Szymon Marciniak gilt derzeit als einer der besten Schiedsrichter der Welt. Der polnische Unparteiische leitete das WM-Endspiel zwischen Argentinien und Frankreich in Katar und er soll am 10. Juni in Istanbul auch den Final zwischen Manchester City und Inter Mailand in der UEFA Champions League pfeifen.
Doch nun gibt es schwerwiegende Vorwürfe gegen den prominenten Referee. Demnach soll der 42-Jährige in der vergangenen Woche als Hauptredner bei einer Veranstaltung polnischer Rechtsextremisten aufgetreten sein, wie der britische «Guardian» berichtet. Organisiert wurde das Event im polnischen Katowicze demnach auch von Slawomir Mentzen. Dessen Geisteshaltung kulminiert in dem Slogan: «Wir sind gegen Juden, Schwule, Abtreibung, Steuern und die Europäische Union.»
Der in Polen bekannte Rechtspopulist gehört zur Führungsriege des rechtsextremen und EU-kritischen Bündnisses Konfederacja. 2021 war Mentzen in die Schlagzeilen geraten, nachdem er ein Craftbeer auf den Markt gebracht hatte, das den Namen White IPA Matters trug. Dieser richtete sich gegen die damals insbesondere in den USA, aber auch in Europa verbreitete «Black Lives Matters»-Bewegung, die sich gegen Diskriminierung und für die Einhaltung der Menschenrechte einsetzte.
Bei der von Mentzen organisierten Veranstaltung namens «Everest» soll es sich laut eines polnischen Anti-Rassismus-Bündnisses um eine Zusammenkunft von Rechtspopulisten gehandelt haben, angekündigt war das Event offenbar recht harmlos als Treffen zum Netzwerken mit anschliessender Bierverkostung.
Tatsächlich, so der Verein «Nigdy Wiecej» («Nie Wieder»), habe es sich jedoch um eine Veranstaltung zur Vorbereitung des Wahlkampfs in Polen gehandelt. Die Partei Konfederacja könnte bei den Wahlen eine entscheidende Rolle spielen. Umfragen zeigen, dass sie Königsmacher im zukünftigen polnischen Parlament werden könnte.
Der Verein «Nie wieder» richtete eine offizielle Beschwerde an den europäischen Fussballverband UEFA und wies darin auf den Auftritt des Schiedsrichters hin. «Wir sind schockiert und entsetzt, dass Marciniak sich öffentlich mit jemandem wie Mentzen und dessen gefährlicher, rechtsextremer Politik gemein macht», sagte Rafal Pankowski, einer der Sprecher des Vereins. Mit den Werten des Fussballspiels wie Fairplay und Respekt sei das Verhalten des Referees nicht vereinbar.
CHAMPIONS LEAGUE REFEREE IN A ROW OVER FAR-RIGHT LINKS
— NEVER AGAIN/NIGDY WIĘCEJ (@StowNIGDYWIECEJ) June 1, 2023
News from the ‘NEVER AGAIN’ Association
The ‘NEVER AGAIN’ Association has called upon the Champions League final referee, Szymon Marciniak, to distance himself from far-right activities.https://t.co/Rlopv5dU6W pic.twitter.com/TwXD2g798f
Laut «Guardian» hat der Verband nun Ermittlungen in der Sache aufgenommen. «Die UEFA ist sich der Anschuldigungen gegen Szymon Marciniak bewusst und drängt auf eine umgehende Aufklärung», hiess es in einer Stellungnahme des Verbands. «Die UEFA und mit ihr die gesamte Fussballgemeinschaft verabscheut die Werte, die von der fraglichen Gruppe vertreten werden.» Das polnische Bündnis Konfederacja hatte sich in Anlehnung an die amerikanischen Südstaaten benannt, die im Bürgerkrieg für die Beibehaltung der Rassentrennung und Sklaverei kämpften.
Zudem kündigte die UEFA eine weitere Stellungnahme im Laufe des Freitags an. Man wolle erst alle Fakten prüfen, hiess es.
Marciniak selbst bezog auf eine Anfrage des Vereins «Nie Wieder» hin Stellung. «Als langjähriger internationaler Fussballschiedsrichter stehen für mich Fairplay und Respekt gegenüber anderen Menschen immer an erster Stelle und ich möchte diese höchsten Werte an andere weitergeben. Ich halte mich immer von Anzeichen von Rassismus, Antisemitismus und Intoleranz fern.» Er wolle gegen den Hass zwischen Menschen vorgehen, so der 42-Jährige, und versuchen, ein guter Mensch zu sein.
Zu seinem Auftritt bei der von Mentzen organisierten rechtsextremistischen Veranstaltung äusserte sich Marciniak bislang nicht. Ob er am 10. Juni im Stadion von Istanbul das Champions-League-Finale pfeifen darf, dürfte derzeit fraglich sein. (nih/t-online)