Beim deutschen Rekordmeister dreht sich vor dem Rückrundenstart am 20. Januar gegen RB Leipzig alles um die Torwartfrage. Stammtorhüter Manuel Neuer zog sich bei einem Skiunfall einen Unterschenkelbruch zu. Der FC Bayern braucht einen Ersatz für die komplette Rückrunde.
Sven Ulreich, die aktuelle Nummer zwei, soll Neuers Rolle wohl nicht übernehmen, sondern weiterhin als Ersatztorhüter bereitstehen. Das lässt zumindest eine Aussage von FCB-Sportvorstand Hasan Salihamidzic in der «Sport Bild» vermuten. Dort sagte er: «Wir prüfen verschiedene Szenarien. Aber natürlich wäre Alexander Nübel eine naheliegende Lösung.» Allerdings müsste sein Leihverein AS Monaco dafür das «Go» geben – und Nübel darüber hinaus selbst vorzeitig nach München zurückkehren wollen.
Sollte der 26-Jährige in diesem Winter zu den Bayern zurückkehren, wäre er wahrscheinlich die Nummer eins. Allerdings fokussiert sich Nübel auf Spielpraxis, die er über den Sommer hinaus bei einem Comeback Neuers wohl nicht weiter bekommen würde. Eine externe Lösung wird somit wahrscheinlicher – und die könnte von einem Ligakonkurrenten kommen.
Nach Bekanntwerden des Ausfalls von Neuer gab es bereits Spekulationen um Gladbachs Yann Sommer. Der Vertrag des Schlussmannes läuft im Sommer aus, ein vorliegendes Angebot zur Verlängerung bei den «Fohlen» hat er bisher nicht angenommen. Ein vorzeitiger Abschied scheint also möglich zu sein. Für den deutschen Ex-Nationalkeeper Eike Immel ist Sommer aber kein geeigneter Nachfolger für Neuer: «Ich bin kein Fan von ihm», stellte er im Gespräch mit t-online klar.
Für Immel kommt es auf der Towartposition auf mehrere Dinge an: das grundlegende Talent, die Beweglichkeit und Reaktion sowie Nervenstärke. Aber auch die Grösse spiele eine wichtige Rolle: «Zu meiner Zeit als Torwarttrainer bei Fenerbahçe (Istanbul, 2003 bis 2005, Anm. d. Red.) war es so: Wenn ich nach neuen Torhütern gesucht habe, habe ich mich unter 1,87 Metern gar nicht erst für die Kandidaten interessiert.»
Sommer ist mit 1,83 Meter nicht der Grösste auf seiner Position – was für Immel einen deutlichen Unterschied ausmacht. «Ich will nichts Negatives sagen, aber: Neuer muss sich nicht bei jedem Ball hinwerfen oder eine Riesenparade machen, woraus Sommer eine Weltklasseparade macht», stellte er klar. Das Ergebnis sei das gleiche, «aber während der eine den Ball locker abgefangen hat, wird der andere in den Himmel gelobt.»
Immel, der fast ein Jahrzehnt für die deutsche Nationalmannschaft auf dem Platz stand (1980 bis 1988), sieht Neuer daher «in einer anderen Liga» spielen. «Er ist eine überragende Nummer eins und hat einen enormen Einfluss auf die Torhüter, vor allem aus der Jugend», sagte er über den Bayern-Keeper. Neuer ist bekannt für sein hohes Stellungsspiel, welches Immel imponiert: «Das erfordert ein gewisses Auge, so weit draussen mitzuspielen. Dazu Mut und technische Fähigkeiten. Aber auch Glück.»
Sommer ist nach Immels Vorstellungen also kein Kandidat für den Rekordmeister – und auch in Zukunft könnte die Torwartfrage in Deutschland zu einem grossen Problem werden. Immel fragte sich: «Haben wir überhaupt junge Spieler, die nachkommen? So wie damals bei Neuer, wo etwas Besonderes heranwächst, das siehst du heute nicht.»
Herr Immel nehmen sie die blau/rote Brille wieder ab.