Mit dem Nationalteam begeistert Lia Wälti derzeit ein ganzes Land. An der Heim-Europameisterschaft hat die Schweiz den Einzug in den Viertelfinal geschafft, wo sie am Freitag (21 Uhr) auf Spanien trifft. Wälti ist für diesen Erfolg nicht nur als ordnender Fuss im Mittelfeld verantwortlich, sondern auch als Anführerin und Captain. Nun liess die 32-Jährige auch neben dem Feld aufhorchen.
Bei der Pressekonferenz am Montagnachmittag wurde sie auf einen Anfang des Jahres von ihr geäusserten Wunsch, dass der Fussball der Frauen nicht so werden solle wie jener der Männer, angesprochen und gefragt, was sie damit meine. Wälti führte an, dass es eine schwierige Frage sei. Denn: «Oftmals, wenn wir über Gleichberechtigung reden, wird immer gesagt, dass wir den gleichen Lohn wollen. Darum geht es aber nicht!»
Vielmehr bemühten sich Wälti und ihre Kolleginnen darum, dass «für die Mädchen die genau gleichen Bedingungen geschaffen werden wie für die Jungs». Noch immer werden Mädchenteams in den Fussballklubs häufig stiefmütterlich behandelt. Wenn wegen des Wetters oder aus anderen Gründen nur ein Team auf dem Rasen trainieren kann, werde meist die Einheit der Mädchen gestrichen. Häufig wird zudem kritisiert, dass es vielerorts von allem zu wenig gebe: Trainerinnen, Kabinen, Schiedsrichter und Felder. So sagte beispielsweise Ex-Nationalspielerin Prisca Steinegger vor dem Turnier: «In Sachen Infrastruktur sind wir in der Schweiz am Limit.» Dies sei nicht nur, aber vor allem bei den Mädchen der Fall. Die Hoffnung ist gross, dass die EM hier für nachhaltigen Aufwind sorgen kann.
Wälti erklärte zudem, dass es in der Schweiz in Zukunft auch bei den Frauen eine Profiliga brauche. Jedoch stellte der Arsenal-Profi auch klar: «Aber die Dimensionen anzustreben, die es bei den Männern gibt? Ich weiss nicht, ob wir das wollen.» Die 130-fache Nati-Spielerin kritisierte: «Ich finde es unmenschlich. Kein Mensch ist so viel wert, wie ein Fussballer verdient. Es gehen auch die Werte verloren oder sind schon verloren gegangen.»
Bei den Frauen sei der Fussball hingegen noch «familiär, zugänglich und sicher». Dies hätten ihr auch viele Menschen bestätigt, die während der EM in der Schweiz die Spiele besucht hätten. «Das schönste Feedback, das ich erhalten habe, war, dass die Stimmung extrem friedlich war. Das zeichnet uns im Moment noch gegenüber dem Männerfussball aus und ich hoffe, dass das so bleibt», berichtete Wälti.
Dass sich die Emmentalerin kritisch über die Gelder im Männerfussball äussert, ist nicht neu. Schon im Mai sagte sie bei «Gredig direkt», dass die Summen viel zu hoch seien. «Es gibt viele Berufe in der Welt, die viel mehr Anerkennung erhalten sollten – auch finanziell», so Wälti. Gleichzeitig sei aber auch der Fall, dass die Frauen noch zu wenig verdienen würden. Angeblich verdiene der bestbezahlte Mann bei Arsenal so viel in einer Woche wie die bestbezahlte Frau der Gunners im Jahr. Selbst als Spielerin in England verdiente sie lange nur so viel wie eine KV-Angestellte; bei vielen Nati-Spielerinnen, die im Ausland spielen würden, sei das Gehalt «massiv tiefer».
Viele Fussballerinnen müssen neben dem Sport deshalb noch arbeiten, was in Wältis Augen nicht nur negativ sei. «Die Spielerinnen kommen alle aus einer ganz anderen Richtung, haben ganz andere Ausbildungen gemacht, arbeiten zum Teil sogar noch. Wir haben hier ganz andere Gesprächsthemen als beispielsweise bei Arsenal, wo der Fokus nur auf dem Fussball liegt», erklärte die Nummer 13 der Nati.
Auch das dürfte Wälti gemeint haben, als sie sagte, dass die finanziellen Dimensionen des Männerfussballs nicht unbedingt erstrebenswert seien. Gewisse Werte solle der Frauenfussball dem ganz grossen Geld also lieber vorziehen.
Sie bringt etwas mit, das man Profisportler und Profisportlerinnen oft abspricht: ein besonderes Mass an gesundem Menschenverstand und Intelligenz.