Es waren Szenen, die im Fussball eigentlich niemand sehen will. Nachdem der Abstieg des FC Schalke 04 im April 2021 besiegelt war, erwarteten einige hundert Fans des Klubs die Profis und beschimpften sie. Dann eskalierte die Situation, als einzelne Gewalttäter aus der Gruppe hervortraten und die Spieler körperlich angriffen. Einige Profis mussten vor dem wütenden Mob davonrennen, um unversehrt zu bleiben. Der Klub schien nach seinem ersten Abstieg nach 30 Jahren in der Bundesliga am Tiefpunkt angekommen.
Und in der Folge ging es tatsächlich wieder bergauf. Klub und Anhang versöhnten sich, die Saison in der 2. Bundesliga war ein Erfolg, am Ende stand Platz 1 und der direkte Wiederaufstieg. Die Erfolgsgeschichte war jedoch von kurzer Dauer, der Klassenerhalt wurde nicht erreicht, doch erfolgte der Abstieg im letzten Mai deutlich harmonischer. Nur hielt der Abwärtstrend, der ursprünglich nach der Vizemeisterschaft in der Saison 2017/18 eingesetzt hatte, dieses Mal auch nach dem Abstieg an.
Aktuell steht Schalke 04 auf Platz 15, sowohl Braunschweig auf dem Relegationsplatz als auch Rostock auf dem direkten Abstiegsplatz sind punktgleich mit den Königsblauen. Das Team von Trainer Karel Geraerts, der im Oktober von Thomas Reis übernommen hat, befindet sich mitten im Abstiegskampf. Wie Arminia Bielefeld in den letzten beiden Saisons droht nun den Schalkern, aus der Bundesliga in die 3. Liga durchgereicht zu werden. Im Falle von letzteren hätte dieser aber drastische Folgen.
Denn wie Sky berichtet, ist es «im Grunde ausgeschlossen», dass S04 eine Lizenz für die 3. Liga erhält. Weil die tiefste Profi-Liga des Landes anders als die 1. und die 2. Bundesliga dem Deutschen Fussball-Bund (DFB) und nicht der Liga (DFL) untergeordnet ist, gelten dort andere Regeln bezüglich Schulden. Dem zum Ende der letzten Saison mit 165 Millionen Euro in der Kreide stehenden Klub würde gar der Zwangsabstieg in die 4. Liga drohen, sollte dieses Szenario eintreffen. Gemäss dem deutschen Sport-Portal wäre der Verein, wie es ihn aktuell gibt, dann tot.
Doch selbst sollten die Schalker die Lizenz im Falle eines Abstiegs entgegen dem Bericht erhalten, wäre nichts mehr wie es war im Gelsenkirchener Stadtteil. Zuletzt berichtete Sport Bild, dass kein einziger der Profis einen Vertrag für die 3. Liga besitzt. Der Sportdirektor und frühere Anführer der «Eurofighter», die in der Saison 1996/97 den UEFA-Cup in den Ruhrpott brachten, Marc Wilmots müsste dann von Null auf ein neues Kader zusammenstellen. Obwohl er für die bisherigen Spieler keinen Cent einnehmen würde.
Das Budget würde sich aufgrund der TV-Einnahmen, die sich in der 3. Liga pro Team nur auf einen Bruchteil der knapp 20 Millionen Euro belaufen, welche Schalke in der laufenden Saison kassiert. Gemäss Ruhr 24 enthält der TV-Pott für alle 18 Teams – die beiden U23-Mannschaften von Dortmund und Freiburg sind von der Verteilung ausgeschlossen – gerade einmal 23 Millionen Euro. Auch gewisse Werbepartner dürften abspringen oder zumindest auf tieferen Beiträgen bestehen.
Das würden auch die Mitarbeiter sowie die Nachwuchsabteilung zu spüren bekommen. Der einst grosse FC Schalke 04 müsste einen extremen Sparkurs fahren, der in allen Bereichen einschneidende Konsequenzen zur Folge hätte. Selbst ein Verkauf der Anteile an der Veltins-Arena – 83,64 Prozent des Stadions gehören Schalke – wäre dann nicht ausgeschlossen. Da muss man fast von Glück sprechen, dass der einstige Vereinspatron Rudi Assauer vor bald fünf Jahren verstorben ist und sich den Niedergang seines Herzensvereins nicht mit ansehen muss.
Noch ist dieses Horrorszenario – der Untergang des Traditionsklubs, zu dessen Heimspielen auch in dieser Saison durchschnittlich über 61'000 Fans pilgern – abzuwenden. Dafür müssen sich aber allen voran die Profis des Ernsts der Lage bewusst werden. Denn es geht nicht um sie selbst, die meisten Spieler würden sofort wieder einen Verein finden, es geht um etwas viel Grösseres.