Das Wetter soll prächtig sein, heute und morgen in Lugano. Ideal für eine zweitägige Saisonschlussreise. Eine Belohnung muss ja sein für den imponierenden 3:0-Sieg gegen den FC Zürich und den Klassenerhalt. Eine gemütliche Fahrt ins Tessin, gut essen, ein bisschen mit dem Pedalo auf dem Luganersee herumkurven und bei einem Bierchen die Kameradschaft pflegen.
Natürlich läuft es ganz und gar nicht so ab, wenn der FC St.Gallen heute zu seinem letzten Super-League-Spiel in dieser Spielzeit aufbricht. Die Ostschweizer wissen: Die ganze Fussballschweiz schaut ihnen am Mittwoch auf die Füsse. Ob sie sich fair verhalten und im Cornaredo alles dafür tun, um gegen den FC Lugano ein möglichst gutes Ergebnis zu holen. Nur wenn sie punkten, hat der FC Zürich überhaupt noch eine Chance, sich zu retten.
«Würden uns die St.Galler Schützenhilfe leisten, dann müsste man einen ganzen Lastwagen mit Bier in die Ostschweiz bringen», hat FCZ-Trainer Uli Forte am Sonntagabend nach dem 2:2 in Sion gesagt. Er ist zwar selber einmal Trainer in St.Gallen gewesen, doch es sind kaum noch Spieler aus jener Zeit da, die er anrufen könnte, um ihnen für das Lugano-Spiel Beine zu machen.
Geht es nach Joe Zinnbauer, ist dies allerdings auch gar nicht nötig. Der St.Galler Trainer hat sich am Sonntag beim 1:4 gegen Luzern ziemlich darüber aufgeregt, dass sich seine Mannschaft nach der Pause nicht engagierter um ein besseres Ergebnis bemüht hatte. «Ich habe ihr in einer deutlichen Ansprache klargemacht, dass es so nicht geht», sagt Zinnbauer. «Da kommen 15'000 ins Stadion; Fans, die uns auch in schwierigen Zeiten unterstützt haben, und wir bieten ihnen nach der Pause eine solche Vorstellung. Das ärgert mich wahnsinnig.»
Das «St.Galler Tagblatt» hatte tags darauf «Zweite Halbzeit im Ferienmodus» getitelt und geschrieben, Zinnbauer habe einigen Spielern «Freibad-Fussball» attestiert. Der Trainer: «Ich meinte damit, dass ich es nicht goutiere, wenn sie Hacke-Spitze-1-2-3 spielen.» Von brotloser Kunst hält Zinnbauer nichts. Er glaubt, dass nach der Gala gegen den FCZ zu schnell wieder die grosse Zufriedenheit eingekehrt sei. «Wenn drei, vier Spieler nicht mitziehen, geht es nicht», sagt Zinnbauer.
Sein Assistent Daniel Tarone sagt: «Wir erwarten von der Mannschaft eine Reaktion auf die zweite Halbzeit gegen Luzern. So wollten wir uns nicht von unseren Fans aus der Saison verabschieden. Von daher haben wir etwas gutzumachen.» Tarone selber hatte jahrelang für den FCZ gespielt und sagt: «Natürlich verfolge ich die Entwicklung beim FCZ noch immer gespannt. Ein Abstieg wäre ein harter Schlag für den Verein. Für mich gehört der FCZ in die Super League. Aber nun bin ich seit Jahren beim FC St.Gallen, und wir müssen zuerst einmal auf uns schauen.»
Auch Captain Martin Angha ist als Junior für den FCZ aufgelaufen. «Ich hätte vor der Saison nie gedacht, dass der FCZ in diese Situation kommen könnte. Ich bin aber zu hundert Prozent auf den FC St.Gallen fokussiert und beschäftige mich momentan nicht damit, ob der FCZ absteigen könnte oder nicht», sagt Angha. «Wir fahren nicht zum Spass nach Lugano. Für uns ist es wichtig, uns mit einer ansprechenden Leistung aus der Saison zu verabschieden. Gegen Luzern haben wir dies nicht geschafft. Deshalb sind wir hoch motiviert, den Eindruck geradezurücken.»
Zinnbauer fordert mehr Gier von seinen Spielern. Gier nach Toren und Punkten. «In Deutschland werden schon die Jugendspieler darauf programmiert, rauszugehen, um zu gewinnen», sagt Zinnbauer. «Ich selber kann nicht mal ein Testspiel verlieren, ohne dass ich danach schlecht drauf bin.»
Doch ihm bleibt nun nichts anderes übrig, als an seine Mannschaft zu appellieren, sie möge kämpfen, laufen und grätschen. «Wir sind unseren Fans gegenüber in der Pflicht», sagt Zinnbauer. «Wir tun alles für den Sieg.»
Viel Glück an Zürich, aber am Abstieg sind sie selbst Schuld.