Endlos lässt sich darüber debattieren, wer die Besten der bisher 388 in der National League eingesetzten Feldspieler und 37 Goalies der laufenden Saison sind. Die Statistiken sagen auch nicht alles.
Viele weitere Faktoren wie Führungsqualitäten, Preis-Leistungs-Verhältnis, Einfluss auf das Leistungsvermögen des Teams spielen auch eine Rolle. Hier also die 50 interessantesten Spieler der laufenden Saison. 27 Schweizer, 10 Finnen, 4 Tschechen, 4 Kanadier, 2 Amerikaner und je ein Schwede, ein Deutscher und ein Franzose.
Wir zeigen die Top 50 der wichtigsten Spieler der ersten Qualifikationshälfte 2024/25 in einer fünfteiligen Serie. Hier der erste Teil:
1 Spiel, 22 Schüsse, 81,48 Prozent davon abgewehrt.
Das erstaunlichste Comeback seit Einführung der Playoffs (1986) und schon eine Erwähnung in den Top 50 wert. Aus dem sportlichen Ruhestand heraus – er hatte nach dem Ausscheiden im Halbfinal gegen die GCK Lions seine Ausrüstung in Olten abgegeben, seine Profikarriere beendet und einen Bürojob im Immobilien-Business angenommen – bekommt er einen bis Ende Januar 2025 befristeten Vertrag. Nicht etwa irgendwo im Amateurhockey, sondern beim «Grande Lugano».
Der Bruder von Rappis Melvin Nyffeler (30) darf exakt am 21. Dezember in Langnau (3:4-Niederlage), exakt an seinem 32. Geburtstag tatsächlich nach zwei Teileinsätzen noch einmal für ein ganzes Spiel auf der grossen Bühne auftreten (bisher insgesamt 97:36 Minuten Einsatzzeit in Lugano). Und verdient in Lugano weniger als zuvor im Büro. Wahrlich, mehr Hockey-Romantik geht nicht. Dominic Nyffeler ist wahrscheinlich der erste Deutschschweizer der Geschichte, der nicht des Geldes wegen für Lugano spielt …
3 Spiele, keine Punkte, keine Strafe, -2, Nr. 354 der Liga-Skorerliste.
Grosse Namen garantieren keine Skorerpunkte. Aber viel Aufmerksamkeit. Brendan Lemieux ist der Sohn von Claude Lemieux, einem der bissigsten Leitwölfe der NHL-Geschichte, Stanley Cup-Sieger 1986 (Montréal), 1995 (New Jersey), 1996 (Colorado) und 2000 (New Jersey). Er hat zwischen 1985 und 2009 über 1500 NHL-Partien bestritten. Nun ist Claude Lemieux ein Gentleman und hoch angesehener Spieleragent und hat seinem Sohn den Transfer nach Davos organisiert.
Die Frage, ob es einfach bei einer interessanten Story und guter Unterhaltung bleibt oder sich Brendan Lemieux tatsächlich durchsetzen und beim HCD meisterliches Schmirgelpapier ins Spiel bringen kann, können wir noch nicht beantworten. Er hat bei bisher drei Meisterschaftspartien zwar ordentlich Eiszeit bekommen (fast eine Viertelstunde), aber der offensive Ertrag war gleich null. Für eine ganz grosse NHL-Karriere hat es ihm nicht gereicht (315 Spiele / 75 Punkte), und nach der Verbannung in die AHL ist es nun mit 28 Jahren Zeit, die Karriere in Europa fortzusetzen. Es gibt schon Anlass zu ein wenig Hoffnung: Sein Vater hat sich einst bei einem Kurz-Gastspiel in Zug (2003/04) erstaunlich gut an unser Hockey angepasst (7 Spiele / 5 Punkte in der Qualifikation, 5 Spiele / 4 Punkte in den Playoffs). Also wird sich auch sein Sohn zurechtfinden und das Spiel beim HCD als Aggressiv-Leader würzen, mit Energie aufladen, vor dem gegnerischen Tor für Unruhe sorgen und diesen oder jenen wichtigen Treffer erzielen. Oder?
24 Spiele, 2 Tore, 4 Assists, 6 Punkte, 14 Strafminuten. -5. Nr. 48 der Liga-Skorerliste der Verteidiger.
Ein Stück echter Hockey-Romantik: Der Langenthaler ist nach zwei Jahren als Junior in Nordamerika 2015 bei Gottéron in unsere höchste Spielklasse eingestiegen, hat sich dort in drei Jahren zum spektakulärsten Offensiv-Verteidiger der Liga entwickelt und ist auf diese Saison nach einem Jahr in der AHL und fünf Jahren in Biel sozusagen heim zu Gottéron gekommen. Dorthin, wo seine Karriere einst so richtig Fahrt aufgenommen hat.
Aber vorerst ist er sich bei Gottéron nach seiner Heimkehr eher wie ein Verdingbub vorgekommen und Trainer Patrick Emond spielte eher die Rolle eines „bösen“ Stiefvaters. Zeitweise musste Yannick Rathgeb sogar zu Hause bleiben und durfte (oder musste …) mit seinen Spielkameraden nicht einmal zu einem Auswärtsspiel fahren. Wenn ein Trainer einen Offensivverteidiger mit Vertrag bis 2029 im Team hat und ihn nicht einsetzt, dann kann er sich nicht im Amt halten. Und siehe da: Im ersten Spiel nach der Entlassung von Patrick Emond rockt Yannick Rathgeb ordentlich und erzielt in Zug den Siegestreffer zum 2:1. Und er ist kein defensiver Hallodri und verlässt das Eis in Zug mit einer 1:0-Bilanz.
An einem guten Abend unter einem Trainer, der seine Qualitäten zu schätzen weiss, ist sein Mix aus Spektakel-Vorstössen, Unberechenbarkeit und krachenden Schüssen und Checks, sein latenter Hang zu grossen Risiken und Undiszipliniertheiten von unübertroffenem Unterhaltungswert. Nächste Saison kommt der schwedische Schablonentrainer Roger Rönnberg nach Fribourg. Er sollte nicht den gleichen Fehler machen wie Patrick Emond.
29 Spiele, 6 Tore, 19 Assists, 25 Punkte, 22 Strafminuten. +9. Nr. 8 der Liga-Skorerliste. Am meisten Assists bei Zug.
Vier Jahre lang (seit 2019) war er Zugs Leitwolf, seit 2021 führt er das Team als Captain und er ist der Architekt der Meistertitel von 2021 und 2022. Aber letzte Saison war er wegen allerlei Sorgen nur noch ein Schatten seiner besten Tage, seine Produktion fiel im Vergleich zum Vorjahr von 50 auf 28 Punkte und von 20 auf 9 Tore. Seine statistisch schwächste Saison als Profi. Als «Sündenbock» musste im letzten Frühjahr Marc Michaelis Zug trotz eines weiterlaufenden Vertrages verlassen (wechselte zu Mannheim) und Jan Kovar durfte bleiben.
Er ist im März erst 34 geworden und noch nicht zu alt für eine triumphale Rückkehr mit mehr als 40 Punkten. Nun ist ihm tatsächlich ein beeindruckendes Comeback gelungen. Vor der Weihnachtspause hat er bereits 25 Punkte produziert, nur 3 weniger als letzte Saison. Mehr als 40 Punkte sind möglich, und sein Vertrag ist Anfang Dezember bis 2027 verlängert worden. Die interessanteste und zugleich riskanteste Vertragsverlängerung in der Ära von Reto Kläy, die in Zug 2014 begonnen hat. Denn eine andere Rolle als die eines Leitwolfes wird sich schwerlich für Jan Kovar finden lassen – und was wird sein, wenn er nicht mehr gut genug für diese Rolle sein sollte? Aber wir wollen nicht grübeln.
19 Spiele, 5 Tore, 12 Assists, 17 Punkte, 30 Strafminuten. +2. Bester Schnitt Punkte pro Spiel und bester Bullyspieler Langnau.
Langnau ist ein finnisches Hockeydorf (Harri Pesonen, Aleksi Saarela, Juuso Riikola, Vili Sarijärvi, Saku Mäenalanen) und ein Amerikaner hat es hier nicht leicht. Aber vielleicht ist es ja auch so, dass er im «Windschatten» der finnischen Nationalspieler nicht dem ultimativen Erwartungsdruck ausgesetzt ist. Sechs Jahre hatte er sich im nordamerikanischen Profihockey (2017 bis 2023) in den Farmteams abgemüht (311 AHL-Spiele / 166 Punkte) und es doch nur auf zwei NHL-Spiele gebracht.
Also suchte er im Sommer 2023 sein Glück im Emmental und in der zweiten Saison mit den SCL Tigers ist er einer der meistunterschätzten Ausländer der Liga. Die Frage ist nicht nur boshaft, ob eigentlich sein Arbeitgeber den Wert seiner Arbeit zu schätzen weiss. Er ist diese Saison erneut Langnaus bester Bully-Spieler (Erfolgsquote von 56,78 Prozent), stabilisiert das Team als Zweiweg-Center offensiv und defensiv, bewährt sich im Power- und im Boxplay und mit Biss und Hartnäckigkeit behauptet er sich in Zweikämpfen.
Im Slot versteht er es schlau, dem gegnerischen Goalie die Sicht zu nehmen, und er und nicht einer der prominenteren finnischen Teamkollegen hat den besten Punktedurchschnitt pro Spiel. Noch hat er keinen neuen Vertrag. Lieferte letzte Saison das Zitat des Jahres, nachdem er von einem Puck getroffen wurde und acht Zähne verlor: «Zum Glück habe ich schon eine Frau, denn so würde ich keine mehr finden.»
7 Spiele, 228 Schüsse, 94,74 Prozent abgewehrt.
Kleider machen Leute (das behauptete jedenfalls Gottfried Keller, der berühmteste Zürcher der Geschichte) und gute Verteidigungen solide Goalies. Und doch sind Robin Zumbühls gute Statistiken nicht nur dem glücklichen Umstand zuzuschreiben, dass er vor sich die stabilste Abwehr der Liga hat. Trainer Marc Crawford hat ihn bei schwierigen Spielen eingesetzt und Robin Zumbühl hat die Siege in Genf (3:2), in Lugano (5:2), in Davos (3:2), gegen den SCB (4:3), gegen Lugano (5:1) und gegen Langnau (1:0) herausgehext.
Eine Geschichte mit einer ordentlichen Prise Hockey-Romantik: Er war nie ein vielgerühmtes Talent (nicht ein einziges Junioren-Länderspiel) und noch vor einem Jahr schien eine Karriere im Profihockey ein ferner Traum. Weil in der Organisation der ZSC Lions laufend Torhüter ausgebildet werden, musste er sogar damit rechnen, seinen Platz selbst im Farmteam eher früher als später zu verlieren.
Dann verletzte sich Jeffrey Meyer bereits im September 2023 und Sportchef Sven Leuenberger brauchte eine neue Nummer 2 bei den ZSC Lions. Er gab Robin Zumbühl eine Chance und der nützte sie. Bei zehn Einsätzen wehrte er letzte Saison 91,99 Prozent der Pucks ab – eine Fangquote, die er bei den GCK Lions in der zweithöchsten Liga nie erreicht hatte. Also hat er einen Vertrag für diese Saison bekommen und seine Sache bisher so gut gemacht, dass sein Vertrag gleich bis 2027 verlängert worden ist. Die ZSC-Goalie-Spezialisten hatten auch Winterthurs Christof von Burg (wechselt auf nächste Saison zum SCB) beobachtet und sich für Robin Zumbühl entschieden.
33 Spiele, 7 Tore, 11 Assists, 18 Punkte, 4 Strafminuten, +6, Nr. 54 der Liga-Skorerliste, Klotens bester Schweizer Stürmer.
Kloten hat seine ganz eigene Hockeykultur des «Eisballetts» entwickelt: Beweglichkeit, Schlauheit und Mut – kurzum: Eleganz – bewirken seit Anbeginn der Zeiten im Schluefweg mehr als Wucht, Kraft und Härte. Mischa Ramel, mit 168 Zentimetern Grösse zusammen mit Zugs Lino Martschini der kleinste Spieler der Liga, ist sozusagen ein «Poster Boy» der Klotener Hockeykultur. Klotens schnellster Läufer ist so wendig und schnell, dass er kaum zu checken ist, und gilt als Klotens aufregendstes Talent seit Marco Lehmann.
Mit den richtigen Mitspielern sind für den selbstbewussten Stürmerfloh 30 Punkte möglich – er hat vor der Weihnachtspause exakt gleich viele Skorerpunkte auf dem Konto wie ZSC-Star Sven Andrighetto, HCD-Silberheld Enzo Corvi und Langnaus Leitwolf Harri Pesonen. Wie viel kostet diese Saison ein Skorerpunkt von Sven Andrighetto, Enzo Corvi, Harri Pesonen und Mischa Ramel? Vermute, rechne und staune!
32 Spiele, 2 Tore, 2 Assists, 4 Punkte. 72 Strafminuten. -1, «Bösester» Spieler der Liga.
Ende September hat Lausannes Sportdirektor John Fust den Vertrag mit Aurélien Marti gleich bis 2028 verlängert. Solides Handwerk und Loyalität haben auch im Hockey goldenen Boden und werden belohnt. Abgesehen von vier Lehr- und Wanderjahren, die ihn von 2016 bis 2020 nach Langenthal und Bern geführt und ihm einen Titel mit Langenthal (2017) und dem SC Bern (2019) beschert haben, hat er immer Lausanne die Treue gehalten.
Nicht viele haben so viel aus ihrem Talent gemacht. Er ist nie zu Junioren-Länderspielen aufgeboten worden und hat sich seinen Platz in der höchsten Liga im besten Wortsinn erarbeitet. Die spielerische Leichtigkeit des Seins ist nicht seine Sache. In Lausanne ist er der perfekte Ergänzungsspieler, der seine Stärken und Schwächen gut einzuschätzen vermag und sich nicht zu weit aus der eigenen Zone vorwagt. Mit seiner NHL-Postur gehört er zu den kräftigsten Verteidigern der Liga mit einem guten Verhältnis zwischen Lohn und Leistung. Nun ist er zum ersten Mal in seiner Karriere mit 70 Strafminuten gar der «böseste» Spieler der Liga.
33 Spiele, 0 Tore, 5 Assists, 10 Strafminuten. -1, Nr. 68 der Liga-Skorerliste der Verteidiger.
Viele Klubs haben oder hatten ihre «ewigen Spieler» – und die meisten werden im ganzen Land berühmt wie Andres Ambühl, Julien Sprunger, Mathias Seger, Beat Gerber oder Reto von Arx. Steve Kellenberger ist keine nationale Hockeyberühmtheit. Aber er ist schon im 7. Jahr Captain in Kloten und in gewisser Weise Klotens Antwort auf Mathias Seger – oder eben der Mathias Seger des armen Mannes.
Der rührige Leitwolf, von vielen Spielern als «Hockey Dad» verehrt und mit Ausnahme von zwei Jahren (2012 bis 2014 in Biel) immer in Kloten, hat den Abstieg erduldet und den Wiederaufstieg gefeiert. Als Junior war er Stürmer und produzierte in seinem besten Jahr mehr als einen Punkt pro Spiel und brachte es zu drei Berufungen ins Junioren-WM-Team. Aber sein Glück als Profi hat er als Verteidiger gefunden. Er wird im Februar 38 und ist zu den erstaunlichsten Spielern dieser Saison geworden: Nach wie vor steht er pro Partie fast eine Viertelstunde Eiszeit durch und gehört zu Klotens vier produktivsten Schweizer Verteidigern.
Mit Beweglichkeit und der Erfahrung aus mehr als 700 Spielen in der höchsten und mehr als 200 Partien in der zweithöchsten Liga hat er sich diese Saison gar gegenüber dem Vorjahr gesteigert, die Anzahl Fehler reduziert und die Plus/Minus-Bilanz von -26 auf -1. verbessert. Er profitiert davon, dass die Verhältnisse in Kloten auf dem Eis wieder geordnet sind, und seine Vertragsverlängerung um ein weiteres Jahr ist nicht nur der Schluefweg-Romantik geschuldet.
31 Spiele, 1 Tor, 7 Assists, 8 Punkte. Keine Strafe. +7. Nr. 162 der Liga-Skorerliste.
Optimisten sahen in ihm den nächsten Nino Niederreiter. Er war als Junior hochdekoriert, bestritt drei Junioren-Weltmeisterschaften und weckte auch mit seiner NHL-Postur hohe Erwartungen. Aber diese Träume haben sich nicht erfüllt. Im Sommer 2024 ist nicht einmal klar, ob es für eine schöne Karriere in der National League reichen wird. Nicht einmal in Ambri, im Tal der Hockey-Romantik, gelingt ihm die Entfaltung seines Talentes und Ambri tauscht ihn vor Vertragsablauf in Zug gegen Tim Muggli, den Bruder von Leon Muggli, ein.
Er wird schon zum zweiten Mal aus einem laufenden Vertrag hinaus wegtransferiert: Bereits im Dezember 2022 haben die Lakers die Geduld verloren und ihn zu Ambri abgeschoben. Wie um alles in der Welt sollte sich Nando Eggenberger diese Saison in einem so prominent besetzten Team wie Zug einen Platz erkämpfen, wenn er es bei den Lakers und Ambri nicht geschafft hat? Doch Ende Dezember verlängert Zug den Vertrag vorzeitig um ein Jahr bis 2026. Seine Produktion ist zwar bescheiden – 8 Punkte – und die Eiszeit überschaubar (9:20 Minuten). Aber er hat endlich Fuss gefasst.
Die Erklärung ist vielleicht gar nicht so kompliziert: Bei den Lakers und Ambri wollte er zu viel und scheiterte an den eigenen offensiven Erwartungen. In Zug kann er sich als Rollenspieler wieder an die Liga herantasten. Und immerhin gibt es doch noch ein wenig eine Parallele zu Nino Niederreiter: Auch er musste sich beharrlich nach oben arbeiten und kam als Erstrundendraft erst in der 4. Saison richtig in der NHL an.