Immerhin hatte der geneigte Fan Zeit, um sich an die Vorstellung zu gewöhnen, dass es eben doch passiert. Dass Michael Lang den FC Basel verlässt. Nur ist es nun kein Wechsel zu GC, wie ihn lange viele erwartet hatten. Sondern eine gegenseitige Vertragsauflösung. Diese kommunizierte der FCB am Donnerstagabend.
FCB-Sportdirektor Daniel Stucki bezeichnet Lang im Communiqué als «absoluten Vollprofi» und erklärt: «Bereits vergangene Saison waren seine Einsatzzeiten unbefriedigend. Da sich die Situation auch in der neuen Saison wohl nicht gross verändert hätte, haben wir Mike die Vertragsauflösung angeboten. Wir sind froh, dass wir uns gefunden haben, und wünschen ihm für seine Zukunft nur das Beste.»
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— FC Basel 1893 (@FCBasel1893) July 25, 2024
Der FCB und sein enorm verdienter Spieler Michael Lang haben sich darauf geeinigt, den noch bis Ende Saison gültigen Vertrag in gegenseitigem Einvernehmen per sofort aufzulösen.
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👏🏻 Michael…
Es ist kein Abschied, der mit einer Verschlankung des Kaders zu tun hat. Sondern damit, dass man den 33-Jährigen beim FC Basel schon lange nicht mehr wollte. Ihn als sportlich irrelevant erachtete. Ihn vergangene Saison ohne Erklärung ausser Rang und Traktanden fallen liess. Ihn, der so viele Schlachten geschlagen hat für den FC Basel. Und der in Zukunft vor allem menschlich fehlen wird.
221 Spiele hat Michael Lang für Basel absolviert und dabei 35 Tore und 29 Assists verbucht. Das Spiel am 21. Mai 2024 gegen Yverdon, ein tristes 0:0, war sein letzter Einsatz für den FCB. Es war immer sein Wunsch, seine Karriere beim FCB zu beenden. Weil er diesen Verein so liebte, es sein Herzensklub war. Weil seine Familie sich so wohlfühlt hier. Ihn die Fans so schätzen. Und doch muss er gehen, ein zweites Mal, nachdem er 2018 nach Deutschland gezogen ist, wo er aber nicht glücklich wurde. 2021 war er nach seinem Ausland-Abenteuer zurückgekehrt. Damals war es wie ein Heimkommen zu «seinem» Klub. Doch seine Geschichte mit dem FCB beginnt schon 2015.
Ein kurzer Rückblick. Der FCB hatte damals schon eine geraume Zeit ein Auge auf Lang geworfen. Im Hinblick auf seinen bei GC im Sommer 2015 auslaufenden Vertrag kam der Kontakt früh zustande. Basel wollte Lang - bestenfalls bereits im Winter, ein halbes Jahr vor Vertragsende bei den Hoppers. Schliesslich lagen dem Nationalspieler auch Angebote aus dem Ausland vor.
Aber Lang, der schon länger deutlich kommuniziert hatte, den Vertrag bei GC nicht über den Sommer 2015 hinaus verlängern zu wollen, erbat sich Zeit. Keine Bedenkzeit darüber, ob der FCB der für ihn passende Schritt sein könnte. Sondern Zeit, um bis im Sommer bei GC zu bleiben. Aus einem simplen Grund: Lang wollte als Captain das sich zu diesem Zeitpunkt tief in einer Krise befindende GC nicht im Stich lassen. Nach dem Motto: Ein Kapitän geht nicht kurz vor Schiffbruch von Bord.
Diese Haltung, dieser Charakterzug machten der damaligen FCB-Führung um Bernhard Heusler und Georg Heitz nur noch einmal deutlicher: Michael Lang tickt anders als viele seiner Berufskollegen. Mit ihm holt man einen Leader, einen Mentalitäts- und Charakterspieler nach Basel. Einen, der ein Gewinn für den zur damaligen Zeit ohnehin schon starken FCB sein würde.
Und das war er. In seinen drei ersten FCB-Saisons war Lang einer der am konstantesten auf hohem Niveau agierenden Akteure. Er war Stammspieler, Impulsgeber, Leader, Sprachrohr und immer mehr auch Identifikationsfigur. Ostschweizer-Dialekt hin oder her. Er wurde zweifacher Meister, zweifacher Cupsieger, WM-Fahrer.
Er schoss jährlich mehr Tore, in seiner letzten Saison vor dem Wechsel nach Deutschland (2017/18) satte zehn – notabene als Aussenverteidiger. Und mit dem Highlight des Treffers gegen Manchester United, als er nicht nur das ganze Stadion von den Sitzen riss, sondern gleich auch die Bande ab und den Sportchef Marco Streller zu Boden. Bilder, die immer wieder hochkommen, wenn man von Michael Lang redet.
Auf dem Höhepunkt kam der erste Abschied, jener zu Borussia Mönchengladbach. Er war ein nachvollziehbarer Schritt in dieser so linear geplant und verlaufenden Karriere des Michael Lang. Dieses Spielers, dessen Porträt-Bild man problemlos im Duden als Illustration neben das Wort «Musterprofi »setzen könnte.
Aber die Bundesliga war kein Ort, an dem Lang glücklich wurde. Seine so perfekte Karriere erhielt plötzlich einen Knick. Einem ersten schwierigen Jahr folgte eine glücklose Leihe zu Werder Bremen und in der dritten Saison in Deutschland - wieder bei Gladbach - eine Spielzeit zum Vergessen mit nur drei Einsätzen.
In Deutschland wurden Lang seine fussballerischen Grenzen aufgezeigt. Umso schöner war für ihn die Chance, im Sommer 2021 wieder nach Basel zurückkehren zu können. Zu jenem Klub, den er stets als «Herzensangelegenheit» bezeichnet und bei dem er «die erfolgreichste und geilste Zeit der Karriere» hatte.
Lang wollte dort anknüpfen, wo er in Basel aufgehört hatte. Obschon auch ihm klar gewesen sein dürfte, dass das schwierig werden würde. Weil der FCB nicht mehr der Klub war, den er verlassen hatte. Er war kein Klub mehr, der Champions League spielte und ein Kader voller gestandener Nationalspieler hatte. Sondern ein Klub ohne finanzielle Reserven, der die Vormachtstellung im Schweizer Fussball an YB verloren hatte, jährlich um die Teilnahme am europäischen Geschäft kämpfen musste und dabei auf junge, aufstrebende Potenzial-Spieler setzte.
Lang schreckte das nicht ab. Er sah seine Rolle klar in jener des Routiniers, Leaders und Unterstützers von den Jungen. Alles Aspekte, die er umsetzen konnte. Aber sportlich war die zweite Zeit des Michael Lang in Basel durchzogen – und zuletzt bitter. Nicht nur, dass der so ersehnte Titel fehlt. Das, was ihn schliesslich im Frühjahr 2023 dazu gebracht hat, noch einmal bis 2025 zu verlängern.
Eine Verlängerung, die vor allem auf Antrieb des damaligen Trainer-Sportdirektors Heiko Vogel zustande kam. Und die in der Retrospektive niemandem half. Dem FCB nicht, der Lang eigentlich im Sommer 2023 hatte ziehen lassen wollen. Und schliesslich auch Lang nicht, der sich damit vielleicht ein letztes grosses Abenteuer, beispielsweise in den USA, verbaut hatte.
Das Hoch nach der Verlängerung war ein kurzes. Doch je mehr Zeit verstrich, umso mehr nahm sein sportliches Standing ab. Weder Timo Schultz noch Heiko Vogel oder Fabio Celestini bauten auf Lang. Bei Letzterem fand er trotz lobender Worte («Wir haben eine unglaubliche Beziehung. Michael macht es sensationell. Ich hoffe, dass er bleibt») zuletzt nur selten einen Platz im Kader. In der Rückrunde war er gar kein Faktor mehr.
Zwar kam er in den letzten beiden Ligapartien noch zu Einsätzen. Aber mehr aus Not denn aus Überzeugung. Bereits in der Saison zuvor hatte man manchmal das Gefühl, dass sich Lang, wie auch Fabian Frei, fast schon rechtfertigen musste. Für Einsatzzeiten, vor allem aber für Fehler, die den Routiniers weniger verziehen wurden.
Auch wenn dabei oft in Vergessenheit geriet, dass Langs Tor beispielsweise – genauso wie jenes von Fabian Frei – gegen CSKA Sofia in den Playoffs 2022 erst den Weg in Richtung Gruppenphase der Conference League ebnete. Jener grandiosen Kampagne, die im Mai 2023 im Halbfinal gegen Florenz ihr Ende fand.
Die Saison 2022/23 war das letzte grosse Juhe des Michael Lang in Basel. Und vielleicht wäre es der richtige Moment gewesen, um zu sagen: Das war's. Aber Lang verlängerte, getrieben von der Euphorie und der Sehnsucht, die stolze Karriere in Basel zu beenden.
Das bleibt Lang nun verwehrt. Zwar darf er sich am Samstag vor dem Spiel gegen Lugano von den Fans verabschieden. Aber es ist kein Abschied, wie er ihn verdient. Und bestimmt nicht der, den er sich erhofft hatte. Im Communiqué lässt er sich zitieren, dass es «mich natürlich traurig macht, dass wir nun am Ende zu diesem Entscheid kamen».
Sein Abschied mag sportlich nachvollziehbar sein. Für Michael Lang. Für den FC Basel. Aber einen gewissen Beigeschmack hat er. Aber menschlich? Wird Lang dennoch fehlen. In der Kabine, in der Kommunikation mit den Fans. Und hat man das Empfinden, dass einer mit seinen Verdiensten ein schöneres Ende verdient gehabt hätte.
Einer, der längst ein rotblaues Herz hat. Und der für die Fans über die Jahre völlig zu Recht «ain vo uns» geworden ist. (aargauerzeitung.ch)
Machs guet Michi. Dangge für alles!