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Jan Cadieux geht – Servette wird ein uncoachbares Lugano der Romandie

Geneve-Servette's Head coach Jan Cadieux (GSHC) talks to his players, during a National League regular season game of the Swiss Championship between Geneve-Servette HC, GSHC, and HC Ambri-Piotta, ...
Servette-Coach Jan Cadieux muss seinen Hut nehmen.Bild: keystone
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Jan Cadieux geht – Servette wird ein uncoachbares Lugano der Romandie

Erfolgstrainer Jan Cadieux muss gehen und Servette wird uncoachbar. Bald dürfte auch Lugano den Trainer wechseln.
28.12.2024, 18:43
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Jan Cadieux (44) ist im November 2021 als Assistent von Patrick Emond zum Cheftrainer befördert worden. Mit seiner akribischen, konsequenten Arbeitsweise hat er Servette zum ersten Titel der Geschichte geführt. So wie einst John Slettvoll Lugano den ersten Titel beschert hat. Mehr noch: Servette hat auch die Champions Hockey League gewonnen. Nun ist die Mannschaft uncoachbar geworden.

Geneve-Servette's forward Noah Rod lift the trophy after winning against Biel, during the seventh and final leg of the ice hockey National League Swiss Championship final playoff game between Gen ...
Im April 2023 feierte Servette den ersten Meistertitel der Vereinsgeschichte.Bild: KEYSTONE

In gewisser Weise ist Jan Cadieux das Opfer seines Erfolges: Der erste Meistertitel der Klubgeschichte und ein Triumph im europäischen Klubwettbewerb in der Zeitspanne von weniger als einem Jahr: Zu viel Ruhm, zu viel Ehre für eine Mannschaft mit nicht weniger als elf Spielern, die Verträge bis mindestens 2027 haben. Der gut gemeinte Ansatz, mit viel Geld Stabilität zu kaufen, fällt nun Sportchef Marc Gautschi auf die Füsse. Er hat zu viel Geld zur Verfügung und Servette uncoachbar gemacht. So ist auch Lugano nach den Jahren des Ruhmes und mit randvoller Transferkasse uncoachbar geworden und wartet inzwischen seit 2006 auf den nächsten Titel.

Uncoachbar wird eine Mannschaft dann, wenn zu viele mittelmässige Spieler auf zu hoch dotierten und zu langfristigen Verträgen sitzen und wenn der Sportchef zu viel Geld zur Verfügung hat, um zu hoch dotierte und zu langfristige Verträge abzuschliessen. Erst recht in der Euphorie traumhafter Erfolge. Robert Mayer, Tim Berni, Simon Le Coultre, Christoph Cavalleri, Alessio Bertaggia, Noah Rod und Marco Miranda haben Verträge bis 2027, Luca Hischier und Tanner Richard bis 2028 und Vincent Praplan gar bis 2029. Der Fünfjahresvertrag, mit dem Alessio Bertaggia von Lugano nach Genf gelockt worden ist, war das Startsignal zu dieser unsinnigen Politik. Er hat seit seinem Wechsel zu Servette im Sommer 2022 in 144 Spielen 12 Tore erzielt. Zuvor hatte er in Lugano in einer einzigen Saison (2019/20) 17-mal getroffen. Der grösste Sündenfall ist der Vertrag bis 2028 mit Luca Hischier, dem Bruder von NHL-Star Nico Hischier: In der Saison vor seinem Wechsel nach Genf hatte er in 35 Partien in Biel gerade noch 3 Tore erzielt.

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Die verhängnisvollste Vertragsverlängerung ist die von Robert Mayer: Ohne jede Not hat Marc Gautschi in der Festlaune des meisterlichen Frühjahres 2023 den Vertrag mit einem launischen Meistergoalie bis 2027 verlängert, der keinen anderen Klub mehr gefunden hätte. So hat er auf der wichtigsten Position des Teams eine Blockade herbeigeführt: Die Champions League hat Servette nur gewonnen, weil es Marc Gautschi gelungen ist, temporär einen ausländischen Goalie zu verpflichten (Jussi Olkinuora) und auch diese Saison dauerte es nicht lange, bis er wieder einen ausländischen Goalie holen musste (Antti Raanta). Dabei hat er doch mit Robert Mayer bereits eine überbezahlte Nummer 1. Kein Problem destabilisiert den Trainer so stark wie ein Goalie-Problem. Erst recht, wenn der Sportchef dieses Problem kreiert hat.

Bei Gottéron musste der freundliche Spielerversteher Patrick Emond gehen und Lars Leuenberger Platz machen, weil er – wie einst bei Servette – einen Larifari-Betrieb geduldet hatte. Jan Cadieux hat seinen Job bei Servette verloren, weil er – sozusagen als «Anti-Emond» – keine Halbheiten geduldet hat. Bei einer Mannschaft, bei der zu viele mittelmässige Spieler durch langfristige Verträge am längeren Hebel sitzen, nützt sich ein fordernder Trainer ab. Er ist letztlich chancenlos. Die Entlassung in Genf adelt die Arbeitsweise und Professionalität von Jan Cadieux, einem der besten jungen Trainer Europas.

Geneve-Servette's head coach Jan Cadieux celebrates with the trophy after the Champions Hockey League Final game between Switzerland's Geneve-Servette HC and Sweden's Skelleftea AIK, at ...
Ein Jahr nach dem Meistertitel triumphierte Servette auch in der Champions Hockey League.Bild: keystone

Die bisherigen Assistenten Rikard Franzén und Yorick Treille übernehmen vorerst das Kommando. Rikard Franzén ist Schwedens taktisch bessere Antwort auf Patrick Emond. Freundliche Spielerversteher sind sie alle beide. Die Spieler tanzen erst einmal auf den Tischen und den Nasen der neuen Chefs. Wer immer über diese Saison hinaus der Nachfolger von Jan Cadieux werden wird: Er übernimmt den mit Abstand schwierigsten Job der Liga: Eine uncoachbare Mannschaft mit zu vielen «fat cats».

Eigentlich ist die Entlassung von Jan Cadieux eine gute Nachricht … für Lugano. Er hat einst in Lugano gespielt (2000 bis 2003) und ist vom Profil her exakt der Coach, der Lugano wieder zum Spitzenteam machen kann. Sozusagen als der neue John Slettvoll.

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15 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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Mario 66
28.12.2024 19:27registriert November 2015
Hat der eismeister nicht damals den transfer von bertaggia als mutter aller niderlagen für lugano bezeichnet? 🧐
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Hans Hinterher
28.12.2024 19:09registriert Oktober 2021
Servette ruft: Jetzt ist der Weg frei für Dubé.
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uhl
28.12.2024 19:19registriert Februar 2019
Cadieux zu Lugano war auch mein erster Gedanke als ich von seiner Entlassung gehört habe.
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