eine Partie entscheiden kann und sein Team auf und neben dem Eis besser macht.
6-7
Ein Spieler mit so viel Talent, dass er an einem guten Abend eine Partie entscheiden kann und ein Leader ist.
5-6
Ein guter NL-Spieler: Oft talentierte Schillerfalter, manchmal auch seriöse Arbeiter, die viel aus ihrem Talent machen.
4-5
Ein Spieler für den 3. oder 4. Block, ein altgedienter Haudegen oder ein Frischling.
3-4
Die Zukunft noch vor sich oder die Zukunft bereits hinter sich.
Die Bewertung ist der Hockey-Notenschlüssel aus Nordamerika, der von 1 (Minimum) bis 7 (Maximum) geht. Es gibt keine Noten unter 3, denn wer in der höchsten Liga spielt, ist doch zumindest knapp genügend.
5,2
09.22
5,2
09.23
5,2
01.24
Punkte
Goals/Assists
Spiele
Strafminuten
Er ist
Er kann
Erwarte
ich glaube diesen agenten kein wort.
und
"... dem das Wohl seiner Klienten über Umsatz und Provision steht."
amen!