Können Sie Ihre Gefühle nach dem 2:0 in Worte fassen?
Granit Xhaka: Wir zeigten eine sehr gute Leistung, das Resultat stimmt. So kann es weitergehen. Wir konnten leider das Spiel gegen die Iren nicht sofort entscheiden, blieben aber dennoch der geforderten Linie unseres Trainers treu: hoch stehen, pressen, und dann fällt verdient noch das 2:0. Wir mussten ja sehr viel Kritik einstecken in den vergangenen Wochen und Monaten. Weil unsere Ergebnisse trotz sehr guten Auftritten nicht immer gepasst haben.
Jetzt fährt die Schweiz zu 99,9 Prozent an die EM, oder?
Ich hoffe es. Die Mannschaft hat sicher die richtige Mentalität und wird Georgien nicht unterschätzen, das spielstark ist. Das haben wir ja schon erlebt in Tiflis. Ich bin sicher, dass uns eine gute Leistung gelingt. Und wir dann im Finalspiel gegen Gibraltar reüssieren.
Welche positiven Dinge nehmen sie aus diesem Zusammenzug und den zwei Spielen mit?
Sicher die Leistung. Wir haben auch gegen Dänemark vieles gut gemacht, negativ war eigentlich nur das Resultat. Die Dänen besassen ja praktisch keine Tormöglichkeiten. Gegen die Iren war es dasselbe, bis auf einen Kopfball vielleicht. Für die Moral war der Sieg nun sehr wichtig.
Was ging Ihnen durch den Kopf, als Ricardo Rodriguez den Penalty verschossen hatte?
Wir mussten eigentlich lachen auf dem Platz, nachdem er verschossen hatte. Weil er ja ein so sicherer Penaltyschütze ist. Aber ich hatte ein gutes Gefühl für das Spiel. Die Iren waren ja zudem noch einen Mann weniger. Das kam uns entgegen, wir erhielten Räume und machten den Sack zu. Bei uns waren die späten Gegentore jedenfalls kein Thema.
Yann Sommer hat gesagt, es sei aber ein Thema gewesen.
Vielleicht war es bei ihm eines, weil er Torhüter ist. (lacht)
Der Frust war aber schon riesig nach dem eigentlich guten Dänen-Spiel?
Wir waren extrem frustriert. Und es war ja nicht das erste Mal, dass wir in den letzten zehn Minuten ein Gegentor kassierten, das haben wir in der Kabine auch direkt angesprochen. Ein paar Spieler wurden zu recht laut. Wir sind alt genug, um darüber zu reden. Es musste sich niemand persönlich angegriffen fühlen. Deswegen war die Reaktion gegen die Iren überragend.
Sind Sie auch laut geworden?
Gewiss. Aber was ich gesagt habe, bleibt intern. Das Reden hat uns in jedem Fall gutgetan.
Könnte diese schwierigere EM-Qualifikation dem Team für die Zukunft auch helfen und ein Vorteil sein?
Ja. Wir hatten in den vergangenen Monaten und Jahren sehr viele positive Dinge im Team. Vielleicht war es jetzt negativ, dass wir nicht immer voll konzentriert waren. Das wird uns für die Zukunft helfen. Wir sind auf einem guten Weg. Es gibt ja keine kleinen Mannschaften mehr, das mussten wir zwei- dreimal erfahren. Aber wir sind sehr gut eingestellt vom Trainer. Er gibt uns so viele Dinge mit auf den Weg, aus denen wir lernen können. Nur so kommen wir weiter. Als Spieler, und als Team.
Stört es Sie, dass Vladimir Petkovic unter Beschuss geraten ist?
Ich habe mit ihm noch darüber gesprochen. Petkovic hat es richtig formuliert: Er steht seit fünfeinhalb Jahren in der Kritik. Wir Spieler können nur sehr sehr positiv über ihn sprechen, er ist ein super Trainer. Er hat uns weiterentwickelt, individuell und als Mannschaft. Er ist bei uns sehr beliebt. Wir wollen eine positive Zukunft mit ihm.
Wie ist Ihr Verhältnis zu Petkovic?
Sehr gut. Ich hatte noch nie mit einem Trainer – im Klub oder Nationalteam - privat wie fussballerisch ein derart gutes Verhältnis. Mit Abstand ist das so. Er hat mir so viele Dinge im mentalen und taktischen Bereich mit auf den Weg gegeben.
Wieso ist das Verhältnis so gut?
Das ist eine gute Frage. Ich hatte in meiner Karriere ja schon viele Trainer. Aber die Bindung zu Petkovic ist speziell. Er ist fast wie eine Vaterfigur. Für ihn ist es nicht einfach, weil er uns so selten sieht. Aber was er leistet, müssten die Leute öfters schätzen.
Bewerten wir, die Medien, Petkovic falsch?
Ich weiss nicht einmal, wieso Sie überhaupt negativ über ihn reden. Die Ergebnisse stimmen, wir sind besser geworden. Wo sehen Sie denn negative Dinge? Das müssten Sie mir vielleicht einmal sagen.
Beispielsweise in der Shaqiri-Diskussion, als bekannt wurde, dass das Verhältnis zwischen Spieler und Trainer nicht gut sei.
Das kommt aber von beiden Seiten. Es ist nicht nur der Trainer, auch der Spieler. «Shaq» weiss genau, was er richtig und falsch gemacht hat. Oder er sollte es zumindest wissen. Der Trainer weiss es ebenfalls. Es gibt immer Diskussionen in einer Mannschaft, so muss es ja auch sein. Wie gesagt: Ich habe ein sehr gutes Gefühl, dass Petkovic beliebt ist und in der Mannschaft gut ankommt.
Würde es helfen, wenn der Verband bald entscheidet, ob es nach der EM weitergeht oder endet? Damit Ruhe herrschen würde diesbezüglich.
Wer sollte dann kommen? Haben Sie einen besseren Trainer? Das ist doch die Frage. Ich kenne momentan jedenfalls keinen besseren Coach für uns als Petkovic. Wir sehen ja, wie weit er uns gebracht hat. Natürlich ist es nicht immer einfach für ihn, aber wir stehen ja schlussendlich auf dem Rasen. Die Trainerdiskussion gibt es bei uns in der Mannschaft jedenfalls nicht. Und bevor der Verband einen negativen Entscheid fällt, müsste doch ein besserer da sein. Also, wenn Sie schon etwas in diese Richtung schreiben: Kennen Sie einen besseren Trainer?
Der Name Lucien Favre ist schon gefallen.
Ich glaube nicht, dass ... ich kenne Favre sehr gut, wir haben ein super Verhältnis, auch heute noch. Er braucht jeden Tag die Spieler neben sich, im Training. Ich wäre überrascht, wenn Favre das machen würde.
Was würde Petkovic als Klubtrainer mit dem täglichen Training aus diesem Schweizer Team machen?
Wir wären in vielen Dingen noch besser. Petkovic ist taktisch überragend. Ich habe noch keinen Tag mit ihm in der Nationalmannschaft erlebt, an dem wir keinen Fortschritt erzielt hätten. Er hat immer Lust, ist immer da, will an jedem kleinsten Detail feilen.
Würden die Spieler ihm einen neuen Vertrag geben?
Ja, sofort. Vom Gefühl her gilt das für alle.
Auch für Xherdan Shaqiri?
Ich bin davon überzeugt, dass «Shaq» ein gutes Verhältnis hat zu ihm. Das war vielleicht ein kurzes Missverständnis. Ich bin sicher, dass Xherdan im November zurückkommt, wenn er gesund ist. Er kann uns immer helfen, hat viele Qualitäten. Das ist Fakt.
Wurde auch mal Zeit!