Lara Gut-Behrami nimmt die Absagen der Speedrennen in Lenzerheide, die ihre Chancen auf den Gesamtweltcup auf ein Minimum schmälern, sportlich hin. Die zweite grosse Kristallkugel nach 2016 ist für die 29-Jährige mehr ein Supplément als ein Ziel. Ein Antreten im Slalom am Samstag schliesst sie aus.
Ihre Kritik im Gespräch zielt nicht auf das starre FIS-Reglement, das Umstellungen an Weltcup-Finals untersagt, sondern auf das ungleiche Verhältnis der Anzahl Rennen in den verschiedenen Disziplinen.
Lara Gut-Behrami, Sie haben in einer kleinen Zeremonie die kleine Kristallkugel für den Gewinn des Super-G-Weltcups überreicht bekommen, wurden durch die erneute Absage aber um eine weitere Gelegenheit gebracht, im Gesamtweltcup Boden auf Petra Vlhova gutzumachen. Was denken Sie?
Lara Gut-Behrami: Es geht mir gut damit. Klar, wir sind Athleten, wir wollen Rennen fahren. Wenn ein solches auf dem Programm steht, wollen wir, dass es auch stattfindet. Andererseits gibt es die Weltcup-Auszeichnungen für die Leistungen über die ganze Saison und die abgesagten Rennen haben nichts damit zu tun, wer am Ende die meisten Punkte in einer Disziplin hat. Dass mir die mit Abstand beste Super-G-Saison meiner Karriere gelang, macht mich stolz. Ich holte die Kugel, gewann vier der sechs Rennen und auch noch WM-Gold. Vor der Saison hätte ich niemals gedacht, dass das möglich ist.
Der Rückstand im Gesamtweltcup auf Petra Vlhova beträgt zwei Rennen vor Schluss immer noch 96 Punkte. Wie schätzen Sie die Situation ein?
Der Gesamtweltcup war eigentlich nie ein Thema für mich. Ich hatte ihn nicht als Ziel, irgendwann eröffnete sich aber die Möglichkeit, weil ich sehr konstant fuhr. Das gelang, weil ich mich immer aufs Skifahren konzentrierte und auf nichts anderes. Dabei belasse ich es, auch wenn der Gesamtweltcup jetzt nicht mehr realistisch ist. Ich habe noch ein Rennen und gebe mein Bestes.
Ein Start im Slalom ist kein Thema?
Nein.
Das Verhältnis zwischen den Disziplinen ist durch die erneute Absage noch ungleicher. Den 13 Speedrennen werden am Ende 18 technische Wettbewerbe gegenüberstehen.
Dass wir am Finale nicht alle Rennen fahren können und wir in dieser Saison sechs Super-G haben und mehr Rennen in anderen Disziplinen, ist schade. Aber das sind Dinge, die man nicht nur heute und morgen diskutieren sollte. Es ist oft so, dass die Themen aufkommen, wenn es um etwas geht, und zwei Wochen später ist alles wieder vergessen. Es wäre schön, wenn sich die Verbände an einen Tisch setzen und nach fairen Lösungen suchen würden.
Was wäre fair?
Fair wäre, wenn das Verhältnis zwischen den vier Kerndisziplinen von Anfang an ausgeglichen wäre. Es heisst schliesslich Ski-Weltcup und nicht Slalom-Weltcup. Sieben Slaloms und elf Abfahrten wären genau gleich unfair wie umgekehrt. Dass die Fans lieber Parallelrennen als Kitzbühel und Wengen schauen, kann mir keiner vormachen. Und dass Parallelrennen mehr für Polemik sorgen, als dass sie Werbung sind, haben wir an der WM in Cortina gesehen.
Laut FIS und Swiss-Ski gibt es auch nicht-sportliche Faktoren. Das Ungleichgewicht zwischen den Disziplinen ist etwa durch den grösseren Aufwand für Abfahrten begründet.
Wenn zum Grundgerüst wegen Olympia noch Super-Kombination und Parallelrennen dazukommen – okay. Das ist eine andere Geschichte. Wenn mir aber einer sagt, es ist zu kompliziert, dann halte ich das für eine Ausrede. Dann wurde meiner Meinung nach schlecht geplant. Bei solchen Themen haben wir Athleten aber keine Stimme.