«Influencerteam» dominiert seit der Gründung: Das nächste Ziel ist der Profifussball
Von dieser Bilanz träumt wohl jedes Fussballteam: 81 von 82 Meisterschaftsspielen konnte Delay Sports Berlin in den ersten drei Saisons der Vereinsgeschichte gewinnen und stieg dementsprechend in jeder Saison auf. In der Kreisliga gestartet, befinden sich die Hauptstädter bereits in der achtklassigen Bezirksliga Deutschlands und haben auch für die laufende Spielzeit nur ein Ziel: Aufstieg in die Berlinliga.
Im Jahr 2021 wurde Delay Sports von Streamer und Influencer Elias Nerlich und dem ehemaligen Fussballprofi Sidney Friede, der mittlerweile selbst eine Internet-Berühmtheit ist, gegründet. Nerlich, der in den sozialen Medien insgesamt auf über sechs Millionen Follower kommt, sagte nach der Gründung des Vereins gegenüber Sport1: «Wir wollen einfach ein bisschen zocken, unsere Spiele aufnehmen und das den Leuten zeigen.» Weiter führte der Präsident von Delay aus: «Wir haben da Freunde von mir, die auch manchmal am Wochenende extrem viel trinken, aber das gehört in der Kreisliga dazu. Ich habe keinen Hintergedanken mit diesem Klub.» Schnell ging der Verein viral und hatte mehr Abonnenten auf Instagram als die beiden Berliner Profimannschaften Union Berlin und Hertha BSC.
Nerlichs Fans strömten zu den Spielen seines Teams und lösen noch heute bei vielen Gegnern hohe Besucherzahlen aus. Andreas Schild, der erste Trainer des «Influencerklubs», ist mittlerweile der sportliche Leiter des Vereins und erklärte gegenüber dem Kicker: «Unsere Gegner profitieren davon, dass sie plötzlich mal 200 Zuschauer auf der Anlage haben und Einnahmen durch Eintritt generieren.»
An einen Verein zwischen Freunden, die einfach nur kicken wollen, erinnert es aber immer weniger. Mitgründer Friede, einer der Schlüsselspieler, ging vor dem ersten Spiel der neuen Saison angeblich in den Ausgang und wurde daraufhin auf die Bank gesetzt. Delay musste sich mit einem 1:1-Unentschieden zufriedengeben. Nichts mehr mit «extrem viel trinken» vor den Spielen bei den Berlinern. Seither fahren die Aufsteiger aber ihren Erfolgszug fort und feierten drei Kantersiege (11:0, 15:1 und 5:1).
An der Seitenlinie bei Delay steht als Cheftrainer mittlerweile Ex-Profi Kevin Pannewitz. Der 33-Jährige lief als Profi unter anderem für Wolfsburg und Hansa Rostock auf und galt als grosses Talent. Wegen Fitnessproblemen kam die Karriere des deutschen Verteidigers nie wirklich ins Rollen.
Das Ziel zeichnet sich immer mehr ab: Delay Sports will in den Profifussball und möchte enorm aufrüsten. Aktuell spielt das Bezirksligateam noch im Volkspark Wilmersdorf, die zweite und dritte Mannschaft müssen aber auf dem Gelände vom BFC Preussen trainieren. Deshalb möchte der Klub bald auf ein 83'000 Quadratmeter grosses Sportgelände in Mariendorf wechseln. Präsident Nerlich erzählte kürzlich in einem Twitch-Stream, was dann alles geplant ist: mehrere Fussballplätze, eine Sporthalle, Veranstaltungsräume und ein Burger- sowie ein Dönerrestaurant. Regionalligist BFC Preussen soll den Verein dabei unterstützen.
Sportlich dürfen die Ziele gemäss dem sportlichen Leiter Schild nach dem angestrebten Aufstieg in die Berlinliga etwas weniger ambitioniert sein, «damit alles gesund wächst». Auch das Bezahlen von Spielern wird langsam aber sicher ein Thema in Berlin: «Aktuell spielen unsere Jungs for free, aber das wird sich perspektivisch ändern müssen.» Trotz allem sei es noch immer ein Amateurverein, stellt Schild beim Kicker klar. «Viele denken, wir schmeissen mit Geld um uns, aber das entspricht nicht der Wahrheit.»
Obwohl Delay nur ein Amateurverein ist, führte das Team ein Trainingslager im Adidas-Camp in Herzogenaurach, wo häufig auch die deutsche Nationalmannschaft trainiert und bestritt Testspiele gegen die Fünftligisten Eintracht Bamberg und FC Ingolstadt II vor mehreren Tausend Zuschauern. In Ingolstadt waren beim Testspiel der zweiten Mannschaft mehr Zuschauer vor Ort als einen Tag später bei der Profimannschaft, welche in der 3. Liga spielt.
Für Delay steht am Sonntag das nächste Meisterschaftsspiel an. Beim Tabellenletzten SV Stern Britz wäre alles andere als ein Kantersieg eine grosse Überraschung.
