Eine letzte Provokation musste Robert Lewandowski noch über sich ergehen lassen, bevor er sich am Dienstagvormittag in München endgültig vom FC Bayern verabschiedete. «Hala Madrid!», riefen ihm ein paar Fans zu, als er gegen 11 Uhr zum allerletzten Mal aus der Tiefgarage der Vereinsanlage an der Säbener Strasse vorfuhr.
Lewandowski, der nach einem von vielen Nebengeräuschen begleiteten Transfertheater gerade für bis zu 50 Millionen Euro inklusive Bonuszahlungen von den Bayern zum FC Barcelona gewechselt ist, nahm es gelassen und liess sich von der Anspielung auf Barças Erzrivalen Real nicht aus der Ruhe bringen. Er streckte seine linke Hand aus dem Fenster, zeigte mit dem Daumen nach oben, winkte den Fans noch mal zu und trat dann aufs Pedal seines roten Audi e-tron GT RS.
#Lewandowski leaving Munich. Bayern fans: "Hala Madrid!" #FCBayern @SPORT1 @Carsten_Arndt pic.twitter.com/kHCoiZoHIy
— Kerry Hau (@kerry_hau) August 2, 2022
Dass Lewandowski nach den Querelen der vergangenen Wochen bei seiner Rückkehr nach München auf Versöhnungskurs unterwegs war, konnte man durchaus auch daran erkennen, dass er in seinem alten Dienstwagen des Klubsponsors erschienen war.
Nachdem er knapp zwei Stunden an der Säbener Strasse verbracht und sich persönlich von Vorstandsboss Oliver Kahn, Sportvorstand Hasan Salihamidzic sowie seinen langjährigen Mannschaftskollegen und dem Trainerteam um Julian Nagelsmann persönlich verabschiedet hatte, fand er auch dementsprechende Worte.
«Ich bin schon traurig, aber kann jetzt mit reinem Herzen weitergehen», sagte der 33-Jährige zu Sky, der die Bayern-Bosse zuletzt noch in einem Interview bei ESPN der Lüge bezichtigt und behauptet hatte, man habe «bullshit» über ihn erzählt. «Es ist alles okay», sagte er nun. «Die letzten Wochen waren ein bisschen kompliziert für alle. Trotzdem werde ich nie vergessen, was die letzten acht Jahre hier passiert ist.» Er habe sich «bei allen bedankt. Das war ein emotionaler Moment und auch ein schwieriger Moment für mich, das ist nicht so leicht.»
Seit 2014 und seinem ablösefreien Wechsel von Borussia Dortmund war der Starstürmer für den FC Bayern aufgelaufen. Dabei gewann er mit den Münchnern achtmal die deutsche Meisterschaft, dreimal den DFB-Pokal und 2020 die Champions League. Insgesamt erzielte er 344 Tore in 375 Pflichtspielen für die Bayern und wurde zuletzt zum zweiten Mal in Folge als FIFA-Weltfussballer ausgezeichnet. Am Montagabend weilte der Topstürmer auch noch einmal in der Allianz Arena, wo er Abschiedsfotos mit all seinen gewonnenen Pokalen machte. Damit schloss er das überaus erfolgreiche Kapitel seiner Karriere aber dann auch endgültig ab.
«Es war schön, dass Robert noch einmal bei mir im Büro vorbeigeschaut hat», sagte Kahn. «Wir haben uns über alles unterhalten, gehen im Guten auseinander und werden auch in Zukunft in Kontakt bleiben.»
Auch Salihamidzic habe sich «noch einmal 15 Minuten» mit Lewandowski unterhalten. «Ich habe alles angesprochen, wir haben alles geklärt», so Salihamidzic, der seine Gefühlslage vor dem Treffen bei «Bild» noch als «emotionslos» beschrieben und gesagt hatte: «Ich kann nicht nachvollziehen, was er in den letzten Tagen von sich gegeben hat. Mein Papa hat mir beigebracht, dass ich nicht die Tür mit dem Hintern zumachen soll, wenn ich irgendwo weggehe.» Nun sagte Salihamidzic: «Robert hat für den FC Bayern Grosses geleistet, das soll in Erinnerung bleiben. Auch er weiss, was er dem FC Bayern zu verdanken hat.»
Er werde nie vergessen, «was ich hier bekommen habe», sagte Lewandowski. «Die Fans waren für mich immer sehr wichtig. Das bleibt in meinem Herzen für immer.»