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Die Strenge wurde lockerer: Voss-Tecklenburg will den EM-Titel gewinnen

epa10098631 Germany's head coach Martina Voss-Tecklenburg speaks during a press conference at Wembley Stadium in London, Britain, 30 July 2022. Germany play England in the UEFA Women's EURO  ...
Sie kann auch lächeln: Voss-Tecklenburg gestern.Bild: keystone

Die Strenge wurde lockerer – Ex-Nati-Trainerin Voss-Tecklenburg will den EM-Titel

Martina Voss-Tecklenburg steht mit Deutschland im EM-Final gegen England. Das verdanke sie auch einem Wandel, sagen Weggefährtinnen.
31.07.2022, 11:1831.07.2022, 11:23
Raphael Gutzwiller / CH Media
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Ein bisschen Schweiz ist dabei heute (18 Uhr) im EM-Final zwischen England und Deutschland. Sechs Jahre lang, von 2012 bis 2018, hat Martina Voss-Tecklenburg den Schweizer Fussball geprägt, als Trainerin das Nationalteam auf ein höheres Niveau gehoben. 2015 spielte die Schweiz unter ihr die erste WM, 2017 die erste EM.

Nun erlebt Martina Voss-Tecklenburg einen Höhenflug an der Europameisterschaft mit ihrem Heimatland Deutschland, für das sie einst 125 Mal als Spielerin aufgelaufen ist. Die Chancen für das Spiel gegen Gastgeber England scheinen ausgeglichen. Für Voss-Tecklenburg wäre es der fünfte EM-Titel, sie hat als Spielerin vier Mal mit Deutschland den Titel geholt.

Der Erfolg kommt nach der kritischen Berichterstattung in Deutschland vor dem Turnier eher überraschend. Nicht aber für Inka Grings, die Trainerin der FC Zürich Frauen. «Für mich ist der Final-Einzug keine Überraschung. Denn Martina hat sich sehr entwickelt und ein echtes Team geformt.»

Fordernde, in der Schweiz ungewohnte Art

Grings kennt Voss-Tecklenburg wie keine andere in der Schweiz. Einst spielte sie gemeinsam mit ihr bei Duisburg und im Nationalteam zusammen, später waren die beiden mehrere Jahre ein Liebespaar. Auch heute noch ist der Respekt gross. «Martina ist unglaublich ehrgeizig, nach der Übernahme des deutschen Teams hat sie zu viel gewollt. Doch es ist auch eine Stärke, dass sie diese Kritik angenommen hat», so Grings.

Martina Voss-Tecklenburg ist in der Schweiz bekannt als strenge Fussballlehrerin mit eiserner Disziplin. «Bei ihr lief alles strikt nach Plan», blickt Nationalspielerin Fabienne Humm zurück. «Es war nicht immer einfach, weil ihre direkte, fordernde Art für uns in der Schweiz etwas ungewohnt war. Doch rückblickend war es für uns vielleicht das, was wir gebraucht haben. Mit ihr hat die Schweiz viel erreicht, sie hat damals einen grossen Schub im Frauenfussball gebracht.»

Switzerland's Ramona Bachmann, 2nd left, crying is consoled by Switzerland's head coach Martina Voss-Tecklenburg, from Germany, and Switzerland's players Vanessa Buerki, 2nd right, Rach ...
Voss-Tecklenburg tröstet an der WM 2015 die Schweizer Teamleaderin Ramona Bachmann.Bild: KEYSTONE

Ähnlich sieht dies Franziska Schild, die damalige Leiterin Frauenfussball beim Schweizerischen Fussballverband. «Martina hat sehr viel für die Entwicklung gemacht. Sie hat den Nationalspielerinnen das Selbstverständnis vermittelt, dass sie Grosses erreichen können.»

Siegeswille, aber auch Spass

Voss-Tecklenburg gilt als Gegenteil des heutigen Nationaltrainers Nils Nielsen, der den Spielerinnen grosse Freiheiten gibt. «Ich weiss, dass nicht alle Spielerinnen gleich viel Freude an ihrer strengen Art hatten, aber genau das hat es zu jenem Zeitpunkt gebraucht», sagt Schild, die betont, dass Voss-Tecklenburg immer sehr loyal und transparent gewesen sei. Auch als es um den Abschied aus der Schweiz in Richtung Deutschland ging.

In ihrem Heimatland angekommen, hat sich Voss-Tecklenburg verändern müssen, was Humm positiv sieht: «Wenn eine Trainerin dem Team Vertrauen gibt, dann wächst das Team zusammen. Das ist der Schlüssel des deutschen Erfolgs.»

An der EM zeichnet sich das deutsche Team durch eine Einheit aus, in dem der Siegeswille, aber auch der Spass wichtig zu sein scheint. Das ist nicht nur auf dem Platz zu sehen, sondern auch daneben. Schon fast legendär sind inzwischen die Tanzvideos der deutschen Nationalspielerinnen aus der Kabine, die in sozialen Medien kursieren.

Voss-Tecklenburg sagt selber über ihre neue lockerere Art: «Es tut den Spielerinnen gut, dass sie nicht das Gefühl haben, die Martina steht da immer mit dem erhobenen Zeigefinger und findet Dinge nicht gut, die sie gerade machen.» Die an diesem Turnier überragende Stürmerin Alexandra Popp meint gegenüber der ARD: «Es gelingt viel besser, uns Spielerinnen mit ins Boot zu nehmen. Das hatten wir in der Vergangenheit nicht so.»

Voss-Tecklenburg kann auch feiern

Auch wenn der Umgang mit den Spielerinnen lockerer ist als früher, manchmal wirkt Voss-Tecklenburg noch etwas verkrampft. Immerhin präsentiert sie hin und wieder ein verschmitztes Lächeln. «Martina ist superehrgeizig, aber sie ist auch ein offener Mensch», beschreibt Inka Grings. «Sie ist sehr hilfsbereit, kann auch sehr locker und lustig sein.»

Die FCZ-Trainerin erinnert sich auch an gemeinsame Feierlichkeiten nach Erfolgen. «Martina war nicht die Erste, die auf dem Tisch getanzt ist, aber sie war auch nie die Erste, die nach Hause gegangen ist. In diesem Bereich wird sie manchmal ein wenig unterschätzt.»

Feiern will Martina Voss-Tecklenburg heute Abend. Im noblen Teamhotel der Deutschen in Watford soll es eine Partylocation geben.

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