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Der FC Canepa am Abgrund – die Chronologie des FCZ-Niedergangs

Ancillo Canepa (r.) nachdem ihm etwas Fieses über die Leber gelaufen ist. Neben ihm Davide Chiumiento.
Ancillo Canepa (r.) nachdem ihm etwas Fieses über die Leber gelaufen ist. Neben ihm Davide Chiumiento.Bild: Andreas Meier/freshfocus

Der FC Canepa am Abgrund – die Chronologie des FCZ-Niedergangs

Es steht nicht gut um den FC Zürich. Der Traditionsverein aus der Grossstadt serbelt vor sich hin und droht Ende Saison abzusteigen. Doch wann hat die Krise eigentlich begonnen und wie nahm sie ihren Lauf? Eine Chronologie.
17.05.2016, 18:3218.05.2016, 08:33
Donat Roduner
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Wer steigt aus der Super League ab?

21. April 2014 – Cupsieg!

Wir beginnen die zeitliche Aufarbeitung mit einem Erfolgserlebnis für den FCZ. Im April 2014 konnten die Zürcher Fans im Stade de Suisse den achten Cupsieg des Vereins feiern. Zu verdanken war das in erster Linie Mario Gavranovic, der in der Verlängerung einer ereignisvollen wie umkämpften Partie mit seinen zwei Toren den 2:0-Sieg sicherstellte.

Die Highlights des Cupfinals 2014.
YouTube/TheFCBmaster

8. Juli 2014 – Marco Bernet wird entmachtet

Im Sommer 2014 fällte FCZ-Präsident Ancillo Canepa einen umstrittenen Personalentscheid: Er degradierte den technischen Direktor (de facto Sportchef) Marco Bernet und schickte den zurückhaltenden aber geschätzten Arbeiter zurück in den Nachwuchs. «Mit Marco Bernet [...] verlor der FC Zürich das letzte Korrektiv für das impulsive Präsidentenpaar», schrieb 20-Minuten-Journalistin Eva Tedesco später passend. 

Degradiert: Marco Bernet.
Degradiert: Marco Bernet.Bild: Andreas Meier/freshfocus

Tatsächlich liegt die Macht beim FCZ seit der Zurückstufung Bernets praktisch nur noch auf den Schultern der Canepas. Vorher leitete das Triumvirat Bernet, Trainer Urs Meier und Assistent Massimo Rizzo die sportlichen Geschicke, doch plötzlich traute sich Präsident Canepa dies – wie praktisch alles im Verein – selbst zu. Bernet liess die Abstufung indes nicht auf sich sitzen und verliess den Verein drei Wochen später.

Die Chronologie in Bildern

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Die Chronologie des FCZ-Niedergangs
Es ist passiert: Nach 26 Jahren im Oberhaus steigt der FC Zürich in die Challenge League ab. So ist es zum Niedergang gekommen.
quelle: keystone / walter bieri
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9. November 2014 – Yapis Unfall

Der FCZ startete trotz der Querelen in der Vereinsleitung verheissungsvoll in die Saison 2014/15, war zeitweise Leader und spielte ordentlich. Ein Schicksalsmoment warf ihn aber etwas aus der Bahn. Im November streckte Aaraus Sandro Wieser Gilles Yapi mit einem fürchterlichen Foul nieder, zertrümmerte dem Ivorer das rechte Knie. Ein Vergehen so schwer, dass Ancillo Canepa tobte und später Strafanzeige gegen den Liechtensteiner in Diensten des FCA einreichte.

Nichts für Zartbesaitete: Das Foul von Wieser an Yapi.
Nichts für Zartbesaitete: Das Foul von Wieser an Yapi.
Bild: TELECLUB

Den Ausfall des Mittelfeldmotors Yapi verkraften die FCZler nicht wie gewünscht, sie verloren drei der kommenden fünf Partien und fielen so hinter die Young Boys (und Leader Basel) auf Platz 3 zurück. Was vom damaligen Spiel im Brügglifeld unterdessen in Vergessenheit geraten ist: Ein gewisser Nico Elvedi stellte mit seinem ersten Tor in der Super League den 1:0-Sieg für die Zürcher sicher.

1. April 2015 – Da Costa wird abserviert

Viele hielten es für einen schlechten Aprilscherz, als der FCZ unter dem Titel «FC Zürich plant die Zukunft auf der Torhüter-Position» kommuniziert, dass David Da Costa der Status als Nummer 1 entzogen wird. An seine Stelle rückt der erst 21-jährige Yanick Brecher, dessen Ausleihe an den FC Wil früher als geplant storniert wird. Canepa preist Brecher als das grösste Goalietalent seit Sommer und Bürki an, doch dieser bleibt es im FCZ-Dress schuldig, zu zeigen, dass er das Zeugs zum Nationaltorhüter hat.

«Glücksfall»
David Da Costa kann unterdessen lachend auf die Geschehnisse von 2015 zurückblicken und bezeichnet diese gar als Glücksfall. Der 30-jährige Schweiz-Portugiese wechselte letzten Sommer zu Novara in die Serie B und machte dort eine ausgezeichnete Falle. Die Piemontesen haben Chancen, die Aufstiegs-Playoffs zu erreichen und falls nicht, wird Da Costa Gerüchten zufolge mit Vereinen aus der Serie A in Verbindung gebracht.

Von offizieller Seite machte man für die Ausbootung Da Costas sportliche Gründe geltend. Heute ist aber klar, das dies nicht die primäre Ursache war. Da Costa kommunizierte stets offen und hat darum auch nicht mit Kritik an Trainer Urs Meier zurückgehalten, was ihm letztlich beim FCZ den Kopf kostete

David Da Costa, damals noch im FCZ-Dress.
David Da Costa, damals noch im FCZ-Dress.
Bild: KEYSTONE

12. April 2015 – 1:5 in Basel

Der FCZ taucht im Spitzen- und Skandalspiel im St.Jakob-Park gleich mit 1:5. Breel Embolo sorgt mit seinen drei Toren für das Glanzlicht, während FCZ-Captain Davide Chiumiento und Basels Shkelzen Gashi mit Platzverweisen und vor allem die pöbelnden Zuschauer für die Tiefpunkte verantwortlich sind.

Chiumiento (3.v.l.) sieht Rot.
Chiumiento (3.v.l.) sieht Rot.Bild: KEYSTONE

Es ist klar, dass Canepa nach diesem Spiel wieder poltert. Doch dem Trainer Urs Meier schenkt er einmal mehr das ungeteilte Vertrauen. Das 1:5 ist aber notabene die vierte FCZ-Niederlage in Serie und es sollte noch eine weitere dazukommen – die Meisterschaft ist gelaufen, Basel wieder zu stark. «Wir spielen Scheisse. So macht's keinen Spass», sagte Chiumento nach dem Spiel dem «Blick».

Sommertransferfenster 2015

Nico Elvedi (r.), hier im Duell mit Stefan Kiessling, darf sich unterdessen Bundesligaspieler nennen.
Nico Elvedi (r.), hier im Duell mit Stefan Kiessling, darf sich unterdessen Bundesligaspieler nennen.
Bild: Uwe Speck/freshfocus

Im Sommer letzten Jahres machte Canepa als Sportchef auf sich aufmerksam. Mit Nico Elvedi, Djibril Sow (beide Borussia Mönchengladbach), Francisco Rodriguez (Wolfsburg) und Dimitri Oberlin (Red Bull Salzburg) transferierten die Zürcher gleich vier Nachwuchshoffnungen ins Ausland, was erstaunlich anmutet, wenn man auch als Devise ausgibt, auf die Jungen setzen zu wollen. Die namhaften Zuzüge in selbigem Transferfenster: Kevin Bua und Cabral.

3. August 2015 – Meier muss weichen

So schnell kann's gehen. Einen Tag nach dem 2:3 im Derby gegen GC, dem vierten Pflichtspiel der neuen Saison ohne Sieg, wird Urs Meier als Trainer freigestellt. Als Grund führt Canepa die «Gefahr, in eine Negativspirale zu geraten» aus. Gleichentags wird auch die Trennung von Yassine Chikhaoui bekanntgegeben, der Tunesier wurde nach acht (von Verletzungen geprägten) Jahren beim FCZ zu Al-Gharafa in Doha transferiert.

Urs Meier hatte in der Saison 2015/16 rasch ausgebällelet.
Urs Meier hatte in der Saison 2015/16 rasch ausgebällelet.
Bild: Andreas Meier/freshfocus

Betreut von den Assistenztrainern Massimo Rizzo und Alex Kern reiste der FC Zürich nur drei Tage später nach Minsk, wo nach dem 0:1 im Hinspiel der Verbleib in der Europa League verpasst wurde (1:1 n.V.). Als Nachfolger von Meier wünschte sich Canepa einen grossen Namen, was er drei Wochen später in die Tat umsetzte: Als neuer Trainer vorgestellt wurde Sami Hyypiä.

29. November 2015 – 0:5-Derbynierderlage

Auch unter Hyypiä, dem langen Finnen mit der illustren Vergangenheit als Spieler, ging es nicht aufwärts. So sorgte im November eine schallende 0:5-Klatsche gegen die Grasshoppers dafür, dass der FCZ weiter im Tabellenkeller verbleibt. Für Canepa ist aber klar: Der Trainer steht nicht zur Diskussion.

9. Januar 2016 – das grosse Reinemachen

Anfang Jahr reist der FCZ ohne Amine Chermiti, Davide Chiumiento, Berat Djimsiti und Leandro Di Gregorio (und trotzdem mit einem 24-Mann-Kader) ins Trainingslager nach Lara (Tür). Der Klub teilte mit, man wolle die «Saisonvorbereitung fokussiert mit denjenigen Spielern absolvieren, die in der zweiten Saisonhälfte zum Einsatz kommen sollen.»

Da jubeln sie noch gemeinsam: Amine Chermiti (l.) und Berat Djimsiti. 
Da jubeln sie noch gemeinsam: Amine Chermiti (l.) und Berat Djimsiti. Bild: KEYSTONE

19. Januar 2016 – Gavranovic verlässt das sinkende Schiff

Mit Mario Gavranovic verlässt der letzte verbliebene Schweizer Internationale den FC Zürich. Der Stürmer will sich in seiner zweiten Heimat Kroatien in Rijeka für ein EM-Aufgebot aufdrängen. Daneben verlassen auch Armando Sadiku (Vaduz) und Christian Schneuwly den Verein. Schmerzhaft der Abgang von Sadiku, der in der Hinrunde erfolgreichster FCZ-Torschütze war.

Die Verantwortlichen betonten, von den Abgängen überrascht worden zu sein und taten sich schwer, diese zu kompensieren. Zwei namhafte Zuzüge gelangen im Winter immerhin: Im Sturm kam der altgediente russische Star Alexander Kerschakow und in der Verteidigung sollte der Argentinier Leonardo Sanchez für mehr Stabilität sorgen.

9. Februar 2016 – Chiumiento begnadigt

Da es ohne ihn auch nicht wirklich besser wurde, durfte Chiumiento nach nur einem Monat im Exil wieder in die erste Mannschaft zurückkehren. Symptomatisch für die Konsequenz bei FCZ-Personalentscheiden. Gilles Yapi soll im Begnadigungsprozess die treibende Kraft gewesen sein, die Fitnessdefizite des Italo-Schweizers plötzlich nicht mehr relevant.

12. Mai 2016 – Hyypiä wird von den Spielern gespickt

Sami Hyypiä unmittelbar nach der Trennung.
Sami Hyypiä unmittelbar nach der Trennung.
Bild: KEYSTONE

Sami Hyypiä hielt sich lange im Amt, auch wenn er die Situation beim FCZ nie im Griff zu haben schien. Canepa hielt bis zuletzt am Finnen fest, konnte sich dem Willen der Mannschaft aber nicht widersetzen. Die 0:4-Heimniederlage (die vierte in Serie), brachte das Fass endgültig zum überlaufen und den FCZ in arge Bedrängnis, was den Abstieg anbelangt.

Immerhin war Canepa zackig, was die Neubesetzung des Traineramtes betrifft. Bereits Tags darauf wurde «Feuerwehrmann» Uli Forte vorgestellt. Wie die Niederlage gegen St.Gallen am Sonntag (0:3) zeigt, wurde der erhoffte Turnaround noch nicht erzielt, aber Forte hat ja auch noch zwei Meisterschaftsspiele (und den Cupfinal) Zeit, um die Saison noch zu retten. Diese FCZ-Chronologie wird garantiert seine Fortsetzung finden.

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17 Kommentare
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UncleHuwi
17.05.2016 19:12registriert Mai 2015
Wenn ich so etwas lese kann ich nur den Kopf schütteln und mir wird immer wieder aufs neue bewusst wie viel Glück wir in Basel mit Herr Heusler, Vorstand und co. haben! Canepa ruiniert diesen Verein. Ich hoffe er merkt es irgenwann selbst.#prayforFCZ
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dave1771
17.05.2016 18:47registriert März 2014
Also Sadiku ging ja nicht... er wurde Vaduz ausgeliehen, resp. abgeschoben!
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Kevegoal
17.05.2016 18:48registriert März 2014
Schön waren die Zeiten, als Canepa noch kein Thema war
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