Am Sonntag trennten sich der FC Chelsea und der FC Liverpool im grossen Kracher der Premier-League-Runde ohne Sieger. Die attraktive Partie endete 2:2 – doch ein grosser Teil der Berichterstattung drehte sich um einen Spieler, der gar nicht auf dem Rasen stand.
So wurde vor allem in England und Italien zuletzt rege über die Personalie Romelu Lukaku diskutiert. Der 115-Millionen-Transfer des vergangenen Sommers hatte sich im Vorfeld über seine schwierige Situation bei den «Blues» beklagt und war deshalb von Trainer Thomas Tuchel aus dem Kader gestrichen worden. Doch was genau steckt dahinter? Wir liefern eine Übersicht.
Ursprung der ganzen Diskussion ist ein Interview, welches der Belgier am 30. Dezember gegenüber dem italienischen Journalisten Matteo Barzaghi auf «Sky Sport» gegeben hat. Dabei liess Lukaku seinem Frust darüber, dass er zuletzt in der Sturmspitze nur noch zweite Wahl war, freien Lauf.
Gleichzeitig sprach Lukaku auch über Inter Mailand, wo er einst Publikumsliebling war und den Meistertitel holte, ehe er nach seinem Abgang im Sommer bei den Fans viel Ansehen verlor. Der Belgier entschuldigte sich für sein Verhalten und sagte offen, dass er irgendwann wieder zurückkehren will.
Als kurz nach der Veröffentlichung des Interviews die Pressekonferenz vor dem Spiel gegen Liverpool stattfand, wurde Chelsea-Trainer Thomas Tuchel wenig überraschend sofort auf die Thematik angesprochen. Der Deutsche nahm ebenfalls kein Blatt vor den Mund und machte deutlich, was er von den Äusserungen des Belgiers hält.
So kündigte Tuchel an, er werde mit Lukaku das Gespräch suchen. Und obwohl er schon vor dem Top-Spiel zweimal mit dem Belgier gesprochen hatte, entschied der Coach, seinen Stürmer nicht aufzubieten. «Im Moment ist es ohne ihn einfacher, die Konzentration auf dem Maximum zu halten», erklärte der Deutsche, «es war eine schwierige Entscheidung, aber für mich die richtige.»
Der Grossteil der Anhänger von Chelsea stellte sich hinter den Verein und begrüsste den Entscheid von Tuchel, Lukaku aus dem Kader zu streichen. Viele stellten sich in den sozialen Medien hinter den Trainer, zeitweise kursierte die Forderung «Lukaku Out».
Doch nicht nur in London sorgte das Interview des Belgiers für Aufruhr. Auch die Inter-Fans zeigten sich nach den Aussagen Lukakus nicht versöhnlich gestimmt. So stellte die Curva Nord am Wochenende vor dem Stadion in Mailand ein Transparent auf mit den Worten: «Es zählt nicht, wer bei Regen flieht. Es zählt, wer im Gewitter bleibt. Ciao Romelu.»
#News Striscione di risposta della curva Nord a Romelu #Lukakuhttps://t.co/SdzPsIjTDX pic.twitter.com/4wrr2T9CGm
— InterChannel📺📰 (@interchannel_ic) December 31, 2021
Wie die Fans hatten auch viele Experten kein Verständnis für Lukakus Äusserungen. Ex-Liverpool-Ikone Graeme Souness bezeichnete das Interview als «lächerlich und schädlich» und stärkte Tuchel für dessen Entscheid, den Stürmer aus dem Kader zu streichen.
Einer ähnlichen Meinung ist auch der ehemalige Topstürmer Michael Owen. Der Engländer äusserte sich auf Twitter zur Thematik und schrieb ebenfalls, der Verein müsse immer wichtiger sein als jeder Spieler.
If reports are accurate, it’s a huge decision from Tuchel to leave Lukaku out of todays @ChelseaFC squad. But in the long term interests of the club, it’s a good one. No player is more important than the club and while being employed by someone, you can’t speak out like he has.
— Michael Owen (@themichaelowen) January 2, 2022
Dennoch gab es auch Experten, die den Belgier für seine Äusserungen in Schutz nahmen – etwa voran Gary Neville. Der langjährige Nationalspieler verteidigte die Entscheidung Lukakus, seine Meinung offen zu sagen.
Mit diesen Aussagen gleich zu Beginn des Transferfensters überrascht es wenig, dass sofort über einen möglichen Abgang des Starstürmers spekuliert wird – etwa über eine Rückkehr zu Inter oder einen Wechsel zu Tottenham, wo er Harry Kane beerben könnte und wieder auf Antonio Conte treffen würde.
Realistischerweise ist es aber so gut wie ausgeschlossen, dass der Belgier noch in diesem Winter wechseln wird. Am Montag steht ein Gespräch mit Thomas Tuchel an, auch sein Berater wird vor Ort sein. Dabei wird es darum gehen, die Wogen zu glätten, zumal Chelsea alles daran tun wird, den 115-Millionen-Mann im Team zu halten. Auch Transfer-Experte Fabrizio Romano schreibt, es sei nicht geplant, Lukaku im Januar zu verkaufen.
Der Spieler soll dann die Klappe halten und auf dem Bänklein Platz nehmen? Ich denke der Spieler kann ganz gut sich äussern und der Club muss dies aushalten können.
Lukaku darf diesse Meinung haben und auch äussern. Nur hat er das auf einem sehr hinterhältigen Weg getan. Professionell wäre es gewesen, zuerst mit dem Club und dem Coach zu sprechen. Nicht direkt den Kontakt mit Sky italia zu suchen. Ausserdem redete er im Sommer noch von seiner Traum-Rückkehr und hat im Spiel vor dem Interview noch das Vereinswappen geküsst. Das macht man einfach nicht.