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Frauenfussball: Prächtige Kulisse im Cup und trister Alltag in der Liga

Zuerichs Rahel Moser freut sich mit dem Pokal im Fussball Cupfinal FC Zuerich Frauen gegen den Grasshopper Club Zuerich im Letzigrund, am Samstag, 30. April 2022 in Zuerich. (KEYSTONE/Ennio Leanza)
Rahel Moser freut sich mit Fans über den Cupsieg mit dem FC Zürich.Bild: keystone

Frauenfussball zwischen prächtiger Kulisse im Cupfinal und tristem Alltag in der Liga

Beim 4:1-Sieg des FC Zürich gegen die Grasshoppers im Schweizer Cupfinal sorgen fast 8000 Fans für Stimmung. Im Ligaalltag herrscht aber Tristesse.
02.05.2022, 11:0302.05.2022, 11:03
raphael gutzwiller / ch media
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Wieder ein Rekord. Als der Stadionspeaker die Zuschauerzahl bekanntgibt, entbrennt Applaus: 7916 Personen sind in den Letzigrund gekommen. So viele wie noch nie beim Frauen-Cupfinal. Die FCZ-Fans, für einmal nicht in der Südkurve, sondern auf der Gegentribüne, besingen ihren Letzigrund.

Einige Minuten später ist dort die Stimmung ekstatisch: Die FCZ-Spielerinnen feiern vor ihren Fans. Soeben sind sie mit einem überzeugenden 4:1-Erfolg im Stadtderby gegen GC zum 15. Mal Cupsiegerinnen geworden.

Die vorangegangene Partie war beste Werbung für den Schweizer Frauenfussball. Zum einen, weil der FCZ eine starke Partie zeigte und sich GC trotzdem zunächst zurückkämpfte. Zum anderen aber auch, weil die spektakuläre Partie einmal mehr bewies, dass Frauenfussball Zuschauermassen begeistern kann.

Mitte Monat spielte das Nationalteam in Thun gegen Italien vor 6281 Personen, im letzten November empfing Servette in der Champions League Chelsea vor 12'782 Fans. Und international knackt Barcelona alle Rekorde. Zum Champions-League-Halbfinal gegen Wolfsburg kamen 91'648 Menschen.

Die FCZ Frauen jubeln mit dem Pokal nach ihrem Sieg im Fussball Cupfinal FC Zuerich Frauen gegen den Grasshopper Club Zuerich im Letzigrund, am Samstag, 30. April 2022 in Zuerich. (KEYSTONE/Ennio Lean ...
Die FCZ-Frauen feiern vor den Fans der Südkurve.Bild: keystone

Der Männerfussball dominiert in den Klubs

Auf den ersten Blick boomt der Frauenfussball also. Auf den zweiten wird aber deutlich, dass noch immer einiges nicht funktioniert. Als zwei Wochen zuvor das Zürcher Derby in der Frauen-Super-League steigt, ist die Kulisse des Cupfinals weit weg.

Auf dem Campus dürfen die GC-Frauen nicht auf dem Hauptplatz mit Tribüne spielen, sondern lediglich auf einem Kunstrasen-Nebenplatz. Beim ersten GC-Derbysieg seit elf Jahren sind nur 250 Personen dabei. Solche Beispiele gibt es fast an jedem Ligastandort. Die Zuschauerzahlen liegen überall unter 1000. In Yverdon kamen zuletzt nur 50 Personen, in St. Gallen 80.

Zuerichs Meriame Tercoun, links, spielt um den Ball mit Grasshopper Sarah Steinmann, rechts, im Fussball Cupfinal FC Zuerich Frauen gegen den Grasshopper Club Zuerich im Letzigrund, am Samstag, 30. Ap ...
Meriame Terchoun (links) während des Cupfinals.Bild: keystone

«Ich bin überzeugt davon, dass der Austragungsort und die Atmosphäre eine grosse Rolle spielen, wie viele Zuschauerinnen und Zuschauer kommen», sagt Meriame Terchoun. Die Nationalspielerin vom FC Zürich stellt aber fest:

«Leider ist das Frauenteam innerhalb der Vereine nicht genug wichtig. Insgesamt tut sich noch viel zu wenig.»

Der FCZ spielt im Heerenschürli, wo es eine Tribüne gibt. Jedoch ist diese nicht überdacht: «Wenn es regnet, haben wir kaum Zuschauer», so Terchoun. Beim Cupfinal im Letzigrund regnete es in Strömen.

Eine, die für Veränderung im Frauenfussball steht, ist Tatjana Haenni. Die Direktorin Frauenfussball beim SFV meint kritisch: «Viele gute Schritte wurden eingeleitet. Leider fehlt es aber noch immer an einigen Dingen. Der Verband ist historisch gewachsen, strukturell auf den Männerfussball ausgelegt.»

Tatjana Haenni, Direktorin Frauenfussball, spricht waehrend einer Medienkonferenz des Schweizerischen Fussballverbands SFV zur Strategie 2021-2025, am Donnerstag, 7. April 2022 in Muri bei Bern. (KEYS ...
Tatjana Haenni, Direktorin Frauenfussball, äussert sich kritisch zu den Strukturen im Verband.Bild: keystone

Als Beispiel nennt sie den Zentralvorstand des SFV. Darin vertreten sind die Swiss Football League, die Erste Liga und die Amateurliga. Diese Abteilungen haben den Fokus auf dem Männerfussball, der Frauenfussball ist aber irgendwie mitgemeint. «Die Medien und die Öffentlichkeit, mehr und mehr auch die Wirtschaft, haben realisiert, dass der Frauenfussball interessant sein kann. Aber innerhalb des Fussballs fehlt vielerorts das ernst gemeinte Interesse», sagt Haenni.

«Das höchste Zuschauerpotenzial»

Häufig werde der Frauenfussball nebenbei behandelt. «Die Frauen-Super-League hat nach der Männer-Super-League das höchste Zuschauerpotenzial – höher auch als die Challenge League. Dafür muss aber etwas getan werden», so Haenni. Terchoun findet, auch die Spielerinnen sollten aktiver werden. «Viele sind Influencerinnen, nutzen dies aber zu wenig. Wir müssen dafür sorgen, dass der Frauenfussball wächst.»

In den Minuten nach dem Cupfinal, den selbst die GC-Spielerinnen als aussergewöhnlich beschrieben, beschäftigt man sich aber nicht mit solchen Gedanken. Doppeltorschützin Fabienne Humm strahlt und sagt: «Es ist einfach aussergewöhnlich gewesen, vor diesen Fans zu feiern. Für uns ist ein Traum wahr geworden.» Doch das soll erst ein Anfang sein.

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9 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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Seb97
02.05.2022 11:42registriert Dezember 2016
«Ich bin überzeugt davon, dass der Austragungsort und die Atmosphäre eine grosse Rolle spielen, wie viele Zuschauerinnen und Zuschauer kommen»

Ähm nein, entscheidend für die Zuschauerzahl ist der gebotene Unterhaltungswert. Die Schützenwiese und das Brügglifeld können beispielsweise nicht gerade als Luxusstadien bezeichnet werden. Und trotzdem kommen oft über 5'000 Zuschauer an die Spiele. Weshalb? Wegen dem Gezeigten auf dem Rasen.
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Peter Vogel
02.05.2022 14:12registriert Juni 2020
Schaut halt dass es mehr Zuschauerinnen gibt.
Die Männer schauen den Männern zu. Die Fankultur wurde über Jahrzehnte aufgebaut. Sich einfach ins gemachte Nest setzen zu wollen wird nicht funktionieren.
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Ratchet
02.05.2022 13:37registriert Mai 2015
Die ewige Cash-Cow Fussball. Nimmt mich schon Wunder wo diese Frau Haenni diesen Potential sieht. Der Fussballfan schaut Dienstag bis Mittwoch ChampionsLeague, Donnerstag Europa Leauge und Conference League, Freitag bis Sonntag, die Topligen und die einheimischen Ligen. Wo und wann bitte soll man noch Frauenfussball schauen? Es gibt immer mehr Fussball. Mehr Spiele zu sehen, als man überhaupt Freizeit hat. Die Erwartungen sind völlig unrealistisch.
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