Es ist eine besondere Konstellation: Am Sonntag noch war Davide Callà Assistenztrainer des FC Basel und bei der 1:2-Heimniederlage Gegner von YB-Profi Joël Monteiro. Zwei Tage später zeigt er dem Stürmer im Nati-Training an der portugiesischen Algarve-Küste laut- und gestenreich Laufwege vor, damit Monteiro und seine Offensivkollegen die zuletzt gesunkene Torquote der Schweizer Auswahl wieder hochschrauben.
Gleich verhält es sich mit Luganos Albian Hajdari, Luzerns Pascal Loretz und Lausannes Alvyn Sanches: In der Super League kämpfen sie gegeneinander um den Meistertitel – im Kreis der Nati sind sie Verbündete. Möglich macht das Callàs aktuelles Doppelmandat bis Ende Saison, bevor er fix zum Verband übersiedelt.
Am Ende seines ersten Arbeitstages als neuer Assistent von Murat Yakin spricht Callà erstmals über seinen viel besprochenen Wechsel vom FCB zur Nati.
Davide Callà, warum ist es vom Assistent beim FC Basel zum Assistent der Nati ein Schritt vorwärts?
Davide Callà: Im Klubfussball gibt es viele Möglichkeiten, auf hohem Niveau zu arbeiten. Aber die Nati ist einzigartig. Dieser Zug fährt nur einmal vorbei – und dann muss man aufspringen. Okay, ich bekam zweimal die Chance. Murat Yakin noch einmal abzusagen, kam nicht infrage.
Sie waren schon vor einem Jahr Yakins Wunschkandidat. Warum hat es damals nicht geklappt?
Wie Sie wissen, war die letzte Saison mit dem FC Basel sehr kompliziert. Ein Doppelmandat, wie ich es nun bis Ende Saison innehabe, war keine Option. Das habe ich verstanden.
Warum lässt David Degen Sie jetzt ziehen – für den FCB geht es erneut um sehr viel: statt um den Ligaerhalt um den Meistertitel.
Weil ich ihm und Dani Stucki (FCB-Sportchef; d. Red.) klarmachte, dass ich diese Chance jetzt packen muss und sie mich gehen lassen müssen. Sie hatten Verständnis. Übrigens auch Fabio Celestini (FCB-Chefcoach; d. Red.), den ich aber bis zur Unterschrift beim Verband bewusst aus meinen Überlegungen rausgehalten habe.
Was denken Sie – wie werden die kommenden zwei Monate im Doppelmandat als Nati- und FCB-Assistent?
Sehr stressig auf jeden Fall! Das wurde schon in den vergangenen zwei Wochen nach meiner Unterschrift beim Verband klar, als ich gemeinsam mit Murat das Camp hier in Portugal vorbereitete. Klar ist aber: Ich gebe bis zum letzten Tag alles für den FC Basel, das habe ich versprochen und das wird mir auch gelingen. Wir spielen in der Liga vorne mit und sind im Cup-Halbfinal – in beiden Wettbewerben ist das Maximum das klare Ziel.
Haben Sie Ihren Vorgänger Giorgio Contini um Tipps für die Rolle als Nati-Assistent gebeten?
Ich habe ihm im Dezember zu seinem Job als neuer YB-Trainer gratuliert. Bevor ich jetzt erstmals zur Nati gereist bin, habe ich das bewusst sein lassen. Ich habe grossen Respekt vor seinen Verdiensten, aber ich bin Davide Callà und möchte mich nicht beeinflussen lassen.
Assistenztrainer ist ein allgemeiner Begriff. Was wird genau Ihre Rolle sein?
Murat möchte von mir, dass ich den Alltag so moderiere und gestalte, dass er sich auf die wirklich wichtigen Dinge fokussieren kann. Der Assistent ist heutzutage ein Filter für den Chef. Murat soll frisch bleiben im Kopf für die wichtigsten Entscheidungen.
Heisst, Sie sind ein Dienstleister, kein Mitdenker?
Nein, das heisst es nicht. Ich bin kein Ja-Sager. Wenn nötig, werde ich ihm meine Meinung sagen und auch mal eine unbequeme Frage stellen. Ich bin nicht hier, um alles auf den Kopf zu stellen – aber Details sind immer optimierbar. Das will er auch von mir. Indem ich meine Ansichten einbringe, kann ich ihn genauso unterstützen wie beim Übernehmen von alltäglichen Aufgaben.
Als Spieler blieb Ihnen die A-Nationalmannschaft verwehrt, mitunter wegen den vielen Verletzungen. Ist es eine Genugtuung, in anderer Rolle doch noch ein Teil der Nati zu werden?
Einmal das Schweizer Trikot zu tragen, steht tatsächlich schon seit meiner Jugend auf der Liste mit allen Dingen, die ich meinem Leben getan haben möchte. Das Wort «Nationalspieler» habe ich jetzt einfach ersetzt mit «Nati-Assistent», das tönt doch auch ganz gut. Sie merken: Ich freue mich wie ein kleines Kind auf mein erstes Länderspiel am Freitag in Nordirland.
Wie steht es eigentlich um Ihre Ambitionen, selber einmal Cheftrainer zu sein?
Da mache ich mir überhaupt keinen Stress. Auf der Überholspur in ein Cheftrainer-Amt zu kommen, finde ich nicht den richtigen Weg. Ich bin aktuell an jenem Kurs, der mir später die Tür zur höchsten Trainerausbildung öffnen wird. Ich kann mir in Zukunft durchaus vorstellen, selber einmal Cheftrainer zu sein. Auch wenn ich in meinen Jahren als Assistent mitbekommen habe, wie viel stressiger dieser Job im Vergleich zu meiner Rolle nochmals ist.
Sie waren beim FC Basel Assistent von vier verschiedenen Cheftrainern. Böse Zungen behaupten, Davide Callà ist nicht loyal gegenüber seinen Vorgesetzten, sondern gegenüber dem Arbeitgeber.
Ich habe für alle meine Cheftrainer bis zum letzten Tag alles gegeben. Für mich ist das Credo, sich mit der Sache zu identifizieren. Niemand steht über dem Klub. Natürlich machte ich mir bei Entlassungen meiner Chefs Gedanken über meine Zukunft, es ist immer ein Anpassen an die Situation.
Hat der Trainerverschleiss in Basel Sie auch ein Stück weit abgeschreckt, selber Cheftrainer werden zu wollen?
Es ist schon krass, was alles auf einen Chefcoach einprasselt und wie mit ihnen umgegangen wird. Umso wichtiger ist, dass wir Assistenten unseren Chefs den Rücken freihalten