Letztes Meisterschaftsspiel, Cup-Viertelfinal, Ferien, Saisonvorbereitung 2020/21, Cup-Halbfinal 2019/20. Das sind die Etappen seit Anfang Monat für den FC Winterthur. «Es ist eine abstrakte Situation», findet FCW-Geschäftsführer Andreas Mösli.
Der Verein aus der Challenge League ist sich zwar durchaus gewohnt, im Cup weit zu kommen. In Basel spielt er seinen vierten Halbfinal in den letzten 14 Jahren. Aber: «Dieses Mal ist alles etwas anders. Es ist kein gesellschaftliches Ereignis», so Mösli.
Nach dem Sieg in den Viertelfinals gegen Bavois gewährte der FC Winterthur seinen Spielern eine Woche Ferien. Jetzt ist die Mannschaft seit rund zehn Tagen wieder im Training. In Winterthur hoffen sie, dass sie die gute Form aus der Meisterschaftsschlussphase einigermassen konservieren konnten. Sechs der sieben letzten Spiele gewann der FCW, darunter waren der Sieg gegen Aufsteiger Lausanne und das 6:0 zum Abschluss bei den Grasshoppers. Mösli: «Es gab aufgrund der speziellen Situation wegen Corona zum Teil komische Spiele mit ungewöhnlich vielen Toren.»
Der Normalfall fand nach dem Lockdown nicht mehr statt - und darauf setzt Winterthur auch im Cup gegen Basel. «Wenn wir unseren besten Tag haben und Basel nicht perfekt ist, dann liegt etwas drin», sagte Mösli. «Wir haben die grosse Motivation, in den Final zu kommen. Auch wenn der Cupsieg in diesem Jahr vielleicht der unwichtigste Cupsieg ist, weil man ihn nicht mit den Fans feiern kann und weil er kein Ticket für die Europa League bringt.»
Doch allein finanziell wäre die Teilnahme am Cupfinal für Winterthur lukrativ. Rund 400'000 Franken würden herausspringen. Das ist für einen mittleren Challenge-League-Verein viel Geld.
Beim FC Basel ist der finanzielle Anreiz weniger gross. Trainer Marcel Koller fokussiert auf den sportlichen Erfolg. Zum Abschied will er einen zweiten Cup-Titel holen mit dem FCB. Einfach ist die aktuelle Situation aber auch für den Favoriten nicht. Er hat erst vor zwei Wochen sein letztes Spiel in der Europa League absolviert, seine Spieler darauf ein paar Tage in den Urlaub geschickt – um dann festzustellen, dass beim Trainingsbeginn drei von ihnen (Arthur Cabral, Eray Cömert, Eric Ramires) positiv auf das Coronavirus getestet wurden. Ein Vierter (Samuele Campo) ist ebenfalls in Quarantäne. Ausserdem fehlen vom Stammpersonal der verletzte Luca Zuffi und der gesperrte Taulant Xhaka.
Vor seiner letzten Woche als FCB-Trainer blieb aber Koller trotz Personalsorgen pragmatisch. «Wir müssen alles ausblenden und den Gegner ernst nehmen. Das gibt ein offenes Spiel.»
Seit der Einführung der Super League in der Saison 2003/04 war kein anderer Challenge-League-Klub annähernd in derart vielen Cupspielen in der entscheidenden Phase (ab Viertelfinals) dabei wie der FC Winterthur. Lausanne-Sport und Bellinzona brachten es auf vier solche Spiele, für Winterthur wird der Halbfinal in Basel bereits das achte sein. Die Zürcher erreichten in dieser Zeit nie den Final, aber viermal die Halbfinals (2006, 2012, 2017 und 2020).
Was Winterthur für die Challenge League ist, ist der FC Basel für die Super League: Das Cup-Team schlechthin der jüngeren Vergangenheit. Gegen den Zürcher Aussenseiter strebt der FCB den siebten Cupfinal seit 2011 an. Zwischen 2011/12 und 2018/19 gab es bloss 2016 und 2018 einen Final ohne Basler Beteiligung. (abu/sda)