Nach teils sehr dramatischen Viertelfinals starten am Dienstag die Halbfinals. Mit England, Italien, Spanien und Deutschland kämpfen noch vier Nationen um den begehrten Pokal. Dabei sind die Rollen in beiden Spielen klar verteilt, doch an dieser Europameisterschaft gab es schon einige Überraschungen und besonders ein Punkt spricht für die Aussenseiterinnen.
Bereits im ersten Halbfinal kommt es für Fussballfans zu einem absoluten Leckerbissen. Italien fordert als Aussenseiter Titelverteidiger England. Beide Nationen setzten sich im Viertelfinal höchst dramatisch durch.
Nach vier Punkten in der Gruppenphase und Tabellenplatz zwei qualifizierte sich Italien hinter Spanien für den Viertelfinal und traf auf Norwegen, das die Schweizer Gruppe mit drei Siegen aus drei Spielen an der Tabellenspitze abschloss.
In einer spannenden Partie erzielte Cristiana Girelli in der 90. Minute mit ihrem zweiten Treffer im Spiel das entscheidende Tor und schoss Italien mit ihrem 61. Tor im Nationaldress in den ersten EM-Halbfinal seit 28 Jahren. Im Halbfinal ist die «Squadra Azzurra» klarer Aussenseiter gegen England.
Doch auch die Titelverteidigerinnen von der britischen Insel hatten an der laufenden EM bisher ihre Probleme und das Drama vom Viertelfinal gegen Schweden war besonders spektakulär. «Das beste und zugleich schlechteste Penaltyschiessen aller Zeiten» bot alles, was von einem Elfmeterschiessen erwartet werden kann. Nach 14 Schüssen und einer bescheidenen Trefferquote von 36 Prozent konnte England den Kopf noch aus der Schlinge ziehen. Zweimal hatten die Skandinavierinnen den Siegestreffer auf dem Fuss, doch der Ball flog jeweils weit über das Gehäuse. Im Verlauf des Viertelfinals zeigten die Engländerinnen eindrückliche Moral, als sie sich nach einem 0:2-Rückstand zurückkämpften.
Die EM startete für England enttäuschend nach der Niederlage im ersten Gruppenspiel gegen Frankreich. Mit zwei deutlichen Siegen gegen die Niederlande und Wales konnte man die K.-o.-Phase dennoch klar erreichen.
Ein nüchterner Blick auf die Statistik lässt vermuten, dass Italien kaum eine Chance haben wird. Einzig in der Defensive können die Italienerinnen mit England mithalten. Auch die letzten Direktbegegnungen gingen jeweils an England, aber das letzte Mal, als sich diese Nationen an einer EM gegenüberstanden, konnte Italien 2009 in der Gruppenphase überraschend 2:1 gewinnen.
Auch im zweiten Halbfinal scheint die Rollenverteilung eindeutig. Die Weltmeisterinnen aus Spanien sind gegen die Rekordeuropameisterinnen aus Deutschland klarer Favorit.
Nach vier Spielen an dieser Europameisterschaft stellt Spanien nicht nur die beste Offensive, sondern auch die beste Defensive. Im Schnitt konnte La Roja viermal pro Spiel über ein Tor jubeln und einzig im Viertelfinal gegen die Schweiz erzielten die Iberinnen weniger als drei Tore. Ebenfalls ist Spanien das einzige Team an der EM, welches bisher alle Spiele gewann.
Genauso beeindruckend ist die Ballbesitzquote, im Schnitt hat Spanien fast drei Viertel der Spielzeit den Ball in den eigenen Reihen. In bisher jeder einzelnen Partie hatte das Team von Trainerin Montserrat Tomé mindestens 70 Prozent Ballbesitz. Auch schoss kein Team am laufenden Turnier so oft wie Spanien.
Für Deutschland war diese EM bisher ein grosses Auf und Ab. Nach zwei Siegen gegen Polen und Dänemark gab es im letzten Gruppenspiel eine herbe 1:4-Klatsche. Noch nie verlor Deutschland an einer Europameisterschaft so hoch.
Vor dem Viertelfinal prasselte bereits viel Kritik auf die DFB-Elf, gegen Frankreich erlebten die EM-Rekordsiegerinnen einen Horrorstart. Nach 13 Minuten wurde Kathrin Hendrich vom Platz gestellt, nachdem sie ihrer Gegenspielerin an den Haaren gezogen hatte und Frankreich durch den darauffolgenden Elfmeter in Führung gegangen war. Doch die Deutschen zeigten Moral und glichen noch in der ersten Halbzeit aus. Dank einer überragenden Ann-Katrin Berger im Tor und einer riesigen Teamleistung rettete sich Deutschland in das Elfmeterschiessen und entschied den Viertelfinal für sich.
Einen deutlichen Vorteil haben unsere nördlichen Nachbarn im Direktduell. In bisher acht Aufeinandertreffen gewann Spanien noch nie, und an grossen Turnieren gewann Deutschland immer. Zuletzt an den Olympischen Spielen im letzten Jahr. Damals setzte sich Deutschland mit 1:0 durch und sicherte sich die Bronzemedaille.