Andrej Pawelko stand unmittelbar vor einem Bombenkrater. Der Präsident des ukrainischen Fussballverbandes trug eine Schutzweste, als er sich am Mittwoch in einem wackeligen Live-Video aus einem zerstörten Stadion in Tschernihiw meldete.
«Die ukrainische Fussballgemeinschaft rettet Menschenleben, rettet das Leben von Kindern», übermittelte der 46-Jährige an die Delegierten des UEFA-Kongresses in Wien. Im Konferenzsaal der Messe von Österreichs Hauptstadt war es still. Der Umgang mit dem russischen Angriffskrieg in der Ukraine bleibt für den Fussball eine Gratwanderung.
A grim first for a football congress. Ukraine FA president Andrey Pavelko addressing UEFA from a bombed out stadium in Chernihiv. He’s standing in an explosion crater. Very powerful moment. pic.twitter.com/CPpAep7Oz9
— tariq panja (@tariqpanja) May 11, 2022
Europas Dachverband hatte russische Vereine von allen Wettbewerben ausgeschlossen und den Champions-League-Final aus St.Petersburg nach Paris verlegt – der russische Verband bleibt aber vorerst Teil der UEFA. In Wien war Alexander Alajew, der junge Generalsekretär des russischen Verbandes RFU, vor Ort. Äussern wollte er sich nicht.
UEFA-Präsident Aleksander Ceferin vermied eindeutige Aussagen zu weiteren Sanktionen gegen die RFU. Es sei «verfrüht», darüber zu reden. «Ich würde nichts ausschliessen, aber ich würde auch nicht sagen, dass es in Zukunft passieren wird», sagte der Slowene am Mittag während der Pressekonferenz. «Wir hoffen, dass dieser Wahnsinn, so schnell es geht, endet.» Gegen einen Generalverdacht, die Funktionäre stünden automatisch nah an Russlands Präsidenten Wladimir Putin, wehrte sich Ceferin.
«Der Fussball ist zweifellos der Verlierer. Einer der Verlierer, da wir Spielern, Trainern und Fans, die mit der aktuellen Situation nichts zu tun haben, ihre Leidenschaft und ihre Träume nehmen», sagte Ceferin während seiner Rede, in der er andere Punkte anführte, bei denen der Fussball immer gewann. «Aber wenn die UEFA beispiellose Sanktionen verhängt, versucht der Fussball, seinen winzigen Beitrag für die Gesellschaft und die Politiker Europas zu leisten, die sich für den Frieden einsetzen.»
Dann meldete sich Pawelko live. Trotz Tonproblemen konnte der 46-Jährige aus der skurril anmutenden Szenerie unter strahlend blauem Himmel im zerbombten Stadion seine Botschaft überbringen. «Hinter mir sehen sie das Stadion, das getroffen wurde. Sie sehen, dass das Spielfeld vollständig zerstört wurde. Wir wurden bombardiert, auch heute in der Region», sagte der Verbandschef in dem nordukrainischen Gebiet.
Er habe nicht das «moralische Recht», die Ukraine zu verlassen und zum UEFA-Kongress nach Wien zu reisen, sagte Pawelko weiter. «Aber ich bin mir sicher, dass wir beim nächsten Kongress gemeinsam wichtige Dinge besprechen werden.» (ram/sda)
c_meier