Es gehört wohl zu einer der ersten Fussball-Erfahrungen, die viele Kinder machen: Wie eigentlich anständige Erwachsene im Stadion plötzlich komplett ausrasten können. Da fallen Worte, die sonst streng verboten sind. Man begreift: Im Fussballstadion ist zwar nicht alles erlaubt, aber es wird wesentlich mehr toleriert als im «echten» Leben.
Dem Gegner und dessen Anhängern wird von der Tribüne aus alles mögliche gewünscht. Der Schiedsrichter ist angeblich ein «Blinder». Und auch Spieler des eigenen Teams werden nach verkorksten Aktionen beleidigt. Dabei wird häufig in die unterste Schublade gegriffen, um dort Begriffe herauszuholen, deren Verwendung mittlerweile als verpönt und vorsintflutlich gilt.
Nun gibt es einen Leitfaden für all jene, die im Stadion zwar gerne Dampf ablassen möchten, dabei aber politisch korrekt bleiben wollen. Eine vom Deutschen Fussballbund (DFB), der Deutschen Fussball-Liga (DFL) und der Sozialorganisation «Aktion Mensch» unterstützte Initiative hat das Projekt «SprachKick» lanciert. Auf einer Website erfahren Fussballfans, was nicht geht und wie man einen Gedanken besser äussern würde. Ein Beispiel-Satz von der Website:
Im Grunde genommen ist der Leitfaden natürlich nicht bloss im Stadion nützlich, sondern auch im Alltag. So wird beigebracht, dass Menschen mit Behinderung kein «Handicap» haben, sondern eben: eine Behinderung. Dass jemand nicht «bildungsfern» ist, sondern «vom staatlichen Bildungswesen nicht erreicht». Und dass jemand kein «Blinder» ist, sondern «eine blinde Person». Weil Vergleiche von Frauen- und Männerfussball vermieden werden sollen, wird das neutrale «Die haben echt gut gespielt» empfohlen, anstelle des herablassenden Satzes «Für Frauen haben die echt ganz gut gespielt.»
Das alles sind vermeintlich kleine Details. Aber Projektleiterin Daniela Wurbs hat bei der Erarbeitung von «SprachKick» erfahren, dass es genau diese Feinheiten sind, welche die Wahrnehmung bei Betroffenen ändern.
Sie ist sich bewusst, dass man diejenigen, welche sich im Stadion aus der untersten Schublade bedienen, mit der Website kaum erreichen kann. «Wir zielen auf die ab, die es von sich aus besser machen wollen und ein grundsätzliches Bewusstsein für ihre Sprache haben», sagte Wurbs in der «Süddeutschen Zeitung» zur Zielgruppe des Projekts. «Wir wollen auch keine Sprachpolizei sein, sondern nur eine Orientierungshilfe bieten.»
Die Hoffnung ist, dass eine Art Zivilcourage greift. Dass «anständige» Zuschauer sich über korrekte Bezeichnungen informieren und dies im Stadion weitergeben, wenn der Typ hinter einem mal wieder besonders derb schimpft.
Man mag das für realitätsfern halten, es kann aber tatsächlich funktionieren. Vor einigen Jahren war ich in England, wir schauten in der zweiten Liga bei Huddersfield vorbei. Eine Reihe vor uns sass einer, der sich beim Abpfiff nach der 0:1-Niederlage kaum mehr beruhigen konnte. Bis ein anderer Fan sich anständig, aber deutlich an ihn wandte, auf das Kind zeigte, das ihn begleitete – und eine Entschuldigung vom tobenden Fan erhielt. Er zeigte sich einsichtig und bemerkte selber, dass seine Wortwahl unangebracht war. Wir staunten und das machte so einen Eindruck, dass ich mich immer noch daran erinnere.
Gut möglich, dass das eine Ausnahme war. Vielleicht war er aber auch seiner Zeit voraus. Diplom-Sozialpädagogin Wurbs hofft, dass die Klubs die Sache weiter unterstützen: «Mein Wunsch wäre, dass die Vereine die Inhalte von SprachKick in die Stadien tragen und zum Beispiel auf den Leinwänden anzeigen.» So, dass viel mehr Fans sich damit auseinander setzen, was da eigentlich alles gesagt wird im Stadion – und wie man es auch sagen könnte.
Schololololo!
Jede*r Anhänger*in der Mannschaft XY ist ein Nachkomme, dessen Mutter im horizontalen Gewerbe ihre Geld verdient! Schololololo!
Schiri, du Darmausgang!
Schololololo!
Du stohsch Abseits, du Mann der Koitus mit sich selbst betreibt! Schololololo!
Hoffentlich ändern die YB-Frauen den Namen bald auf „Young Girls“, nicht dass die Gender-Heiris noch einen Anfall kriegen, weil weil es ja YoungBoys-Frauen heisst..