Es ist eine Formel, welche seit sechs Jahren effektiv angewendet werden kann: Den Frühling erkennt man daran, dass der Hamburger SV den Aufstieg verspielt. Auch in diesem Jahr scheinen die Hamburger mit dem Aufstieg vor den Augen plötzlich das Gewinnen zu verlernen.
Erst gab es gegen Eintracht Braunschweig, welche immer noch im Abstiegskampf stecken, eine 2:4-Heimniederlage und am vergangenen Samstag liess der HSV trotz 87 Minuten Überzahl gegen Schalke beim 2:2-Unentschieden Punkte liegen.
Da die Konkurrenz aber auch an diesem Spieltag wieder patzte, haben die Hamburger weiterhin einen Vorsprung von drei Punkten auf den dritten Platz. Allerdings konnte am Ostersonntag der 1. FC Köln an Hamburg vorbeiziehen und ist neuer Leader der 2. Bundesliga, und im Norden von Deutschland steigt dadurch auch wieder die Nervosität. Fast jedes Jahr seit dem Abstieg aus der Bundesliga erarbeitet sich der HSV eine günstige Ausgangslage und verspielt diese kurz vor der Ziellinie. So entstand in den letzten Jahren unter anderem auch der «Frühjahrs-Fluch».
Ein kleiner Blick zurück: Bis 2018 war Hamburg das einzige Team, welches nach über 55-jährigem Bestehen der Bundesliga noch immer nicht abgestiegen ist. Dadurch erhielt der HSV den Spitznamen Bundesliga-Dino, weshalb gar das Maskottchen vom HSV einen Dinosaurier darstellt. Bis zum Abstieg lief im Stadion eine Uhr, welche aufzeigte, wie lange die Hamburger in der Bundesliga ununterbrochen vertreten waren.
Diese besagte Uhr blieb am 12. Mai 2018 bei 54 Jahren, 261 Tagen, 36 Minuten und 5 Sekunden stehen und der Abstieg der Hamburger war besiegelt. Seither scheitert der Traditionsverein Jahr für Jahr in der Schlussphase der Saison und klassierte sich viermal auf dem vierten Platz – und zweimal sicherten sich die Rothosen zwar den Relegationsplatz, verloren aber jeweils gegen den Vertreter der Bundesliga.
Besonders bitter war der letzte Spieltag in der Saison 2022/23: Nach dem Sieg gegen Sandhausen stürmten die Fans bereits auf den Rasen und jubelten über den vermeintlichen Aufstieg, doch die Partie des direkten Konkurrenten Heidenheim war noch nicht vorbei. In der Nachspielzeit drehten die Heidenheimer das Spiel und schossen den HSV in die Barrage, in welcher er gegen Stuttgart chancenlos blieb.
Nun soll und muss es in dieser Saison endlich klappen. Durch die vielen Patzer der Konkurrenz können es die Hamburger dieses Jahr vielleicht tatsächlich nicht selbst verspielen. Zum einen spricht dafür, dass keiner der direkten Konkurrenten mit Konstanz überzeugen konnte und es somit auch verpasste, die Ausrutscher des HSV auszunutzen. Aktuell lässt an jedem Spieltag der Drittplatzierte Punkte liegen, weshalb sich niemand in Schlagdistanz bringen kann.
Das Restprogramm spricht ebenfalls klar für die Norddeutschen. Die nächsten beiden Gegner Karlsruhe und Darmstadt befinden sich weder im Aufstiegs- noch im Abstiegskampf, im letzten Heimspiel trifft man mit dem SSV Ulm auf den einzigen Gegner, welcher noch im Abstiegsrennen ist, bevor am letzten Spieltag für Greuther Fürth aller Voraussicht nach nichts auf dem Spiel stehen wird.
Auch zwei Schweizer sind beim HSV mittendrin, Miro Muheim seit dem Sommer 2021 und Silvan Hefti seit dieser Saison. Doch die beiden Hamburger haben aktuell wenig zu lachen, Miro Muheim fällt aufgrund eines Muskelfaserrisses für die nächsten Wochen aus, weshalb Hefti am vergangenen Samstag gegen Schalke zu einem 45-minütigen Einsatz kam. Die Leistung des 27-Jährigen liess jedoch zu wünschen übrig. Auch der «Kicker» kritisierte Hefti stark: «Der Schweizer Landsmann ist ein Schwachpunkt, er verteidigt fahrig, ist hölzern im Aufbau.» Nach der ersten Halbzeit wurde Hefti erlöst.
Auch die Vorfreude in der Hansestadt steigt. Für das Heimspiel gegen Ulm haben sich einige Fans der Hamburger eine Vereinsmitgliedschaft bei den Ulmern gelöst, damit sie über den Verkauf der Gästetickets an das womöglich entscheidende Spiel gehen können und den langersehnten Aufstieg im eigenen Volkspark feiern können.
Die Hamburger sind schon so lange zweitklassig, dass sie mittlerweile zum Dino der 2. Bundesliga mutiert sind. Kein Team ist so lange ununterbrochen in der zweithöchsten Liga von Deutschland vertreten wie die Rothosen. Höchste Zeit also für den HSV, in das Oberhaus zurückzukehren.