Brennt nun der Baum bei den Serben? Weil die Betroffenen proaktiv oder – je nach Sichtweise – reaktiv vorgehen, haben sie immerhin selbst den Feuerlöscher dabei. Anders ist nicht zu erklären, dass zwei Tage vor der kapitalen Partie gegen die Schweiz auch Dusan Vlahovic wie Filip Kostic und damit zwei weitere Topakteure am offiziellen Pressetermin erscheinen. Beide Spieler stehen wegen ihrer Form in der Kritik, Vlahovic wird darüber hinaus öffentlich verunglimpft. Das hat seine Gründe.
Einerseits geht es um eine angebliche Affäre mit der Frau eines Mitspielers (Ersatzgoalie Predrag Rajkovic), wobei Vergleichbares auch Nemanja Gudelj nachgesagt wird – Nationalspieler Luka Jovic soll hier Leidtragender sein. Andererseits war Vlahovic wohl im Trainingsbetrieb Auslöser für eine Auseinandersetzung unter den Spielern. Zudem, so schreiben serbische Medien, herrsche in der Kabine auch wegen ihm das Chaos.
Was stimmt, was nicht, ist für die Schweiz nicht von Belang. Es zeigt aber: Im serbischen Lager herrscht grosse Unruhe, die Gerüchte halten sich hartnäckig. An Vlahovic, 22-jähriger Stürmer von Juventus Turin, scheiden sich jedenfalls die Geister, offenbar auch jener Geist von Dragan Stojkovic, dem Trainer. Also gilt es, die atmosphärischen Störungen an diesem Mittwochabend abzuarbeiten.
Vlahovics erste Antwort dauert lange, sie ist ein vierminütiger Monolog. Er sagte: «Es tut mir sehr leid, die Konferenz so zu beginnen. Ich muss reagieren, weil es um mich geht. Was geschrieben wird über mich, ist Unsinn. Ich möchte nur die Integrität meines Namens schützen und werde mich rechtlich und juristisch verteidigen, wenn es sein muss.» Es gebe auch kein Problem zwischen ihm und dem Trainer.
Dass dies genau anders ausgelegt wurde, hat Vlahovic sich selbst zuzuschreiben, nachdem er zuletzt gegen Kamerun nicht eingesetzt und als Grund eine nicht vollständig ausgeheilte Verletzung angegeben worden war. Trotzdem schrieb er nach dem Spiel in den sozialen Medien: «Ich bin bereit.»
Nun, wie er auf die anwesenden Journalisten herunterblickte, sagte der Angreifer, es sei alles abgesprochen gewesen. «Am Freitag wird der Trainer entscheiden, ob ich spiele, ich bin fit. Und ich bin immer stolz, unser Leibchen zu tragen – so hatte man meine Nachricht zu verstehen.» Kostic sagte:
Für Unruhe sorgte auch Zdravko Kuzmanovic mit seinem Interview auf «20 Minuten». Der frühere Spieler des FC Basel und der serbischen Nationalmannschaft tat dies wie ein Heckenschütze aus dem Nichts heraus und nannte darin die Doppeladler-Gesten eine Schande. Sportliches und Politik müsse man trennen, das hätten Granit Xhaka und Xherdan Shaqiri nicht gemacht.
Kuzmanovic sagte:
Die Sätze waren ein klassisches, bewusst platziertes Eigengoal, mit dem der 35-Jährige nun zu leben hat. Die serbischen Medien – nicht die Spieler – nahmen die Aussagen natürlich auf, allen voran für den Boulevard waren sie ein gefundenes Fressen.
Die Tageszeitung «Alo!» versteht es ausserdem nicht, dass die Fifa «eine Staatsaffäre» aus jener serbischen Fahne gemacht habe, welche über die kosovarischen Landesgrenzen gelegt war. Das Bild war aus der Kabine der Serben aufgetaucht, woraufhin der kosovarische Verband heftig interveniert hatte beim Weltverband. «Der kosovarische Verband soll das Maul halten, keine Unruhe stiften und nicht unsere Spieler stören», schrieb «Alo!».
Doch im Prinzip ist es ruhig im serbischen Blätterwald. In der Heimat verhandelt man nicht über Xhaka und Shaqiri, vielmehr geht man mit den eigenen Akteuren hart ins Gericht. Und hadert mit den Verletzten und Angeschlagenen, insgesamt sieben Spieler. Als ob die serbische Mannschaft «verflucht» sei, war zu lesen. Wobei ihr Medienchef sagte, grundsätzlich sollten alle Profis am Freitagabend gegen die Schweiz einsatzfähig sein. Was auch immer unter «grundsätzlich» zu verstehen ist.
Fraglich bleibt ohnehin der Fitnesszustand, in einer TV-Sendung wurde ebendieser kritisiert. Die Experten bezogen sich nicht nur auf die körperliche Komponente, sondern auch auf die mentale. Man nehme die WM zu wenig wichtig. Dass genau das Gegenteil der Fall ist, davon wollen Kostic und Vlahovic nun ihren Anhang überzeugen. Vlahovic sagte: «Wir leben für diesen Moment. Ich hoffe, dass wir uns glücklich machen.»
Übersetzung: Alexandra Pavlović
Dass für die Schweiz ein Unentschieden reicht, ist nicht nur ein Vorteil, sondern sogar sehr gefährlich. Wir müssen auf Sieg spielen.