Vom ewigen Sorgenkind zum besten der Welt: Dembélé und die «Idee des Jahrhunderts»
Es ist noch nicht einmal ein ganzes Jahr her, da wurde Ousmane Dembélé am 2. Spieltag der Champions-League-Saison vor dem Auswärtsspiel gegen Arsenal aus dem Kader gestrichen. Begründet wurde der Entscheid von PSG-Trainer Luis Enrique wie folgt: «Es gibt ein Problem mit dem Engagement des Spielers für die Mannschaft.» Eigentlich sprach in diesem Moment gar nichts dafür, dass der Franzose innert so kurzer Zeit zum besten Fussballer der Welt avanciert.
Seit seinem erstreikten Wechsel im Sommer 2017 von Borussia Dortmund zum FC Barcelona dominierten rund um Dembélé die negativen Schlagzeilen. Nach dem Transfer zu den Katalanen konnte er dort nie wirklich Fuss fassen und war immer wieder verletzt. Der Klub machte den schlechten Lebensstil des Franzosen für die Verletzungen verantwortlich und stellte ihm sogar einen eigenen Koch an die Seite.
Insgesamt sechs Jahre verbrachte der Offensivspieler bei Barça, so richtig glücklich wurde er in Spanien aber nie. Auch wenn die Statistiken mit 81 Skorerpunkten (40 Tore und 41 Vorlagen) in 185 Pflichteinsätzen noch in Ordnung gehen, konnte er nie die grossen Erwartungen erfüllen. Barcelona überwies dem BVB für den Transfer damals 148 Millionen Euro.
Knapp noch einen Drittel davon erhielt Barcelona gemäss Transfermarkt, als Dembélé im Sommer zu Paris Saint-Germain transferiert wurde. Nach einer ordentlichen ersten Spielzeit in der französischen Hauptstadt gelang ihm in der vergangenen Saison endlich der nicht mehr zu getraute grosse Durchbruch. Die Suspendierung im letzten Herbst löste wohl einen Knoten. Selbst Trainer Luis Enrique sagte an einer Pressekonferenz: «Meine beste Entscheidung war, ihn gegen Arsenal in London nicht spielen zu lassen.»
In der Königsklasse war Dembélé nach dem Jahreswechsel unaufhaltbar. Mit 13 Punkten in elf Einsätzen sorgte er dafür, dass PSG ein blamables Ausscheiden in der Champions-League-Gruppenphase verhindern konnte und danach bis zum Henkelpott marschierte. Im entscheidenden Spiel um den Einzug in die K.-o.-Phase beim VfB Stuttgart erzielte der Weltmeister von 2018 drei Tore innerhalb von 37 Minuten.
Auch im grossen Final gegen Inter Mailand liess der 28-Jährige sein Können aufblitzen und bereitete beim 5:0-Sieg gegen Inter Mailand zwei Treffer vor. Völlig zu Recht erhielt Dembélé in der Königsklasse die Auszeichnung des besten Spielers der Champions-League-Saison.
Für den ganzen Verein war es eine riesige Erlösung, endlich den wichtigsten Pokal des europäischen Klubfussballs in den Händen zu halten. Nasser Ghanim Al-Khelaifi, Präsident von PSG, wartete lange auf diesen Triumph und investierte Jahr für Jahr Unmengen an Geld in das Starensemble. Auch ein Positionswechsel von Dembélé war für den Triumph mitverantwortlich.
Enrique entschied sich dafür, seinen Akteur nicht mehr auf die Flügel zu setzen, sondern im Zentrum auf die falsche Neun. Diese Position kam ihm sehr zugute, wie er selbst in einem Interview mit «Canal+» bestätigte: «Ich bin viel näher am Tor, wenn ich die falsche Neun spiele. Sobald ich einen Spieler ausgespielt habe, bin ich vor dem Tor und habe diese Klarheit, um zu treffen.»
Der französische Trainer Jean-Louis Gasset kam aus dem Schwärmen dieses taktischen Wechsels im Frühling dieses Jahres kaum noch heraus: «Europäische Teams haben Grund zur Sorge, denn Dembélé wirkt wie eine Kampfmaschine. Es ist unglaublich – Dembélé als Nummer 9 einzusetzen, ist die Idee des Jahrhunderts. Das ist alles dem Trainer zu verdanken.»
Nicht nur in der Champions League zeigte das einstige Sorgenkind fantastische Leistungen. Mit 21 Treffern wurde Dembélé Torschützenkönig in der Ligue 1 und gewann mit PSG das Triple. Wettbewerbsübergreifend erzielte der Offensivspieler 35 Tore für die Pariser und verdient sich somit den Ballon d'Or.
Bei seiner Dankesrede am Montag zeigte sich Dembélé auch von seiner emotionalen Seite, als er über seine Mutter sprach: «Danke an meine Mutter, ich will mich bei dir bedanken. Du warst immer da für mich!» Er konnte die Tränen nicht mehr aufhalten und musste seine Rede für kurze Zeit unterbrechen.
This speech made me cry.#BallonDor #Dembele pic.twitter.com/gSbtv78f97
— MILAN CALCIO (@spoxmilan) September 22, 2025
Da Dembélé aktuell verletzt ist, konnte er bei der Verleihung vor Ort sein, obwohl für PSG das Auswärtsspiel bei Olympique Marseille anstand. Wegen schlechten Wetters konnte die Partie erst am gestrigen Montag ausgetragen werden. Zum ersten Mal in der laufenden Saison mussten die Hauptstädter beim 1:0 für Marseille als Verlierer vom Platz gehen.
