Raoul, St. Gallen: Wie lange spielst Du schon Fussball?
Fabian Rieder: Ich spiele eigentlich Fussball, seit ich laufen gelernt habe. Im Verein habe ich mit vier oder fünf Jahren angefangen. Erst in meinem Dorf beim Koppiger SV, dann beim FC Solothurn. Von dort habe ich zu YB gewechselt, wo ich auch jetzt noch spiele.
Raoul: Wenn Du an der WM gut spielst, willst Du dann zu einem anderen Klub, zum Beispiel Real Madrid, wechseln?
Zuallererst wäre es für mich nur schon schön, wenn ich an der WM überhaupt zum Einsatz komme. Für mich ist es nur schon ein Erlebnis, dass ich überhaupt im Aufgebot der Schweizer Nationalmannschaft stehe. Ich bin ja erst 20 und auch erst seit einem Jahr Stammspieler bei YB. Ich gehe nicht nach Katar mit der Ambition, dass ich jedes Spiel absolviere oder in jedem Spiel eingewechselt werde. Zu Deiner Frage: Fussball ist ein sehr schnelllebiges Geschäft. Und ich stehe immer im engen Austausch mit der sportlichen Leitung von YB. Unser Ziel ist es, dass ich bis im Sommer in Bern bleiben und hier den Meistertitel feiern kann.
Finn, Brugg: Welches ist Dein Traumverein, bei welchem Du gerne mal spielen würdest?
Mein Traumverein ist, seit ich etwa zehn Jahre alt war, der FC Bayern München. Ich habe die Bundesliga schon als kleines Kind verfolgt, immer die Sportschau geschaut am Samstagabend. Ich war auch bei ein paar Spielen in der Allianz-Arena. Und es wäre sicher ein Traum von mir, dort mal spielen zu können. Oder in England in der Premier League.
Manuel, Olten: Hast Du mit dem Aufgebot für die WM in Katar gerechnet?
Erwartet wäre jetzt etwas zu viel gesagt. Für mich war es 50:50. Ich hatte eine kleine Hoffnung. Ich habe vor ein paar Monaten schon einmal mit Nationaltrainer Murat Yakin telefoniert, als die Schweiz in der Nations League im Einsatz stand. Dort spielte ich dann aber für die U21-Nati. Aber ich wusste, dass ich bei der A-Nati auf dem Radar bin. Dass es jetzt gereicht hat, ist dennoch nicht selbstverständlich. Es ist schliesslich mein erstes Aufgebot für die A-Nati.
Franco, Zürich: Wie haben Deine Teamkollegen bei YB auf das Aufgebot reagiert?
Wir haben bei YB eine sehr familiäre Beziehung unter den Spielern. Alle haben sich extrem gefreut für mich und mir gratuliert. Für mich war das doppelt schön.
Joel, St. Gallen: Wieso hast Du angefangen mit Fussball spielen?
Das kann ich Dir gar nicht so genau sagen. Mein Vater hat sich schon immer sehr für Fussball interessiert und auch selber gespielt. Eine Geschichte, die meine Mutter immer gerne erzählt: Mein Vater hat offenbar schon Fussballschuhe für mich gekauft, bevor ich überhaupt auf der Welt war (lacht). Er hat meine Karriere sicher in die Wege geleitet. Mit ihm stand ich auch, seit ich laufen kann, auf dem Fussballplatz. Aber er hat mich nie gepusht. Ich habe selber immer unheimlich gerne gespielt.
Manuel, Olten: Bist Du nervös, wenn Du an daran denkst, dass Du an der WM vor einem Milliardenpublikum spielen wirst?
Ja, definitiv! Ich war noch selten so nervös wie in dem Augenblick, als mich Nationaltrainer Murat Yakin angerufen hat. Und ich kann mir gar nicht vorstellen, wie es sein wird, wenn ich das erste Training bestreite, mit all den grossen Namen wie Xhaka, Shaqiri oder Okafor. Das wird ein unheimliches Gefühl sein, auf welches ich mich freue. Ich denke, dass eine gewisse Nervosität normal ist. Ich habe nichts zu verlieren und werde versuchen, mich von meiner besten Seite zu zeigen.
Aniel, Aarburg: Wie fühlt es sich an, wenn man in einem vollen Stadion zum Penaltyschiessen antreten muss?
Ich musste erst einen Penalty schiessen, in Anderlecht, im Playoff zur Conference League. Der ging zum Glück rein. Aber es haben mich 25'000 Zuschauer ausgepfiffen. Es ist immer ein spezielles Gefühl, wenn man vor so vielen Fans spielen kann. Das muss man aufsaugen und versuchen, in positive Energie umzuwandeln. Generell ist es bei mir so, dass es mich anspornt, wenn wir auswärts vom Publikum ausgepfiffen werden. Genauso pusht es mich, wenn ich bei uns im Wankdorfstadion vor 30000 Zuschauern spielen darf.
Anton, St. Gallen: Wie ist es für einen Spieler wie Deinen Klubkollegen Cédric Itten, dass er nicht an die WM fahren darf?
Ich finde es schade, kann er nicht mit nach Katar kommen. Jeder in unserer YB-Mannschaft hätte ihm das gewünscht. Aber auch Enttäuschungen gehören zum Fussball-Business. Damit muss man umgehen können und versuchen, das Beste daraus zu machen.
Liam, Aarau: Hast Du schon immer im Mittelfeld gespielt? Oder würdest Du lieber auf einer anderen Position spielen?
Ich habe schon immer dort gespielt. Es ist auch meine Lieblingsposition, wo meine Stärke am besten zur Geltung kommen. Ich kann mir fast nicht vorstellen, auf einer anderen Position zu spielen – ausser, der Trainer verlangt es von mir. Dann würde ich dort natürlich auch mein Bestes geben.
Lia, St. Gallen: Wenn Du den Klub wechseln müsstest, wohin würdest Du wollen?
Schwierige Frage. Das kann man sich nicht immer aussuchen. Aber ich würde schon sehr gerne nach Deutschland in die Bundesliga wechseln. Warten wir mal die nächsten Monate ab und schauen dann, ob und welche Vereine Interesse haben könnten an mir.
Lea, Zürich: Kann die Schweiz Weltmeister werden?
Das wird sicher schwierig. Aber nichts ist unmöglich. Man hat es 2018 gesehen, als die Kroaten bis in den WM-Final vorgestossen sind. Die spielten damals ein super Turnier. Was zeigt: Wenn man einen Lauf hat, kann viel passieren. Wir haben in der Schweizer Nationalmannschaft auf jeden Fall viel Qualität.
Fabian, Olten: Hast Du Angst, dass Du Dich am letzten Wochenende vor der WM noch verletzen könntest?
Das ist zum Glück nicht mehr möglich, weil ich nach vier gelben Karten gesperrt bin (lacht). Generell sollte man aber sowieso nie daran denken, dass man sich verletzen könnte. Genau dann passiert es meistens doch. Darum: Immer mit positiven Gedanken in ein Spiel gehen.
Lara, St. Gallen: Wie bereitest Du Dich auf ein Spiel vor?
Wir haben eigentlich immer denselben Ablauf: Wir sind am Spieltag immer im Hotel. Ich versuche, zweieinhalb Liter zu trinken, weil man die Flüssigkeit wieder rausschwitzt während des Spiels. Dazu gilt es, genügend Kohlehydrate zu essen. Ebenso wichtig ist genügend Schlaf.
Lara, St. Gallen: Wer ist für Dein WM-Favorit?
Brasilien gehört sicher immer zu den Favoriten. Dazu Deutschland und Frankreich.
Manuel, Olten: Was hältst Du von der Idee, im Schweizer Fussball Playoffs einzuführen?
Ich halte nicht allzu viel davon. Playoffs passen meiner Meinung nach nicht zum Fussball. Stellt euch vor, wir führen mit YB nach der regulären Meisterschaft die Tabelle mit zehn Punkten Vorsprung an, müssen dann ins Playoff, wo wir sechs verletzt Spieler ersetzen müssen und verlieren dann die Meister-Entscheidung. Das wäre nicht gerecht. Bei Playoffs spielt der Faktor Glück eine viel zu grosse Rolle.
Finn, Brugg: Wer ist Dein Idol?
Kevin De Bruyne, er ist ein phänomenaler Fussballer.
Franco, Zürich: Wie findest Du es, auf Kunstrasen zu spielen?
Ich bin es gewohnt, weil ich schon als Kind immer auf Kunstrasen gespielt habe. Aber natürlich geht das Herz eines jeden Fussballers auf, wenn er auf einem perfekten Naturrasen, wie wir ihn vom Wembley-Stadion kennen, spielen kann.
Lia, St. Gallen: Wie häufig trainierst Du pro Woche?
Wir trainieren jeden Tag mindestens einmal. Teilweise kommt noch ein individuelles Training am Nachmittag dazu. Drei und vier Tage vor einem Spiel sind die intensivsten Einheiten. Da trainieren wir auch mal zweieinhalb Stunden.
Raoul, St. Gallen: Was hältst Du davon, dass die WM in Katar stattfindet?
Eigentlich ist das Problem überholt. Der Fehler passierte vor vielen Jahren, als die WM an Katar vergeben worden ist. Auch wenn ich dagegen bin, dass die WM in Katar stattfindet, kann ich als Spieler nicht viel dagegen tun. Ich habe viele Dokus geschaut. Das ist alles nicht schön. Und es sollte eigentlich auch nicht passieren, dass eine WM so vergeben wird.
Raoul, St. Gallen: Wo würdest Du Dir die WM wünschen? Natürlich in der Schweiz. Das wäre sehr schön.
Finn, Brugg: Was machst du in Deiner Freizeit am liebsten?
Ich unternehme sehr viel mit meinen Teamkollegen. Wir sind häufig in der Stadt Bern unterwegs. Und am Abend verbringe ich viel Zeit mit meiner Freundin, mit der ich zusammenwohne. Wir gehen gerne auch mal ins Kino oder Bowling spielen.
Manuel, Olten: Bist Du zufrieden mit dem Lohn, den Du bei YB für Deine sehr guten Leistungen erhälst?
Ich bin zufrieden. Viel mehr kann ich dazu nicht sagen.
Lia, St. Gallen: Wer ist Dein Lieblingsspieler in der Schweizer Nati?
Ich fand Granit Xhaka schon immer einen super Fussballer. Er ist mein Schweizer Idol.
Franco, Zürich: Was machst Du, wenn Deine Fussballkarriere vorbei ist?
Darüber muss ich mir noch nicht viele Gedanken machen, weil ich ja erst 20 bin und noch eine lange Karriere vor mir habe. Ich würde wahrscheinlich sehr gerne weiter im Fussballbusiness arbeiten. Sei es als Trainer, Sportchef oder sonst in irgendeiner Funktion.
Lia, St. Gallen: Wer ist Dein Lieblingsspieler aus der Super League?
Schwierige Frage. Ich sage mal, mein Teamkollege Christian Fassnacht.
Raoul, St. Gallen: Wen findest du besser: Messi oder Ronaldo?
Ich finde beide grossartige Spieler. Aber ich war schon immer eher ein Messi-Fan. Aber auch Ronaldo ist für jeden jungen Spieler ein super Vorbild.
Lia, St. Gallen: Wie findest du Yann Sommer?
Er ist ein super Goalie, der sowohl bei Gladbach wie auch in der Schweizer Nati seit vielen Jahren herausragende Leistungen bringt. Aber nicht nur auf dem Platz, sondern auch daneben, sind seine Auftritte beeindruckend. Noch kenne ich ihn nicht persönlich. Aber das wird sich ja bald ändern, wenn am Montag die Vorbereitung auf die WM beginnt.
Manuel, Olten: Was denkst du, was Ihr an der WM gegen Serbien machen werdet?
Gewinnen, hoffe ich natürlich.
Manuel, Olten: Was hast Du gemacht, bevor Du Fussballprofi geworden bist?
Ich war erst im Gymnasium. Aber weil ich schon damals in der Junioren-Nati gespielt habe, fehlte ich pro Jahr zehn bis zwölf Wochen in der Schule. Den Stoff musste ich natürlich nachholen. Weil ich aber nicht der allerbeste Gymi-Schüler war, stieg in nach eineinhalb Jahren aus und begann eine Sport-KV-Lehre, die ich letztes Jahr mit einem 5er-Notenschnitt abgeschlossen habe.
Lara, St. Gallen: Könntest Du Dir einen anderen Sport als Fussball vorstellen?
Ich ging früher sehr gerne Skifahren und war auch gut darin. Aber ob ich dort so talentiert bin wie im Fussball, weiss ich nicht.
(aargauerzeitung.ch)