Dieses Bild soll es in Zukunft nicht mehr so häufig geben – denn die IFAB will die Abseitsregelung revolutionieren.Bild: www.imago-images.de
Pro und Contra
Die Lösung in der Offside-Frage? Eine Regeländerung, zwei Meinungen
Das International Football Association Board (IFAB), in dem neben den Verbänden aus England, Schottland, Nordirland und Wales auch die FIFA vier Sitze hat, testet eine neue Abseitsregelung. Diese sorgt für erhitzte Gemüter – dabei gibt es nicht nur Argumente gegen eine solche Regelanpassung.
Eine Idee vom ehemaligen Star-Coach Arsène Wenger könnte für eine Revolution im Fussball sorgen. Denn nun soll sein Vorschlag zur Änderung der Abseitsregelung getestet werden. So sollen Spieler in Zukunft nicht mehr im Abseits stehen, wenn sie sich mit einem Körperteil noch auf der Höhe des letzten Verteidigers befinden. Die mögliche Regeländerung stösst bei vielen Fussballfans auf taube Ohren. Was dennoch für diese spricht – und weshalb sie völlig sinnlos wäre.
Niklas Helbling: Seit Einführung des Video-Assistenten hat sich der Fussball grundlegend verändert. Immer wieder werden Spiele teils minutenlang unterbrochen und am Ende kommt oftmals ein Entscheid heraus, der immer noch nicht alle überzeugt – seien es die Spieler, die Trainerinnen oder die Fans. Selbst bei vermeintlichen Tatsachenentscheiden wie einer Abseitsstellung. Mal scheint die Linie krumm gezogen, mal ist ein Körperteil eines Spielers nicht eindeutig zu sehen oder geht dieses ganz vergessen.
Dies dürfte bei der neuen Regelung nicht mehr der Fall sein. Denn einerseits ist klarer zu erkennen, ob ein Spieler die Abseitslinie mit vollständigem Körperumfang überquert hat oder nicht. Ist die Fussspitze des Stürmers verdeckt oder der Arm des Verteidigers nicht zu sehen, ist es kein Abseits. So dürften die Entscheide auch schneller gefällt werden.
Andererseits wird ein gewisser Graubereich, wie beispielsweise beim aberkannten Tor von Lautaro Martinez gegen Saudi-Arabien, beseitigt. Bei jenem Tor stellen sich nämlich folgende Fragen: Wo hört die Schulter, also der Bereich, mit dem der Ball gespielt werden darf, auf? Und wo fängt der Arm, also der unzulässige Bereich, um den Ball zu berühren, an? Unter der neuen Regelung wird der Abseitsentscheid also tatsächlich zum Tatsachenentscheid.
Ob diese Lösung perfekt ist, ist zum jetzigen Zeitpunkt nicht zu sagen und mag für viele zweifelhaft erscheinen. Aber es schadet nicht, es zu testen, und falls es sich als Verschlechterung statt Verbesserung erweist, lässt man es dann halt sein. Doch jetzt schon darüber zu spekulieren, welche Auswirkungen das aufs Defensivverhalten haben wird, ergibt wenig Sinn.
Und auch wenn die Studie der FIFA, nach welcher 50 Prozent der aberkannten Tore im untersuchten Zeitraum unter der neuen Regelung gezählt hätten, nicht eins zu eins auf eine Zukunft nach der Änderung der Abseitsregelung übertragen werden können, erscheint es nur logisch, dass es tatsächlich mehr Tore geben wird. Und das will ein Grossteil der Zuschauerinnen und Zuschauer nun mal sehen.
Dies dürfte bei der neuen Regelung nicht mehr der Fall sein. Denn einerseits ist klarer zu erkennen, ob ein Spieler die Abseitslinie mit vollständigem Körperumfang überquert hat oder nicht. Ist die Fussspitze des Stürmers verdeckt oder der Arm des Verteidigers nicht zu sehen, ist es kein Abseits. So dürften die Entscheide auch schneller gefällt werden.
Andererseits wird ein gewisser Graubereich, wie beispielsweise beim aberkannten Tor von Lautaro Martinez gegen Saudi-Arabien, beseitigt. Bei jenem Tor stellen sich nämlich folgende Fragen: Wo hört die Schulter, also der Bereich, mit dem der Ball gespielt werden darf, auf? Und wo fängt der Arm, also der unzulässige Bereich, um den Ball zu berühren, an? Unter der neuen Regelung wird der Abseitsentscheid also tatsächlich zum Tatsachenentscheid.
Ob diese Lösung perfekt ist, ist zum jetzigen Zeitpunkt nicht zu sagen und mag für viele zweifelhaft erscheinen. Aber es schadet nicht, es zu testen, und falls es sich als Verschlechterung statt Verbesserung erweist, lässt man es dann halt sein. Doch jetzt schon darüber zu spekulieren, welche Auswirkungen das aufs Defensivverhalten haben wird, ergibt wenig Sinn.
Und auch wenn die Studie der FIFA, nach welcher 50 Prozent der aberkannten Tore im untersuchten Zeitraum unter der neuen Regelung gezählt hätten, nicht eins zu eins auf eine Zukunft nach der Änderung der Abseitsregelung übertragen werden können, erscheint es nur logisch, dass es tatsächlich mehr Tore geben wird. Und das will ein Grossteil der Zuschauerinnen und Zuschauer nun mal sehen.
Moritz Meister: Die neue Abseitsregelung würde nicht den gewünschten Effekt von attraktiverem und offensiverem Fussball haben. Defensivspieler werden sich einfach an die neuen Regeln anpassen und in Zukunft viel tiefer stehen, um dem Stürmer gar nicht erst die Möglichkeit zu geben, sich einen Vorteil zu verschaffen. Eine taktische Rückentwicklung, zurück zu einem Spielstil mit Libero, wäre nicht unwahrscheinlich. Das Spiel würde eher defensiver und unattraktiver als offensiver. Die Statik des Spiels würde sich verändern. Mittelfeldspieler würden im Niemandsland stehen, während die Abwehr hinten steht und die Stürmer vorne lauern.
Da gilt auch das Argument aus der internen Untersuchung der FIFA aus dem Jahr 2020 nicht. Diese ergab, dass 50 Prozent der Tore, die wegen einer Abseitsstellung aberkannt wurden, unter der neuen Regelung gezählt hätten. Doch aus Spielen, in denen andere Regeln galten, Schlüsse für eine neue Regelung zu ziehen, ist völlig sinnlos. Logisch hätte es mehr Tore bei einer anderen Regelung gegeben, genauso wie es weniger Handspenaltys gäbe, wenn man den Ball in die Hand nehmen dürfte. Dass dies so keinen Sinn ergibt, sollte jedem, der etwas von Fussball versteht, bewusst sein.
Der Änderungsvorschlag ergibt ebenso wenig Sinn wie Marco van Bastens Aufforderung im Jahr 2017, das Abseits komplett abzuschaffen. «So könnten die Stürmer hinter den Verteidigern stehen, wodurch es diese viel schwieriger hätten», sagte der Europameister von 1988 damals. Dabei beachtete er aber – so wie die Befürworter der aktuell diskutierten Regeländerung – nicht, dass anders gespielt werden würde und sich das komplette Spiel verändern würde.
Und für alle, die denken, dass sich die Wartezeit bei einem VAR-Eingriff verkürzen würde, sei so viel gesagt: Auch die Überprüfung, ob nun die Hacke eines Angreifers noch auf der Höhe des Verteidigers war, kann durchaus einige Minuten dauern. Möglicherweise würde es nicht mehr ganz so enge Entscheide geben wie vorher, doch auch hier wird der VAR weiterhin eine Linie ziehen, um möglichst genau zu markieren, ob jetzt die Schuhspitze des Verteidigers und die linke Schulter des schräg einlaufenden Stürmers noch irgendwo auf gleicher Höhe waren.
Da gilt auch das Argument aus der internen Untersuchung der FIFA aus dem Jahr 2020 nicht. Diese ergab, dass 50 Prozent der Tore, die wegen einer Abseitsstellung aberkannt wurden, unter der neuen Regelung gezählt hätten. Doch aus Spielen, in denen andere Regeln galten, Schlüsse für eine neue Regelung zu ziehen, ist völlig sinnlos. Logisch hätte es mehr Tore bei einer anderen Regelung gegeben, genauso wie es weniger Handspenaltys gäbe, wenn man den Ball in die Hand nehmen dürfte. Dass dies so keinen Sinn ergibt, sollte jedem, der etwas von Fussball versteht, bewusst sein.
Der Änderungsvorschlag ergibt ebenso wenig Sinn wie Marco van Bastens Aufforderung im Jahr 2017, das Abseits komplett abzuschaffen. «So könnten die Stürmer hinter den Verteidigern stehen, wodurch es diese viel schwieriger hätten», sagte der Europameister von 1988 damals. Dabei beachtete er aber – so wie die Befürworter der aktuell diskutierten Regeländerung – nicht, dass anders gespielt werden würde und sich das komplette Spiel verändern würde.
Und für alle, die denken, dass sich die Wartezeit bei einem VAR-Eingriff verkürzen würde, sei so viel gesagt: Auch die Überprüfung, ob nun die Hacke eines Angreifers noch auf der Höhe des Verteidigers war, kann durchaus einige Minuten dauern. Möglicherweise würde es nicht mehr ganz so enge Entscheide geben wie vorher, doch auch hier wird der VAR weiterhin eine Linie ziehen, um möglichst genau zu markieren, ob jetzt die Schuhspitze des Verteidigers und die linke Schulter des schräg einlaufenden Stürmers noch irgendwo auf gleicher Höhe waren.
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