20 Spiele, 20 Siege: Der Arkadag FK ist erstmals turkmenischer Fussballmeister. Überlegen ist der Klub, der in dieser Saison in der Yokary Liga 70 Tore geschossen und nur 14 Treffer kassiert hat. Den Titel stellte Arkadag bereits vier Runden vor Schluss mit einem 4:0-Sieg gegen Altyn Asyr sicher.
Dieser Erfolg ist auf den ersten Blick erstaunlich, schliesslich gibt es den Klub erst seit diesem Jahr. Doch Arkadag ist kein gewöhnlicher Fussballklub. Das belegt alleine schon die Tatsache, dass der Landesverband ihn auf Anhieb in die höchste Liga beförderte. Was uns direkt zum Mann hinter dem Klub führt: Gurbanguli Berdimuhamedow.
15 Jahre lang war er Präsident des Landes, bis er 2022 von seinem Sohn abgelöst wurde. Seither bekleidet Berdimuhamedow ein anderes Amt, durch welches er nach wie vor die Hebel der Macht in der Hand hält. Als Deutschlands Bundeskanzler Olaf Scholz im September die Präsidenten der fünf Stans (Kasachstan, Kirgistan, Usbekistan, Tadschikistan und Turkmenistan) empfing, reiste jedenfalls der Vater nach Berlin.
In einem autoritären Regime wie Turkmenistan, das im Demokratieindex erst auf Rang 161 von 167 Ländern zu finden ist, legt man sich besser nicht mit Männern wie Berdimuhamedow an. Als dieser auf die Idee kam, einen Fussballklub zu gründen, wurden ihm deshalb keine Steine in den Weg gelegt.
Zehn aktuelle Nationalspieler Turkmenistans wechselten vor dieser Saison zum Neuling. Sie kamen, wie die meisten Spieler im Kader, von den beiden bisherigen Topteams im Land: vom letztjährigen Meister Ahal und vom Vizemeister Altyn Asyr. Der Vorgang erinnert an den früheren Ostblock, wo Fussballer vom jeweiligen Regime in die Lieblingsklubs der Machthaber abkommandiert wurden.
In der DDR sah sich einst BFC Dynamo, der Klub von Stasi-Chef Erich Mielke, regelmässig dem Vorwurf ausgesetzt, dass bei seinen Partien nicht alles mit rechten Dingen zu- und hergeht. Auch aus Turkmenistan ist zu vernehmen, dass die Schiedsrichter dem Arkadag FK offenbar wohlgesonnen sind.
So soll eine Partie nur deshalb 1:0 gewonnen worden sein, weil dem Klub in der 91. Minute ein Penalty zugesprochen wurde, der keiner war. Offen spricht das freilich niemand aus, zu gefährlich wäre es, sich gegen die Machthaber zu äussern, wenn es sich doch bloss um etwas so Unbedeutendes wie Fussball handelt.
Zu Sowjetzeiten spielte nie ein turkmenisches Team in der höchsten Liga und dem Nationalteam gelang seit dem Zusammenbruch des Riesenreichs bloss zweimal die Qualifikation für die Asienmeisterschaften. Ringen und Reiten gelten als Nationalsportarten, die einzige Olympiamedaille in Turkmenistans Geschichte holte eine Gewichtheberin.
Fussballfans im Land würden die eigene Liga nicht gross beachten, sagte der im tschechischen Exil lebende Farrukh Jusupow von Radio Free Europa zur BBC. Höher im Kurs stünden die englischen und spanischen Topteams: «Wenn man die Stadien der nationalen Meisterschaft anschaut, sieht man kaum Zuschauer. Aber gleichzeitig lieben die Turkmenen den Fussball. Sie jubeln meist berühmten Mannschaften wie Real Madrid, Barcelona oder Manchester United zu.»
Der vormalige Staatspräsident Gurbanguli Berdimuhamedow hofft wohl, dass sich dies durch seinen Klub ein wenig ändert. Arkadag ist gleichzeitig ein Aushängeschild für die gleichnamige Stadt, die im Grossraum der Hauptstadt Aschgabat innert weniger Jahre aus dem Boden gestampft und vor einem Jahr gegründet wurde.
Die Stadt ist ein Prestigeprojekt von Berdimuhamedow, der selber auch den Übernamen Arkadag trägt – er bedeutet «Beschützer». Aus 43 Metern Höhe blickt Berdimuhamedow in Arkadag auf die Bewohner hinab: auf einem Pferd sitzend, ein Denkmal in Gold. In Sachen Personenkult steht er seinem Vorgänger Saparmurat Nijasow, Turkmenbaschi genannt, kaum nach.
Die edlen Vierbeiner hatten es dem Diktator noch vor den Fussballern angetan. Als Berdimuhamedow im Frühling 2013 an einem Pferderennen teilnahm, das er natürlich gewann, stürzte er unmittelbar nach der Ziellinie und blieb bewusstlos liegen. Sämtliche Besucher wurden angewiesen, Aufnahmen des Sturzes zu löschen. Dutzende wurden verhaftet, weil man sie verdächtigte, Aufnahmen ausser Landes zu schmuggeln. Im Staatsfernsehen wurde nur über Berdimuhamedows Sieg berichtet, gleich nach dem Passieren der Ziellinie endete der TV-Bericht.
Böse enden könnten auch die internationalen Auftritte des Arkadag FK. Denn mit dem Meistertitel hat sich der Klub für die asiatische Champions League qualifiziert. Während er seine eigene Liga dominiert, endete das erste internationale Spiel ernüchternd. In einer Freundschaftsspartie, zumindest ein Fingerzeig, kam Arkadag nicht über ein 1:1 hinaus. Dabei war der Gegner kein europäisches Powerhouse, sondern von bescheidenem Kaliber: Besa Doberdoll, zweite Liga in Nordmazedonien.
Trotzdem dürften sie sich in Turkmenistan auf die Champions League freuen. Mit etwas Losglück kommt es zu einem Duell mit einem, den auch dort jeder kennt: den in Saudi-Arabien beschäftigten Superstar Cristiano Ronaldo. Doch zunächst gilt der Fokus noch der laufenden Spielzeit, schliesslich winkt eine perfekte Saison mit 24 Siegen in 24 Spielen. Und sollte es nochmals eng werden, erinnert sich der Schiedsrichter vielleicht ja daran, wessen Klub er da pfeift.