Die Schweizer Ligen gehören nicht unbedingt zur Crème de la Crème des Weltfussballs. Doch immerhin kann der hiesige Fussball von sich behaupten, den einzigen Fussball-Cup in Europa hervorgebracht zu haben, der immer durchgespielt wurde – Weltkriege und Pandemien inklusive. Die Rede ist vom Schweizer Cup oder vom «König des Schweizer Fussballs», wie ihn Dominique Blanc, Präsident des Schweizerischen Fussballverbands, nennt.
Und in dieser Saison feiert der Cup ein Jubiläum: Zum 100. Mal messen sich ab heute Freitag die Kleinen mit den Grossen. Und ab und an schafft es der David, den Goliath nicht nur zu ärgern, sondern sogar für eine Sensation zu sorgen. Wir werfen einen Blick zurück auf zehn Partien, in denen ein unterklassiges Team den Gegner rauswarf.
Der Sieg des Erstligisten Étoile Carouge gegen den grossen FC Basel im Cup-Achtelfinal vor drei Jahren war keineswegs gestohlen. Die Genfer legten über das gesamte Spiel einen mutigen Auftritt hin, während dem FC Basel in der Offensive wenig gelang. Bevor Romain Kursner nach einem Freistoss per Kopf das einzige Tor des Spiels erzielte, sorgte sein Kollege Nassim Zoukit beinahe für einen Jahrhunderttreffer. Er zog aus der eigenen Hälfte ab und traf die Latte.
Der FC Basel war nicht der einzige Superligist, der bereits im Achtelfinal die Segel streichen musste. Auch YB und Servette strauchelten. YB traf mit dem FC Lugano jedoch auf einen anderen Verein aus der Super League und Servette mit dem FC Thun auf ein Team aus der zweithöchsten Liga.
Der FC Sion gilt als DER Cup-Verein. Die Walliser sind zwar nicht Rekordsieger, besitzen aber zwei andere Rekorde. Bis zum Cupfinal im Jahr 2017 gegen den FC Basel stand Sion 13-mal im Final und holte 13 Titel. 2006 holte sich Sion zudem als erster und bis heute einziger unterklassiger Verein den Titel.
Nach der ersten Finalniederlage gegen Basel folgte gleich die nächste Pleite. Im September 2017 war für den FC Sion bereits im Sechzehntelfinal Schluss – Stade Lausanne-Ouchy, damals in der Promotion League, gewann 2:1 nach Verlängerung.
Der FC Winterthur befand sich an einem Tiefpunkt, als er 2017 für den Cup-Viertelfinal gegen YB nach Bern reiste. Vor dem Cupspiel hatte der Challenge-League-Klub in 13 Partien nur einen Sieg geholt. Für YB stand die Tür in den Halbfinal also vor der Partie bereits weit offen – zumindest auf dem Papier. Aber Fussball wird nicht auf dem Papier gespielt und so gingen die Berner trotz 2:0-Führung als Verlierer vom Platz. Die in der Liga gebeutelten Winterthurer standen nach dem Penaltyschiessen als Sieger fest.
Nach 30 Jahren ohne Titel war die Wut nach dem erneuten frühen Ausscheiden im Cup gross, sie entlud sich in Form von Kritik an Trainer Adi Hütter. Doch der Berner Klub hielt an seinem Trainer fest und der Rest ist Geschichte. YB holte sich in der nächsten Saison den ersten von sechs Meistertiteln in der Neuzeit.
Die Young Boys und der Cup, das schien in den 2010er-Jahren so gar nicht zusammenzupassen. YB erlebte in Buochs einen düsteren Abend – bereits nach fünf Minuten lagen die Berner in Rückstand und drückten über die verbleibende Spieldauer vergeblich auf den Ausgleich. Trainer der Berner war Uli Forte, der rund 15 Jahre zuvor als Spielertrainer von Red Star Zürich selbst für eine Cup-Sensation gesorgt hatte.
YBs Niederlage im Sechzehntelfinal des Schweizer Cups gegen ein Team aus der 2. Liga interregional zeigte eindrücklich, wie schnell es im Fussball gehen kann. Denn nur zwei Tage zuvor hatten die Berner im Europacup den slowakischen Meister Slovan Bratislava mit 5:0 besiegt.
Auch 2013 war es YB, das für eine Cup-Sensation sorgte, wenn auch nicht im positiven Sinne. Dieses Mal war es Le Mont aus der 1. Liga Promotion, der die gelbschwarzen Träume vom lang ersehnten Titel zunichtemachte. Der unebene Rasen im Waadtland sorgte dafür, dass die Partie beinahe abgesagt worden wäre. Schlussendlich wurde trotzdem pünktlich angepfiffen und das Heimteam schien sich auf dem unsicheren Terrain deutlich wohler zu fühlen.
Das Resultat fiel alles andere als knapp aus: Während YB zuerst noch auf den Führungstreffer der Romands reagieren konnte, ging bei den Bernern schliesslich gar nichts mehr. Le Mont gewann mit 4:1.
Die Genfer steckten in der Krise, waren Letzter in der Super League. Als sie zehn Minuten nach der Pause endlich in Führung gingen, schien es, als würden sie wenigstens im Cup die Kurve kriegen. Aber Chams Goalie Fabio Rosamina hielt sein Team im Rennen und seine Vorderleute sorgten tatsächlich noch für eine Wende zugunsten des Erstligisten. Nach Dejan Jakovljevics Ausgleich (82.) drosch Stefan Budmiger einen Freistoss aus 30 Metern ins Genfer Tor (89.) zum 2:1-Sieg des Underdogs.
Um ein Haar hätte der SC Cham einen weiteren Oberklassigen eliminiert. Doch in der Runde darauf war Schluss nach einer Niederlage im Penaltyschiessen gegen den FC Locarno.
Fabian Lüthold hiess der gefeierte Held beim grössten Sieg in der Klubgeschichte des FC Küssnacht am Rigi. Dem Aussenseiter aus der 2. Liga interregional gelang es tatsächlich, den drei Klassen höher spielenden NLA-Klub FC St.Gallen zu eliminieren. Davide Callà sah kurz vor dem Ende Rot für eine Notbremse, Lüthold lief zum fälligen Penalty an und verwandelte ihn mit seinem zweiten Treffer an diesem Nachmittag zum 2:0.
Es war die Vorentscheidung, zu mehr als dem Anschlusstreffer reichte es dem FCSG nicht mehr. Der 27-jährige Lüthold erhielt daraufhin verdientermassen seine 15 Minuten «Schweizruhm», alle Reporter wollten etwas vom Mann der Stunde. Eine Runde darauf war Küssnachts Märchen Geschichte, wenngleich es gegen den FC Locarno beim 1:2 knapp war.
Der FC Red Star Zürich zeigte im Mai 1999 eindrücklich, dass im Cup vieles möglich ist. Mit Libero Uli Forte, der seit seinem Rücktritt als Aktivfussballer als Trainer durch die Schweizer Ligen tingelt, bezwang der Zürcher Quartierverein im Viertelfinal den FC Lugano aus der Nationalliga A mit 2:1. Nach dem sensationellen Sieg vor 1800 Zuschauern im Letzigrund wartete mit dem Stadtrivalen GC erneut ein harter Brocken auf den Erstligisten. Zu hart, wie sich herausstellen sollte. Vor 3000 Zuschauenden wurde Red Star im Halbfinal mit 0:7 vom Platz gefegt.
Was die Partie zwischen Mendrisio und dem FC Zürich so besonders macht, ist die Tatsache, dass sie so begann, wie man erwartet hatte, bevor sie in einer Sensation mündete. Der FC Zürich lag bereits nach 15 Minuten mit 2:0 in Front. Der Erstligist aus dem südlichsten Zipfel der Schweiz liess sich davon aber nicht beeindrucken und erzielte fünf Tore. Am Schluss gewannen die Unterklassigen 5:3 und der FCZ legte nach einem Platzsturm, bei dem Heinz Lüdi von Tessiner Fans geschlagen worden sein soll, vergeblich Protest ein.
In der Runde darauf war Mendrisio erneut drauf und dran, weiterzukommen. Doch am Ende verloren die Tessiner gegen Kriens mit 2:3 nach Verlängerung.
Aarau reiste unter Trainer Ottmar Hitzfeld als Cup-Titelverteidiger zum Erstligisten Lengnau, der etwas schaffte, das vom «Bieler Tagblatt» später als «das Wunder von Lengnau» betitelt wurde. Bevor es überhaupt zum Duell mit dem Nati-A-Verein kam, schaltete Lengnau mit dem FC Laufen und Chiasso zwei Teams aus der Nationalliga B aus. Am 10. November 1985 wurden schliesslich 1250 Fans Zeugen, wie der FC Lengnau den FC Aarau mit 2:0 besiegte.
Im Viertelfinal war dann gegen den FC Basel Endstation. Die Lengnauer, die in einer Woche ihr 100-jähriges Bestehen feiern, unterlagen gleich mit 0:6.
Good luck, Underdogs! Auf weitere schöne Cup Geschichten