Lieber Klaus
Als ich vor fast 25 Jahren zum Geschäftsführer des SCB ernannt wurde, hat ein Journalist im «Blick» bereits ein paar Tage später negativ über mich geschrieben.
«Warum?», habe ich diesen gewissen Klaus Zaugg, mir damals wenig bekannt, gefragt. Er antwortete, dass ich nicht noch einmal seinen Primeur kaputt machen solle, wenn er etwas rausgefunden hätte. Für mich hat sich diese Begründung angefühlt nach: «Du bist ein Böser – und ich muss dich bestrafen!»
Nun, mein Lieber, das war unsere erste von unzähligen Begegnungen. Wenn ich auf meine Zeit als CEO zurückblicke, gibt es über die ganze Zeit gesehen wenige Konstanten – eine davon bist du.
Für dich war ich etliche Male der Kaiser ohne Kleider, ab und zu auch der König von Bern. Ersteres war und ist mir egal. Zweiteres ist eine Beleidigung für all die echten Könige von Bern. Und davon gibt es doch einige – oder zumindest einige, die es im Gegensatz zu mir gerne wären. Aber lassen wir das.
Über all die Jahre war unsere Beziehung weder freundschaftlich noch waren wir Feinde. Manchmal habe ich dich auf den Mond gewünscht, vor allem wenn du meine – ja, es waren meine – Sportchefs in Grund und Boden geschrieben hast. Du hast mindestens so viel für deinen Erfolg als Journalist gemacht wie ich für den Erfolg des SCB. Dafür habe ich dich manchmal gehasst – aber auch bewundert.
Ach, mein Lieber, ich muss an dieser Stelle noch ein paar Worte zur Aktualität loswerden. Bei deinen Saisonprognosen bin ich nicht schlau geworden. Bei watson sind wir auf Platz 3, im Slapshot-Guide auf Platz 7. Hilf mir: Gibt es zwei Klaus Zauggs? Oder hat dir der Zahn der Zeit derart zugesetzt und dich vergesslich werden lassen? Natürlich nicht, es ist einmal mehr gnadenlose Berechnung für künftige Schreibereien, damit du alle Eventualitäten schon mal abgedeckt hast.
Aber: Mir passen diese Prognosen. Nehmen wir die Mitte von Platz 3 und 7, sind wir beim 5. Rang. Damit könnte ich gut leben. Aber geben wir dieser Ausgangslage doch noch etwas Würze: Ist der SCB am Ende der Qualifikation auf Rang 5 oder besser klassiert, rasierst du dir den Bart ab! Ist der SCB schlechter klassiert, lasse ich mir bis Ende Saison einen Bart wachsen! Deal?
Zum Schluss muss ich noch etwas loswerden: Du hast mir mal gesagt, du bräuchtest keine Freunde, seist der Story verpflichtet und niemand anderem. Lieber Klaus, vielleicht brauchst du wirklich keine Freunde. Vielleicht ist es dir wirklich egal, was die Welt über dich denkt. Aber zu meinem Abschied als CEO sage ich dir: Es ist immer gut, den einen oder anderen Freund zu haben, der auch dann zu einem steht, wenn es einem schlecht geht. In diesem Sinne wünsche ich dir menschlich all the best!
Und um ganz zum Schluss noch deinen Lieblingsdichter Gotthelf zu zitieren: «Man möge bedenken, dass man andere ertragen soll, wie man selbst ertragen zu werden wünscht.»
Häbs guet – und ja: Hopp SCB!