Wäre er in den USA geboren worden, dann wäre er wohl ein Cheerleader. Denn, obwohl keiner seiner Freunde oder der anderen Fans mitkommen wollte, reiste der Südtiroler zum Spiel seines Herzensklubs in Benevento vom Mittwoch. Knapp 850 Kilometer liegen zwischen dem Stadion des FC Südtirol in Bozen und jenem von Benevento in der Region Kampanien. Insgesamt war der junge Mann also rund 1700 Kilometer alleine unterwegs. Dafür zollten ihm gar die gegnerischen Fans Tribut.
Während der Partie erstellten die Anhängerinnen und Anhänger von Benevento Calcio ein Banner mit der Aufschrift «Onore a chi macina km» («Ehre für jene, die Kilometer schinden»). Der Fan heisst Damian Gruber, gegenüber «Sport Italia» sprach er über seinen Kurztrip in Italiens Süden: «Es war wohl niemand bereit, zwei Tage Urlaub zu nehmen, denke ich. Aber das tut meiner Leidenschaft keinen Abbruch.» Er sei eigentlich bei jedem Spiel dabei, nur gegen Reggina in Kalabrien musste er passen.
Der Ausflug nach Benevento hat sich in jedem Fall gelohnt. Der FC Südtirol gewann beim abstiegsgefährdeten Klub, der in der Saison 2020/21 noch in der Serie A spielte, 2:0. Damit bleibt der FCS auch nach acht Rückrundenspielen ungeschlagen. Für Gruber ist das Resultat jedoch nicht so wichtig. «Ich bin zufrieden mit dem Ergebnis, aber für mich ist es letztlich zweitrangig.» Ihm gefalle es vor allem, neue Städte, Stadien und Fans zu sehen.
Und nach dem Spiel bedankte sich das Team dann auch beim einzigen Schlachtenbummler, Innenverteidiger Andrea Masiello überreichte Gruber zudem sein Trikot. Der 37-Jährige stand in 287 Serie-A-Spielen für unter anderem Bergamo und Genua auf dem Feld, zu Beginn der Saison wechselte er ablösefrei ins Südtirol. Er ist einer der Leistungsträger beim Vierten der zweiten italienischen Liga.
The only fan of Sud Tirol who on a Wednesday night made a 1700 km😱 trip to Benevento to watch his team in Serie B. During the game Benevento ultras made a banner in respect to him and after the match players went to greet him 👏🏻💯 pic.twitter.com/IqJsimz7ji
— 𝐂𝐚𝐬𝐮𝐚𝐥 𝐔𝐥𝐭𝐫𝐚 𝐎𝐟𝐟𝐢𝐜𝐢𝐚𝐥 (@thecasualultra) March 2, 2023
Dass der Klub so weit vorne mitspielt und sehr gute Chancen hat, zumindest im Aufstiegs-Playoff dabei zu sein, kommt überraschend. Denn es ist die erste Serie-B-Saison in Südtirols 27-jähriger Vereinsgeschichte. Und wer jetzt einen starken Geldgeber hinter dem Klub vermutet, liegt falsch. Zwar war es bereits bei der Gründung 1995 geplant, den Klub bewusst als «Werbeträger fürs ganze Südtirol» aufzubauen, wie auf «Spox» zu lesen ist, doch ist der Marktwert des Teams der tiefste in der Serie B. Auch beim Budget bewegt sich das Team gemäss der «Neuen Südtiroler Tageszeitung» im unteren Mittelfeld.
Trotzdem liegt der FC Südtirol vor Klubs wie Parma oder Palermo, das im Besitz der City Group ist, der auch Manchester City angehört, und darf vom Aufstieg träumen. Frosinone ist elf Runden vor Schluss mit 13 Punkten Vorsprung ausser Reichweite, aber Silvan Heftis Genua liegt nur drei Zähler vor dem FCS. Die ersten beiden Plätze berechtigen zum direkten Aufstieg. Sechs weitere Teams spielen in einem Playoff um den Einzug in die Serie A, wobei die Plätze 3 und 4 im Viertelfinal ein Freilos geniessen.
Es ist also nicht auszuschliessen, dass Südtirols Märchen bald im italienischen Oberhaus weitergeht. Und Superfan Damian Gruber nicht mehr ins kleine Benevento, sondern ins nahegelegene Neapel reist. Dann hoffentlich nicht mehr ganz alleine.
Btw: schöne Geschichte. Solches mag ich an watson.
Hut ab, vor so viel Vereinstreue…😁👍