Heute Abend trifft die Schweizer Fussball-Nationalmannschaft im ersten Spiel der EM-Qualifikation auf Belarus. Dass der Gegner der Nati überhaupt am Turnier teilnehmen darf, sorgt für scharfe Kritik. Während russische Teams aufgrund des Angriffskrieges in der Ukraine aus allen UEFA- und FIFA-Wettbewerben ausgeschlossen wurde, liessen die Verbände bei Belarus Milde walten.
Obwohl das belarussische Regime rund um Machthaber Alexander Lukaschenko die russischen Streitkräfte unterstützt, darf die Nationalmannschaft die Qualifikation für die EM 2024 in Deutschland bestreiten – einfach nicht auf eigenem Boden.
Diesen Umstand will die Schweizer Menschenrechtsorganisation «Libereco» ändern. Sie forderte UEFA-Präsident Aleksander Ceferin auf, Belarus aus der EM-Qualifikation auszuschliessen. Auch Parlamentarier aus der Schweiz und der EU unterschrieben einen offenen Brief. Darin steht unter anderem: «Die Tatsache, dass die belarussische Nationalmannschaft an der Europameisterschaft teilnimmt, wird später von (Präsident) Lukaschenko und seinem Propagandateam genutzt, um zu beweisen, dass er in der internationalen Gemeinschaft wohl anerkannt ist.»
A group of Swiss parliamentarians has written an open letter to the @UEFA president, saying that the Euro 2024 football qualifying match between Belarus and Switzerland scheduled for 25 March "must not take place". https://t.co/SbgbCodhBh #westandBYyou
— Libereco – PHR (@LiberecoPHR) March 18, 2023
Dass Lukaschenko den Sport und insbesondere den Fussball zur Unterdrückung und zur Propaganda verwendet, sei gut dokumentiert. Gemäss der belarussischen Journalistin Sabina Aliyeva sind in der Nationalmannschaft nur noch Spieler erlaubt, die sich für Lukaschenkos Regime ausgesprochen haben. Andere Spieler, wie etwa Stanislav Dragun, Nikolay Signevich oder Ilya Shkurin, wollen oder dürfen nicht mehr Teil der belarussischen Auswahl sein.
Im Land existiere denn auch eine schwarze Liste mit nicht regimetreuen Fussballern. Nachdem sich 2020 43 Fussballprofis in einem Video beteiligt hatten, das die Gewalt des Regimes verurteilte, griff Lukaschenkos Regierung durch. Spieler kamen auf die schwarze Liste, und wurden von ihren Klubs entlassen. Beim Spitzenklub Bate Borisov wurde Medienberichten zufolge eine «ideologische Säuberung» durchgeführt und rund die Hälfte der Mannschaft rausgeworfen.
Andere Spieler seien dazu gezwungen worden, sich in Videos, schriftlichen Erklärungen oder auch bei Vorträgen an Schulen regimetreu zu äussern. Fussballer auf der schwarzen Liste müssen sich demnach einer Prüfung unterziehen, um wieder eine Spielerlaubnis zu erhalten.
Mit Krumkachi Minsk habe sich im Sommer 2020 auch ein Klub klar auf die Seite der protestierenden Bevölkerung gestellt. Der Verein sei in der Folge von starken Spielmanipulationen betroffen gewesen. Der mittlerweile ins Ausland geflüchtete Schiedsrichter Vitaly Onikhimovsky bestätigte solche Berichte und gab auch an, selbst vom belarussischen Fussballverband um Spielmanipulationen gebeten worden zu sein. Der Verband selbst habe diesen Druck von der Regierung erhalten.
Die Liste der Vergehen liesse sich noch verlängern. CAS-Richter Aliaksandr Danilevich wurde in Belarus inhaftiert. Fussball-Fans und Nachwuchstrainer werden als politische Gefangene gehalten. Und Dzimitry Navosza, der CEO der Sport-Newsplattform «Tribuna», wurde wegen kritischer Berichterstattung zu zwölf Jahren Haft verurteilt.
Am Freitag protestierten Mitglieder von «Libereco» deshalb vor dem UEFA-Hauptsitz in Nyon, um ihrem Anliegen Gehör zu verschaffen. Und die Aussichten auf Erfolg sind nicht schlecht. UEFA-Präsident Ceferin stellte in einem Brief zuletzt in Aussicht, dass der europäische Verband über einen Ausschluss von Belarus beraten will.
Aber ja, Sport soll ja frei von Politik bleiben... Lukaschenko beweist gerade sehr gut, wie naiv diese Forderung ist.