Sport
Eismeister Zaugg

Langnaus Hochmut und der SCB-Chef setzt ein Ausrufezeichen

Anton Lindholm (SCB), rechts, und Julian Schmutz (SCL) in Aktion im Eishockey Meisterschaftsspiel der National League zwischen dem SC Bern und SCL Tigers, am Mittwoch, 18. September 2024 in der PostFi ...
Als es richtig zur Sache ging, behielten die Städter die Oberhand (hier Berns Anton Lindholm gegen den Langnauer Julian Schmutz).Bild: keystone
Eismeister Zaugg

Langnaus Hochmut und der SCB-Chef setzt ein Ausrufezeichen

Die SCL Tigers überschätzen sich und SCB-Trainer Jussi Tapola macht klar, wer der Chef ist: Schillerfalter und Topskorer Dominik Kahun musste auf die Tribüne. Der SCB siegt 3:1 und wir dürfen sagen: Guten Abend, liebe Langnauer, die Meisterschaft hat begonnen.
19.09.2024, 05:0419.09.2024, 14:44
Mehr «Sport»

SCB-Trainer Jussi Tapola hat Sinn für Ironie. Es ist ja klar, was die Chronisten (Chronistin war keine da) nach dem Spiel wissen wollen: Warum musste ausgerechnet Dominik Kahun auf die Tribüne?

Also wird Jussi Tapola spasseshalber erst einmal gefragt, welche Frage er jetzt als Erstes erwarte. Er macht ein unschuldiges Gesicht und sagt, na ja, man wolle möglicherweise wissen, was er über die Stimmung im Stadion so denke.

Natürlich will keiner vom SCB-Trainer wissen, was er über die Stimmung im Stadion denke. Die Frage ist: Warum musste Dominik Kahun auf die Tribüne und nicht einer der anderen sechs, weniger talentierten und weniger spektakulären ausländischen Feldspieler?

Head Coach Jussi Tapola (SCB) im Eishockey Meisterschaftsspiel der National League zwischen dem SC Bern und SCL Tigers, am Mittwoch, 18. September 2024 in der PostFinance Arena in Bern. (KEYSTONE/Pete ...
Jussi Tapola ist Herr der Lage beim Saisonauftakt.Bild: keystone

Jussi Tapola sagt, er gebe grundsätzlich keine Auskunft über Spieler, die nicht eingesetzt worden sind.

Aus dieser Antwort liesse sich mit etwas bösem Willen vielleicht eine Polemik drechseln. Gibt es womöglich einen Konflikt zwischen dem taktischen Freigeist Dominik Kahun und dem Trainer? Aber es gibt keinen Konflikt. Jussi Tapola gibt nämlich Entwarnung:

«Wenn alle gesund sind, spielt Kahun am Wochenende.»

Der SCB tritt am Freitag in Kloten und am Samstag in Bern gegen die ZSC Lions an. Und mindestens in einer dieser Partien muss keiner der sechs ausländischen Feldspieler auf die Tribüne: Jussi Tapola plant für eine der zwei nächsten Partien mit Philip Wüthrich im Tor. Andri Henauer wird dann Ersatz sein und Adam Reideborn auf der Tribüne sitzen. Das alles, sofern alle gesund sind.

Eines ist klar und erfreulich: Wenn der Trainer beim Startspiel gleich den letztjährigen Topskorer, einen der besten Einzelspieler der Liga auf die Tribüne verbannt, dann setzt er ein Ausrufezeichen: Der Chef bin ich! My way or highway. Das Ehrengewand des Topskorers ist bloss ein farbiges Leibchen. Wer es trägt, kann keine Vorzugsbehandlung erwarten.

So klar, wie es das Resultat vermuten liesse, war die Sache nicht ganz. Noch in der zweiten Pause fragt einer der langjährigen Abobesitzer (die ihren SCB sehr gut einschätzen können):

«Chunts äch guet?»

Die Frage ist durchaus berechtigt: Die Langnauer haben gute Abschlussmöglichkeiten. Sie setzen offensive Nadelstiche. Aber sie zerbrechen an ihrer Favoritenrolle. Favoritenrolle? In Bern gegen den SCB?

Ja, das ist die psychologisch fatale Ausgangslage für die Emmentaler. Sie haben erstmals seit Menschengedenken alle Vorbereitungsspiele gewonnen: Gegen Basel (4:3 n.P.), Biel (5:2), die Lakers (3:2 n.P.), Davos (4:2), Mannheim (4:1) und am letzten Donnerstag auch noch gegen den SCB (4:3 n.V).

Die logische, nicht vermeidbare Folge: Famose Saisonprognosen wie noch nie seit dem Wiederaufstieg.

Aber es ist für einen Aussenseiter, der in den letzten fünf Jahren nacheinander die Ränge 11, 13, 12, 12 und 11 belegt hat, nicht einfach, mit hohen Erwartungen umzugehen.

Die gute Vorbereitungsphase hat die Emmentaler im taktischen Sinne hochmütig gemacht: Sie wollten in Bern mit spielerischen Mitteln (mit «chügele») den Sieg einfahren.

Das war naiv.

Wer in Bern mit spielerischen Mitteln gewinnen will, muss die Chancen kaltblütig nützen. Aber wer jahrelang «Underdog» war, dem fehlt die dafür erforderliche Gelassenheit.

Die Langnauer sind zwar besser geworden. Aber so talentiert sind sie nach wie vor nicht, um den SCB mit spielerischen Mitteln zu bodigen.

Trainer Thierry Paterlini suchte keine Ausreden und brachte es auf den Punkt:

«Wir wollten mit der Entschlossenheit eines Underdogs auftreten. Aber wir haben es nicht getan.»

Die Langnauer scheiterten im «Schmetterlingsstil» gegen einen soliden, in den Schlüsselphasen schlauen, rauen, robusten und gut organisierten SCB. Ohne zwei der kreativsten Schillerfalter – Romain Loeffel und Dominik Kahun – hielten die Stadtberner das Spiel einfach und die Fehlerquote tief und sie setzten mehr auf Schmirgelpapier in den Zweikämpfen als auf spielerische Schneckentänze.

Tigers Head Coach Thierry Paterlini during the preliminary round game of National League A (NLA) Swiss Championship 2023/24 between, HC Ambri Piotta against SCL Tigers at the Gottardo Arena in Ambri F ...
Thierry Paterlinis Langnauer konnten nicht auftreten, wie sie sich das vorgenommen hatten.Bild: keystone

Thierry Paterlini sagt, seine Mannschaft sei schon ein wenig überrascht worden, als der SCB die Intensität erhöht habe. Was zur etwas boshaften Schlussfolgerung führt:

Guten Abend, liebe Langnauer, die Saisonvorbereitung ist abgeschlossen. Meisterschaft hat begonnen.

Nun kommt am Freitag Gottéron nach Langnau und am Samstag reisen die Emmentaler nach Zug. Die Chance zu einer starken Reaktion. Oder der Beginn einer herbstlichen Depression.

P.S. Hat Dominik Kahun die Verbannung auf die Tribüne mit Gelassenheit hingenommen? Spieler, die nicht eingesetzt werden, stehen nach einer Partie nicht für Fragen zur Verfügung. Die Chronisten konnten ihn also zur Sache nicht befragen.

Ein wenig wird es den freundlichen Musterprofi ganz tief in der Hockeyseele, dort, wo nicht einmal sein gestrenger Trainer hineinsehen kann, schon gewurmt haben. Noch eine halbe Stunde nach Spielschluss war er mit Obersportchef Martin Plüss in den Katakomben in ein intensives Gespräch vertieft.

Berns PostFinance Topscorer Dominik Kahun kaempft um den Puck, beim Eishockey Meisterschaftsspiel der National League zwischen dem SC Bern und Lausanne HC, am Samstag, 2. Maerz 2024, in der PostFinanc ...
Ein Archivbild muss herhalten: Denn beim Saisonauftakt stand SCB-Topskorer Dominik Kahun nicht auf dem Eis.Bild: keystone
  • Stürmer
  • Verteidiger
  • Torhüter
player_image

Nation Flag

Aktuelle
Note

  • 7

    Ein Führungsspieler, der eine Partie entscheiden kann und sein Team auf und neben dem Eis besser macht.

  • 6-7

    Ein Spieler mit so viel Talent, dass er an einem guten Abend eine Partie entscheiden kann und ein Leader ist.

  • 5-6

    Ein guter NL-Spieler: Oft talentierte Schillerfalter, manchmal auch seriöse Arbeiter, die viel aus ihrem Talent machen.

  • 4-5

    Ein Spieler für den 3. oder 4. Block, ein altgedienter Haudegen oder ein Frischling.

  • 3-4

    Die Zukunft noch vor sich oder die Zukunft bereits hinter sich.

  • Die Bewertung ist der Hockey-Notenschlüssel aus Nordamerika, der von 1 (Minimum) bis 7 (Maximum) geht. Es gibt keine Noten unter 3, denn wer in der höchsten Liga spielt, ist doch zumindest knapp genügend.

5,2

09.22

5,2

09.23

5,2

01.24

Punkte

Goals/Assists

Spiele

Strafminuten

  • Er ist

  • Er kann

  • Erwarte