Es ist das Jahr der grossen Rückkehr der Traditionsklubs: In der Schweiz ist der dreifache Meister Winterthur nach 37 Jahren in die höchste Spielklasse zurückgekehrt, in Deutschland spielen die einstigen Europacup-Sieger Werder Bremen und Schalke in der kommenden Saison wieder in der Bundesliga, in Frankreich ist die AJ Auxerre, Meister 1996 und vierfacher Cupsieger, nach acht Jahren wieder aufgestiegen.
Der renommierteste Name ist aber in England auf die grosse Fussball-Landkarte zurückgekehrt. Neben den direkten Aufsteigern Fulham und Bournemouth hat sich gestern Nottingham Forest mit einem 1:0-Sieg im Playoff-Final gegen Huddersfield den dritten freien Platz in der Premier League ergattert. 23 Jahre mussten die Fans der «Reds» auf diesen Moment warten.
Sliding into the Premier League like 🤪
— Nottingham Forest FC (@NFFC) May 30, 2022
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1978 wurde Forest unter dem legendären Trainer Brian Clough als Aufsteiger Meister und gewann in den beiden folgenden Jahren den Europacup der Landesmeister, den Vorläufer der heutigen Champions League. Bis heute sind die «Tricky Trees» damit der einzige Verein, der häufiger die Königsklasse als den nationalen Meistertitel gewonnen hat. Die Stars damals: Torhüter Peter Shilton, Torjäger Trevor Francis sowie Aussenverteidiger Viv Anderson, der 1978 zum ersten dunkelhäutigen Nationalspieler Englands wurde.
Doch an diese drei goldenen Jahre konnte Nottingham später nie mehr anknüpfen. Ende der 1980er-Jahre gewannen die «Reds» noch zweimal den League Cup, in der neu gegründeten Premier League begann aber der schleichende Abstieg. Zunächst eine Lift-Mannschaft verschwand Forest 1999 dann für längere Zeit von der grossen Fussballbühne. In der zweiten Liga belegte Nottingham meist einen der hinteren Mittelfeldplätze, drei Jahre verbrachte man gar in der drittklassigen League One.
Als 2012 der Besitzer Nigel Doughty mit nur 54 Jahren an Herzversagen verstarb, wurde der Verein an einen Geschäftsmann aus Kuwait verkauft. Doch der erhoffte, der schnelle Erfolg blieb aus, stattdessen schrieb Nottingham nun auch ausserhalb des Platzes häufig negative Schlagzeilen. Die Negativ-Höhepunkte waren Verstösse gegen das Financial Fairplay sowie eine Teilsperrung des City Ground, der Heimspielstätte von Forest, wegen Missachtung der Sicherheitsbestimmungen.
Seit 2017 ist Evangelos Marinakis, der auch Präsident vom griechischen Serienmeister Olympiakos Piräus ist, das Zepter. Der griechische Reeder verfolgte seither – nicht ohne die nötigen Investitionen – einen klaren Plan, wie er die «Tricky Trees» zurück an die englische Spitze führen will.
Unter seiner Führung stabilisierte sich der Klub finanziell wie sportlich. Im letzten Sommer holte Marinakis den ehemaligen US-Profi Dan Murphy als neuen Geschäftsführer, der seitdem den Kader erfolgreich reduziert und verjüngt hat. Teure Superstars sucht man in der Mannschaft seither vergebens, stattdessen setzte man auf zahlreiche junge und hungrige Talente.
Mit dem ehemaligen Brighton-Coach Chris Hughton wollten die «Reds» in dieser Saison endgültig den Aufstieg anvisieren, doch der Saisonstart ging komplett in die Hosen. Nach nur einem Punkt aus den ersten sieben Ligaspielen musste Hughton seinen Hut nehmen. Steve Cooper übernahm an der Seitenlinie – es war der Beginn einer Erfolgsgeschichte.
Der englische U17-Weltmeister-Trainer von 2017 war zuvor jahrelang Jugendtrainer beim FC Liverpool und feierte später als Chefcoach beachtliche Erfolge mit Cardiff City. Sein grösstes Plus für Nottingham war aber, dass er es fast wie kein anderer auf der Insel versteht, Talente zu fördern und diese auf ein neues Level heben.
Stürmer Brennan Johnson (20), Flügelflitzer Djed Spence (21), Spielgestalter Ryan Yates (24) und Innenverteidiger Joe Worrall (25) bilden zusammen mit Abwehrchef Scott McKenna (25), Routinier Steve Cook (31) und Torhüter Brice Samba (28) das Rückgrat der Mannschaft.
Steve Cooper gets ambushed by the Nottingham Forest players during his post-match interview 🤣 pic.twitter.com/XPItczIqRv
— Football Daily (@footballdaily) May 29, 2022
Im Playoff-Spiel brauchte Nottingham trotz der vielen jungen Talente ein Eigentor von Huddersfields Levi Colwill sowie – nach einem klaren Foul im eigenen Strafraum an Harry Toffolo – etwas VAR-Glück, um sich die Rückkehr in die Erstklassigkeit und die 200 Millionen Euro an Prämien, die ein Premier-League-Aufsteiger kassiert, zu sichern. Doch das war allen Beteiligten nach dem Schlusspfiff egal. Ausgiebig wurde der langersehnte Aufstieg im Wembley gefeiert.
Für Klubboss Marinakis ist aber erst ein Zwischenziel erreicht. Der Grieche will Forest nicht nur in der Premier League halten, sondern gleich wieder zurück an die Spitze führen. «Es ist eine magische Nacht», erklärte der milliardenschwere Besitzer bei «Sky Sports». «Wie ich vor fast fünf Jahren sagte, müssen wir Nottingham Forest dahin zurückbringen, wo es hingehört. Jetzt wollen wir mehr, und zwar so weit oben wie möglich landen.»
See you all in the Premier League #BELIEVE pic.twitter.com/dqZnKdAex5
— Miltiadis Marinakis (@mil7iadis) May 29, 2022
Sein Sohn Miltiadis Marinakis fügte an: «Das ist nur der erste Schritt, die Reise hat gerade erst begonnen. Wir wollen investieren und Spieler kaufen, um ein Team aufzubauen, das mit jedem in England mithalten kann.» Als Aufsteiger Meister werden und dann zweimal hintereinander die Champions League zu gewinnen, ist heute wohl nicht mehr möglich. Aber Nottinham Forest ist definitiv in die Premier League zurückgekommen, um zu bleiben.
We are Nottingham.
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