England weint. Landauf landab sind die Fahnen auf halbmast gestellt. Ganz England hat den Champions-League-Blues: Jedermanns Liebling, der FC Chelsea, ist in der Königsklasse an Paris Saint-Germain gescheitert.
Trotz dem schwachen Auftritt in Überzahl werden die englischen Fans dem Londoner Traditionsklub natürlich die Stange halten, denn diese allumfassende Fanliebe geht tiefer als ein x-beliebiges Ausscheiden. Die Gründe, wieso die Blues so beliebt ist, sind mannigfaltig. Eine Auswahl:
Diego Costa, jedes Fussballfans zweitliebster Diego nach dem grossen Maradona, muss Respekt gezollt werden. Denn er seinerseits gibt sich Sonntag für Sonntag der mühseligen Arbeit hin, den boshaften, raubeinigen englischen Verteidigern Respekt einzubläuen. Er tut dies mit allen Mitteln: Händen, Füssen, Ellbögen ... und sogar mit dem Kopf, wenn es sein muss.
Totale Hingabe und Aufopferungsbereitschaft für das grössere Wohl – bemerkenswert!
Zum besten Klub gehören die besten Fans. Durchs Stadion schallen regelmässig nicht banale «Chelsea, Chelsea, Chelseeeea»-Rufe, sondern Symphonie-Meisterwerke, die vor Dichtkunst und Wortwitz nur so triefen und ein wahres Feuerwerk an O(h)rgasmen zünden. Ihre Weltoffenheit ist weit über die Grenzen Londons hinaus bekannt. Und nicht zuletzt tummeln sich jeweils unzählige Sympathie-Träger auf den Rängen der Stamford Bridge.
Fussball ist für diese Mannschaft nicht einfach nur Fussball, es ist Kunst. Unter Mourinho hat Chelsea den Fussball der Neuzeit revolutioniert: Gefährliche und ungefährliche Bälle reihenweise wegschwarten, die Defensive über alles stellen und in ausnahmslos jeder Partie auf ein 0:0 spielen. Auch gegen schwächere Gegner. Zu Hause. So verzücken sie ihre Jünger Sonntag für Sonntag mit Leckerbissen.
Zahlreiche Vertreter der Fussballtrainer-Gilde sind arrogante Sausäcke. Sie behandeln alle von oben herab, lassen sich nichts vorwerfen und treten mit ihrem Team nach dem Motto auf: «Wir gegen die Welt. Jeder hasst uns, aber uns ist das egal.» Das ist lahm und lenkt vom Wesentlichen, nämlich dem Fussball, ab. Zum Glück würde José Mourinho nie so tief sinken.
Ohne Worte.
Immer mehr Vereine lassen sich von den Öl-Millionen aus dem Nahen Osten verführen. Nicht so die Blues: Der bescheidene Klub von der Stamford Bridge hat sich mit einem russischen Kleinunternehmer zusammengetan und sich ohne fette Finanzspritze Stück für Stück nach oben gearbeitet. Ehrliche, harte Arbeit zahlt sich halt immer noch am besten aus.