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Nur Ersatz gegen die Schweiz – zum Schluss dampft Ronaldo gefrustet ab

Football - FIFA World Cup, WM, Weltmeisterschaft, Fussball - Round of 16 - Portugal v Switzerland 6th December 2022 - FIFA World Cup - Round of 16 - Portugal v Switzerland - Cristiano Ronaldo of Portu ...
Nach dem Schlusspfiff hatte Cristiano Ronaldo wenig Lust, mit den Teamkollegen zu feiern.Bild: www.imago-images.de

Ausgebooteter Ronaldo – erst fröhlich mitgejubelt, dann gefrustet abgerauscht

Cristiano Ronaldo wurde beim 6:1-Erfolg Portugals im WM-Achtelfinal gegen die Schweiz zunächst auf die Bank verbannt. Der Superstar schien die Majestätsbeleidigung gelassen zu nehmen, am Ende konnte er aber nicht verbergen, dass ihn die überraschende Ausbootung ziemlich gewurmt hat.
07.12.2022, 11:1307.12.2022, 13:32
Philipp Reich
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Auf Instagram machte Cristiano Ronaldo nach dem 6:1-Achtelfinal-Erfolg gegen die Schweiz gute Miene zum bösen Spiel: «Ein unglaublicher Tag für Portugal mit einem historischen Ergebnis im grössten Wettbewerb des Weltfussballs. Eine Galavorstellung eines Teams voller Talente. Herzlichen Glückwunsch an unser Nationalteam. Der Traum lebt! Bis zum Ende! Força, Portugal!», schreibt der 37-jährige Superstar auf der Social-Media-Plattform.

Portugals Rekordtorschütze und Lichtgestalt mimt den Teamplayer, doch in ihm drin dürfte es anders ausgesehen haben. Denn Ronaldo war für das erste K.o.-Spiel der «Seleção» degradiert worden. Nach der Auswechslung im letzten Gruppenspiel gegen Südkorea, auf die CR7 schon ziemlich giftig reagiert hatte, setzte ihn Trainer Fernando Santos gegen die Schweiz gar von Beginn an auf die Bank.

Nicht etwa aus medizinischen, sondern aus taktischen Gründen. Und so versammelte sich vor dem Anpfiff eine riesige Fotografentraube vor der Ersatzbank der Portugiesen. Das ungewohnte Bild – Ronaldo mit gelbem Reservisten-Leibchen – musste schliesslich festgehalten werden. Bei einer WM spielte der Superstar zuletzt 2006 im letzten Gruppenspiel gegen Mexiko nicht von Anfang an.

Ganz schönes Gedränge vor der Portugal-Bank.
Ganz schönes Gedränge vor der Portugal-Bank.bild: twitter

Ronaldos Lebenspartnerin Georgina Rodriguez hatte wenig Verständnis für die Entscheidung. «Schade, den besten Fussballer der Welt 90 Minuten nicht geniessen zu können», schrieb sie nach dem Spiel auf Instagram und fügte an: «Die Fans haben nicht aufgehört, deinen Namen zu rufen und sich zu beschweren. Ich hoffe, dass Gott und dein lieber Freund Fernando (Santos, Anm. d. Red.) nun folgen und uns noch weitere magische Nächte bescheren.»

Ronaldo selbst wirkte zunächst nicht sonderlich angesäuert: Die Hymne sang er inbrünstig mit und bei den Toren seiner Teamkollegen jubelte er an der Eckfahne jeweils bestens gelaunt mit. Auch als sein Ersatz Gonçalo Ramos den dritten persönlichen Treffer erzielte, war kein Hauch von Missgunst festzustellen. Höchstens fragende Blicke in Richtung Trainer Santos: «Wann darf ich endlich rein?»

In der 74. Minute wurde der degradierte Captain dann endlich erlöst und unter tosendem Applaus des Publikums, das ihn zuvor minutenlang gefordert hatte, eingewechselt. Der erhoffte Treffer, mit dem Ronaldo mit Portugals WM-Rekordtorschütze Eusebio gleichgezogen wäre, wollte ihm aber nicht gelingen. Zwar zappelte der Ball in der 85. Minute nach einem Schuss von CR7 im Netz, doch der Superstar stand zuvor klar im Abseits.

Ob Frust über den fehlenden Treffer oder doch über die vorangegangene Ausbootung von Trainer Santos: Nach dem Schlusspfiff war Ronaldo nicht gross zum Feiern zumute. Kurz bedankte er sich alleine bei den mitgereisten Fans, dann machte er sich schnurstracks in Richtung Katakomben auf, während sich seine Teamkollegen vom Publikum noch ausgelassen feiern liessen. In England und Spanien schreiben die Medien gar von einer «Flucht».

Wie geht es nun weiter für den grössten Fussballer in Portugals Geschichte? Ronaldo wollte sich nach der Partie nicht dazu äussern. Beim Gang in die Garderobe dementierte CR7 lediglich die Gerüchte um einen Wechsel zum saudi-arabischen Topklub Al-Nasr und er wünschte der brasilianischen Fussball-Legende Pelé im Vorbeigehen gute Besserung. Mehr war nicht zu hören.

Auch Trainer Santos zeigte zunächst wenig Lust, über den ausgebooteten Captain zu sprechen. «Um Gottes Willen. Heute haben wir es eben anders gemacht», antwortete er nach dem Spiel auf die Frage, warum Ronaldo nicht von Anfang an gespielt habe – und dampfte gleich im Anschluss ab.

Portugal coach Fernando Santos L talks with Cristiano Ronaldo today, in a match of the round of 16 of the Qatar 2022 Soccer World Cup between Portugal and Switzerland at the Lusail stadium, Qatar 06 D ...
Santos sucht das Gespräch mit Ronaldo.Bild: imago-images.de

An der Pressekonferenz konnte sich Santos dem Thema aber nicht mehr entziehen. Zunächst erklärte er, dass er aus taktischen Gründen auf Ronaldo verzichtet habe. «Wir haben vor dem Spiel miteinander gesprochen und Cristiano hatte keine Probleme mit meiner Entscheidung. Er hat es sehr professionell aufgenommen und wirklich keine Probleme gemacht.» Er kenne Ronaldo seit 19 Jahren und habe nach wie vor eine sehr gute Beziehung zu ihm.

Darauf angesprochen, ob CR7 im Viertelfinal gegen Marokko wieder in der Startaufstellung stehen werde, erklärte Santos: «Das kann ich jetzt noch nicht sagen, wir werden sehen. Ja, wir werden sehen. Er ist definitiv einer der besten Spieler der Welt, sehr professionell und ein guter Captain. Aber wir müssen nun gemeinsam an diese Mannschaft denken.»

Das klingt nicht danach, als würde Ronaldo gegen Marokko wieder von Anfang an spielen dürfen. Sicher ist nur, dass Ronaldo – ob auf dem Platz oder Bank – wieder im Mittelpunkt stehen und im Fall der Fälle zumindest vordergründig wieder gute Miene zum bösen Spiel machen wird – zumindest, solange Portugal weiter gewinnt.

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11 Kommentare
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P. Meier
07.12.2022 12:00registriert März 2017
Positiv gesehen, hat es die Schweiz in einem heroischen Abwehrkampf geschafft, dass Ronaldo kein Tor erzielen konnte!
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Bruno Wüthrich
07.12.2022 12:50registriert August 2014
Tatsache ist einfach, dass Portugal ohne Ronaldo gegen die Schweiz ihr bisher mit Abstand bestes Spiel an dieser WM gezeigt hat. Der Superstar durfte dann noch ran, als alles längst entschieden war.

Das deckt sich auch (zumindest grösstenteils) mit seinen letzten Klub-Engagements bei Juve und ManU.

Und es zeigt einfach, dass es sich nicht mehr lohnt, eine ganze Mannschaft auf ihn auszurichten. Dies hat sich aber sehr wohl gelohnt, als Ronaldo noch jünger war. Er war einer der Allergrössten.
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