Breel Embolo steht vor einer turbulenten Woche. Sein Verein AS Monaco möchte ihn verkaufen. Am Montagabend schliesst das Transferfenster – findet er bis dahin einen neuen Klub?
Am selben Tag trifft sich die Nationalmannschaft in Basel. Das wichtigste Training findet am Mittwoch im Dreisamstadion in Freiburg im Breisgau statt. Dann übt die Nati die Taktik für das erste WM-Qualifikationsspiel gegen Kosovo am Freitagabend.
Am Mittwoch sollte der Nati-Star aber auch an einer ganztägigen Verhandlung vor dem Basler Appellationsgericht erscheinen. Dort sollte er erklären, was in einer gewalttätigen Auseinandersetzung in einer Nacht im Mai 2018 passiert war. Die erste Instanz, das Strafgericht, verurteilte ihn vor zwei Jahren wegen mehrfacher Drohung.
Bisher war offen, ob der Nationalspieler den Gerichtstermin wahrnimmt. In einem Tamedia-Interview blieb er vage: «Es ist mein Wunsch, bei der Verhandlung dabei zu sein.» Damals war noch nicht klar, ob und wie ihm die Nationalmannschaft den Ausgang ermöglicht. Inzwischen steht die Planung.
Auf Anfrage von CH Media sagt Embolo jetzt: «Ich werde am Mittwoch vor Gericht erscheinen.» Er wolle seinen Standpunkt darlegen, damit das Gericht die Fakten höre und nicht aufgrund von Spekulationen entscheide. Er sagt: «Für gewisse Wörter habe ich mich bereits entschuldigt, gedroht aber habe ich nie.»
Der 28-Jährige wird versuchen, am Mittwoch beide Verpflichtungen zu erfüllen. Die Gerichtsverhandlung beginnt um 8.15 Uhr. Er möchte seine Aussagen möglichst früh an diesem Tag machen und sich danach vom Rest der Verhandlung dispensieren lassen. Den juristischen Teil will er den Juristen überlassen.
Doch der Zeitplan ist sportlich. Das Training beginnt um 11.30 Uhr, die Fahrt vom Gericht zum Stadion dauert eine Stunde. Der Schweizer Fussballverband wird ihn vom Schwarzwald aus nach Basel fahren und nach dem Gerichtstermin direkt zurück zum Team. Verbandssprecher Adrian Arnold sagt: «Das Timing des Gerichtstermins ist etwas unglücklich, aber wir werden Breel begleiten und unterstützen.»
Für Embolo geht es an beiden Orten um viel: im Stadion um die WM, vor Gericht um sein Image.
Die bisher bekannte, rufschädigende Version der Geschichte geht so: Embolo fragte im Ausgang eine Frau, ob sie ein Selfie mit ihm möchte. Sie lehnte ab: «Das habe ich nicht nötig.» Da lachte einer ihrer Begleiter laut. Der Nati-Star fühlte sich provoziert. In einem Wortgefecht drohte er gemäss dem Strafgericht: «Ich mache dich fertig!» Und: «Dich lasse ich auch verprügeln, du Hurensohn.» Danach brach sein bester Freund einem der Kontrahenten das Nasenbein. Es gilt die Unschuldsvermutung.
Es gibt auch eine andere, weniger bekannte Version der Geschichte. Sie beginnt so: Nach der Tatnacht verstrichen drei Jahre, bis Embolo erfuhr, dass ein Strafverfahren gegen ihn lief. Erst 2021 erhielt er eine Vorladung der Staatsanwaltschaft.
Zu diesem Zeitpunkt hatte die Polizei aber bereits Opfer und Zeugen befragt. Eigentlich hätte der Basler bei diesen Befragungen ein Teilnahmerecht gehabt, um die Vorwürfe zu erfahren und Fragen stellen zu können. Er sieht deshalb die Grundsätze eines fairen Verfahrens verletzt. Die erste Instanz akzeptierte das Vorgehen jedoch. Nun entscheidet die zweite erneut.
Inhaltlich steht im Fall Aussage gegen Aussage. Nach mehr als sieben Jahren ist eine Beurteilung schwierig. 2021 wollte die Staatsanwaltschaft das Verfahren gegen Embolo mangels Beweisen einstellen. Doch die Privatkläger wehrten sich.
Deshalb erhob der Staatsanwalt dennoch Anklage. Für ihn gilt «in dubio pro duriore», im Zweifel für das Härtere. Für das Gericht gilt hingegen «in dubio pro reo», im Zweifel für den Angeklagten. Mit dieser Begründung verlangt das Team Embolo jetzt einen Freispruch.
Die Verteidigungsstrategie besteht darin, Zweifel an den Aussagen der Kläger und Zeugen zu betonen. Auch diese äusserten sich teilweise widersprüchlich. Das Gericht stufte die Aussagen der Gegenseite allerdings als glaubwürdig ein, jene von Embolo hingegen als unglaubwürdig. Das sei willkürlich, argumentiert die Verteidigung.
Sein Anwalt wertet den nächtlichen Wutausbruch zudem nicht als Drohung im rechtlichen Sinn. Das Gesetz legt dafür nämlich hohe Hürden fest. Die Aussagen müssen «ernsthafte und schwere» Drohungen darstellen und die Betroffenen «in Angst und Schrecken» versetzen. Dies habe Embolo nicht getan. Vielmehr hätten die Kläger die Auseinandersetzung provoziert, frech zurückgegeben und sich auf ein Gerangel sowie gegenseitige Provokationen eingelassen.
Der erste Auftritt des Fussballstars vor Gericht kam in der Öffentlichkeit schlecht an. Denn er inszenierte sich wie ein Gangster, lachte über die Fragen der Richterin und beschimpfte die Medien.
Doch auch dieses Verhalten kann man aus einer anderen Perspektive betrachten. Embolo war mit der Situation überfordert und fühlte sich von der Richterin in die Enge gedrängt. Sie zitierte ihn wie einen schlechten Schüler zu ihrem Pult. Er sollte auf einem Plan den Tatort zeigen, fand sich nicht zurecht – die Richterin liess keine Hilfe durch den Verteidiger zu und fiel ihm ins Wort. So verlor er die Contenance.
Vor der zweiten Instanz will Embolo einen besseren Eindruck machen – und nicht nur das Gericht, sondern auch die Öffentlichkeit wieder für sich gewinnen.