«Meine Mutter läuft mir quasi mit dem Kleinen hinterher, weil ich weiter stillen werde, sodass ich ihn immer anlegen kann», erzählte die 36-Jährige der Deutschen Presse-Agentur bei einem Gespräch in Bern, bei dem auch der Nachwuchs ganz geduldig dabei war. Planung erleichtert vieles.
Aber der Alltag als Profitrainerin und Mutter mit einem gerade einmal dreieinhalb Monate alten Buben ist eine ganz eigene Herausforderung. In Deutschland kehrte Theresa Merk ein gutes halbes Jahr nach der Geburt ihrer Tochter auf die Trainerbank des Bundesligisten SC Freiburg zurück.
Ein Kind als Karrierehemmnis? «Ich habe mir nie Gedanken darüber gemacht, weil ich davon überzeugt bin, dass ich alles hinbekomme – auch, weil ich familiär eine super Unterstützung bekomme und YB voll hinter mir steht», entgegnete Wübbenhorst, deren Mutter sich in den nächsten zwei Monaten um Söhnchen Bendt kümmern wird, wenn die Eltern beruflich eingespannt sind.
Seit ihrem Abschied in den Mutterschutz Ende November hat sie der Technische Leiter Rolf Kirchhofer vertreten, der die Bernerinnen schon früher erfolgreich trainiert hat. «Er hat schon gesagt: ‹Imke, magst du noch eine Woche länger machen.› (lacht) Die Mannschaft macht eben Spass», erzählt Wübbenhorst. «Wir haben uns auch zusammen mit der Geschäftsführung viele Gedanken gemacht, was die beste Lösung ist», meinte Kirchhofer. «Es ist gut aufgegangen.»
Ein Job-Tandem mit Kirchhofer, um privat mehr Zeit zu haben, kam Wübbenhorst nicht in den Sinn. «YB ist sehr fortschrittlich und sehr offen. Wenn ich so etwas anstreben würde, würde der Verein vermutlich auch mitgehen», sagte Wübbenhorst. «Ich bin aber nicht der Typ, so viel aus der Hand zu geben. Ich möchte wieder zu hundert Prozent zu meiner Mannschaft zurück.»
Wübbenhorst ist eine Pionierin im Fussball, auch wenn sie sich selbst nicht so bezeichnen würde. Die frühere deutsche Nachwuchs-Nationalspielerin hatte 2020 für Schlagzeilen gesorgt, als sie als erste Frau nach Inka Grings in Lotte einen Männer-Viertligisten betreute.
«Ich habe anfangs nie darüber nachgedacht, ob ich eine Pionierin sein will. Ich wollte einfach nur meinen Job ausüben, eine gute Trainerin sein und Spass haben», sagte Wübbenhorst, die begeisternd erzählen kann. «Man merkt dann aber, dass das doch keine Selbstverständlichkeit ist und man auf viele Widerstände stösst. Es ist also wichtig, dass Frauen diesen Weg gehen.»
Und so ein Weg kann auch von Sexismus begleitet werden. Etwa bei der Station Cloppenburg, als sie von Fans aufs Übelste beleidigt wurde. Oder bei Viktoria Köln, als sie 2021/22 als Co-Trainerin Analyse beschäftigt war.
«Mühsam war es, mit Leuten zusammenzuarbeiten, die Probleme alleine mit meinem Geschlecht hatten, aber gar nichts gegen meine fachliche Qualifikation sagen konnten», erzählte Wübbenhorst. «Das war bei Viktoria Köln so, als bei einer Gegner-Analyse einer aus dem Trainerstaff meinte: ‹Wir lassen uns hier von einer Frau über eine halbe Stunde etwas über Fussball erzählen. Das hätte es vor ein paar Jahren nicht gegeben.›»
Wübbenhorst ist schlagfertig, sie kann solche Situationen auch mit der nötigen verbalen Schonungslosigkeit auflösen. 2019 wurde sie für den Fussballspruch des Jahres ausgezeichnet. «Ich bin Profi. Ich stelle nach Schwanzlänge auf», war ihre scherzhafte Antwort auf die Frage, ob sie eine Sirene auf dem Kopf tragen werde, bevor sie zu ihren Spielern in die Kabine komme. «Ich habe mich nie in eine Opferrolle drängen lassen. Ich habe auch nie unter diesen vulgären Aussagen gelitten», sagte Wübbenhorst.
Nach der turbulenten Zeit im Männerfussball kam die Station Bern im Sommer 2022 für Wübbenhorst gerade recht. «Es hat damals super Spass gemacht mit den Jungs. Gleichzeitig hast du immer das Gefühl gehabt, im Schaufenster zu stehen und dich beweisen zu müssen. Du bist schnell in einen Rechtfertigungsmodus geraten. Dessen war ich leid», erzählte sie.
«Ich wollte wieder in Ruhe arbeiten, ohne dass alles beäugt wird. In Bern war es schön zu erleben, wie ich im Frauenfussball geschätzt werde. Vermutlich auch, weil ich früher selber gespielt habe», sagte Wübbenhorst. «Ich hoffe, noch ein paar Jahre in Bern trainieren zu können. Warum nicht eine Ära prägen wie einst Christian Streich in Freiburg?» (abu/sda/dpa)