Es war ein kleiner Dämpfer, den Granit Xhaka am Sonntag mit Leverkusen hinnehmen musste. Ein 1:1 in der Bundesliga gegen Dortmund. Dass das Unentschieden gegen den Beinahe-Meister der letzten Saison negativ heraussticht, zeigt, wie aussergewöhnlich die letzten Wochen von Leverkusen waren: 20 Spiele, 18 Siege und 2 Remis. Mittendrin in der Erfolgsgeschichte steht Granit Xhaka, den die deutschen Fans seit Anfang Saison wiederentdecken und mit etwas anderen Augen anschauen werden, seit klar ist, dass die Schweiz im kommenden Sommer ihr drittes EM-Gruppenspiel gegen Deutschland bestreitet.
Aus privilegierter Position darf Rudi Völler den Spielmacher von Leverkusen beobachten. Der Sportdirektor des deutschen Fussballverbandes wohnt in Düsseldorf nur ein paar Meter vom Schweizer Rekord-Internationalen entfernt: «Wir sehen uns nicht ganz jeden Tag, aber sicher zweimal in der Woche.» Scherzhaft fand er nach der EM-Auslosung, dass er ihn gerne im Gruppenspiel gegen Deutschland nicht sehen würde: «Aber da er ja immer spielt und nie verletzt ist, wird er leider gegen uns spielen.»
Eine Verletzung wünscht Völler seinem Nachbar ganz bestimmt nicht, nur schon weil der frühere deutsche Stürmer Leverkusen stark verbunden ist und wohl zum Werksklub zurückkehren wird, sobald er nicht mehr beim DFB engagiert ist. Der Erfolg von Leverkusen ist in den Augen von Völler stark mit Xhaka verbunden. «Er ist der Häuptling, nicht nur für die Schweiz, sondern auch in Leverkusen.»
«Wenn Rudi Völler so etwas sagt, macht das einen stolz», freut sich Granit Xhaka. Aber die Anerkennung für ihn sei ohnehin «in Deutschland definitiv höher als in der Schweiz. Da werde ich ein bisschen mehr kritisiert als hier.» Während er in der Nationalmannschaft zuletzt die Erwartungen nicht immer erfüllen konnte, ist Xhaka in der Bundesliga der Taktgeber des Leaders. Zweimal stand er bisher in der Kicker-Elf des Tages – und vor allem legt er die Basis für die Entfaltung der Mitspieler.
War Xhaka in seinen ersten Bundesliga-Jahren mit Borussia Mönchengladbach einige Male durch seine Undiszipliniertheit auf dem Feld aufgefallen, gibt es seit seiner Rückkehr im Sommer nur Positives zu berichten. Trainer Xabi Alonso verzichtet auf ihn praktisch nie. Sein von vielen Seiten kritisch kommentierter Wechsel von Arsenal zu Leverkusen erweist sich immer mehr als ein gelungener Schritt in seiner Karriere.
Für Xhaka und Leverkusen scheint in den kommenden Monaten alles möglich. Darauf wies der Basler gegenüber «DAZN» mit gewohnt selbstbewussten Worten nach dem Match vom Sonntag hin: «Wenn man sieht, dass Dortmund zu uns kommt und 90 Minuten lang nur verteidigt, dann können wir stolz sein. Das zeigt auch, was wir für eine Qualität haben.»
Dem einen oder anderen Mitspieler aus Leverkusen wird Xhaka am 23. Juni in Frankfurt gegen Deutschland gegenüberstehen. «Es gab schon ein paar Sprüche in der Kabine», verriet Xhaka und warnte vor dem seit Monaten kriselnden Gastgeber: «Deutschland ist eine gefährliche Mannschaft mit sehr viel Qualität. Hoffentlich wird es eine gute EM, erst mal für uns Schweizer – und dann vielleicht auch für Deutschland.» (nih/sda)