Französischer Beamter soll über 200 Frauen bei Bewerbungen unter Drogen gesetzt haben
Wenn man sich fragt, wo einem etwas ins Getränk gemischt werden könnte, denkt man an einen Club oder eine Bar. Oder vielleicht an eine dubiose Home-Party. Die wenigsten würden jedoch an ein Vorstellungsgespräch denken.
In der französischen Hauptstadt Paris ist jedoch genau das passiert – immer und immer wieder. Dies berichtet der Guardian. So soll ein Angestellter des Kulturministeriums über die Networking-Plattform Linkedin über 240 Frauen auf ein Bewerbungsgespräch nach Paris eingeladen haben. Der Beamte habe den Frauen beim Gespräch Kaffee oder Tee angeboten, heisst es im Bericht. Dabei soll er den Bewerberinnen eine hoch dosierte, illegale Droge in die Getränke gemischt haben. Diese führt zu starkem Harntreiben.
Nach dem Austrinken soll der Beamte den Frauen jeweils vorgeschlagen haben, das Gespräch an der frischen Luft weiterzuführen. Im Wissen, dass die Bewerberinnen dort keine Toilette aufsuchen können.
Auf den Spaziergängen sollen dann viele Frauen mitgeteilt haben, dass sie sich schlecht fühlten und dringend auf die Toilette mussten. Einige hätten sich in der Natur erlöst oder ihr Wasser nicht halten können und sich auf dem Weg zur Toilette in die Hose gemacht, wird berichtet.
Betroffene sprechen erstmals
Nun hat erstmals eine der Betroffenen gegenüber dem «Guardian» gesprochen. Sie sagte im Interview, dass sie auf dem Spaziergang gespürt habe, wie ihr Herz immer stärker pochte. Daraufhin habe sie gesagt, sie brauche eine Pause. Doch der Beamte sei einfach immer weitergelaufen.
Die damals 35-jährige Betroffene sagte, sie warte immer noch auf den Prozess. Der Vorfall sei mittlerweile sechs Jahre her. So lange auf ein juristisches Verfahren zu warten, sei schlicht nicht richtig.
Eigentlich habe sie damals, aus Nervosität, gar nichts trinken wollen. Doch sie habe den Kaffee, der ihr angeboten wurde, aus Höflichkeit angenommen und weil sie einen guten Eindruck habe hinterlassen wollen.
Die Betroffene sagt, die Kaffeemaschine sei im Gang gestanden, sie habe den Kaffee noch selbst herausgelassen. Der Beamte habe ihn daraufhin genommen und habe sich kurz umgedreht, um einen Kollegen zu grüssen. Dabei sei er auf die andere Seite des Gangs gelaufen. Sie vermutet heute, dass er in diesem Moment etwas in den Kaffee getan habe.
Während des Spaziergangs habe sie ihre Blase dann irgendwann nicht mehr kontrollieren können. Die Betroffene berichtet, sie habe sich noch Jahre später ein schlechtes Gewissen eingeredet. Sie habe Paris gemieden und aufgehört, sich auf weitere Jobs zu bewerben. Nach dem Vorfall habe sie Albträume gehabt und das Gefühl, sie sei nutzlos und eine Versagerin.
2019, vier Jahre nach dem Vorstellungsgespräch, wurde sie von der Polizei kontaktiert, weil man ihre Kontaktdaten auf dem Computer des Beamten gefunden hatte.
Die Liste der «Experimente»
Die Fälle kamen im Jahr 2018 ans Licht. Dies, weil ein Kollege des Beamten diesen angezeigt hatte. Offenbar wurde er dabei erwischt, wie er versuchte, die Beine unter dem Rock einer anderen Beamtin zu fotografieren. Daraufhin eröffnete die Polizei ein Verfahren gegen den Mann.
Auf seinem Computer wurde daraufhin eine Tabelle mit dem Titel «Experimente» gefunden. Dort habe er die Zeit und Daten der Medikamentenabgabe an die Frauen und deren Reaktionen notiert, wie es im Bericht heisst.
2019 wurde der beschuldigte Beamte freigestellt und es wurde ein Verfahren wegen sexueller Belästigung und dem Unter-Drogen-Setzen von Frauen eingeleitet.
Es sei ihm dabei um sexuelle Fantasien und die Ausübung von Macht gegenüber den Frauen gegangen, wird ihm vorgeworfen.
Einige der Frauen haben inzwischen Zivilklagen gegen den Staat gewonnen. Der Beamte selbst wurde jedoch bis anhin in keinem der Fälle schuldig gesprochen. (nib)
