Sie kann erste Schweizer Box-Weltmeisterin werden – das Weihnachtsessen muss sie opfern
Mit einer kleinen Portion Auberginen-Suppe sitzt Gabi «Balboa» Timar nach dem Morgentraining in der nur wenige Meter vom Boxclub Basel entfernten KaBAR. «Drei intensive Stunden» habe sie zuvor mit ihrem Trainer Angelo Gallina trainiert. Der Grund: Am Freitag kämpft sie gegen die Japanerin Marina Loreto im Kursaal in Bern um den WM-Titel. Einen Titel, welchen bislang noch keine Schweizerin errungen hat.
Doch für die wohl grösste Chance ihrer Karriere geht die 39-Jährige aufs Äusserste: In ihrem 18. Profikampf steigt sie erstmals mit 1,4 Kilogramm weniger in die leichteste Gewichtsklasse des Frauen-Profiboxsports (46,2 kg) ab. Um das Maximalgewicht nicht zu überschreiten, muss Timar dieses Jahr auf einiges verzichten: Deftiges Weihnachtsessen und grosse Feiern bleiben aus.
«Verlieren gehört zum Business dazu»
Die Ausgangslage lässt sich sehen: Balboa ist aktuell die Nummer 3 der WBO-Rangliste in der leichtesten Gewichtsklasse. Im Vergleich zu ihrer noch ungeschlagenen Gegnerin am Freitag hat Timar 15 Siege bei zwei Niederlagen auf dem Konto, währenddessen Loreto acht Siege verbuchen kann. Zudem ist der Gürtel im Fliegengewicht aktuell nicht vergeben: Denn die Weltmeisterin Tina Rupprecht hat mit 33 Jahren im Oktober ihre Schwangerschaft und gleichzeitig ihr Karriereende verkündet.
Um sich optimal auf diesen Tag vorzubereiten, wurde die Gegnerin im Detail analysiert: «Das wird ein spannender Kampf. Doch vom Inhalt her ist es gleich, wie die anderen Titelkämpfe. Da müssen wir das Rad nicht neu erfinden», betont Gallina.
Trotzdem stellt sich die Frage, was passiert, wenn der Kampf nach jahrelanger kontinuierlichen Arbeit verloren geht. «Wir wissen, dass wir verlieren können, das gehört zum Business dazu», meint Gallina. Trotzdem gibt es für die Beiden nur eine Option, betont auch Timar: «Ein Unentschieden oder eine Niederlage interessieren uns nicht. Wir gehen in den Ring, um zu gewinnen.»
Und was nach aussen wie eine enorme Drucksituation scheint, winkt die 39-Jährige schlicht ab. Laut Gallina hat Timar die Gelassenheit, welche ihm teilweise fehlt. Doch er vertraue auf diese Umgangsweise ihrer Emotionen. Timar sagt: «Natürlich spüre ich die Emotionen, das Adrenalin, aber ich bleibe ruhig.»
Die Stütze hinter dem Erfolg
Um jedoch dorthin zu gelangen, wo Timar heute steht, musste die gebürtige Rumänin vieles einstecken. Wenn sie von ihrer Karriere als Boxerin erzählt, wird Gabi Timar teils belächelt. Etwa, weil die Frauen im Boxen nicht erfolgreich sind? Ganz im Gegenteil. «Die Resultate stimmen, der Erfolg ist da.» Doch der Profiboxsport wird nicht gleichwertig angesehen: «Man spricht immer von Gleichberechtigung, aber die finanzielle Unterstützung und das Ansehen ist nicht zufriedenstellend», meint Gallina.
Für Timar spielt das aber keine Rolle, da ihr die Bedingungen von Anfang an bewusst waren. Sie betitelt das Ganze zwar als «Minusgeschäft», kämpft jedoch, weil es ihr Freude bereitet. Vielleicht reicht am Schluss ein WM-Titel, um auch hierzulande mehr Sichtbarkeit im Frauen-Profiboxsport wie beispielsweise in den USA, welche den grössten Markt für professionelles Frauenboxen darstellt, zu erreichen.
Ein Blick in die Zukunft
Auf ihre Zukunftswünsche angesprochen, meint Gallina lachend: «Ich wünsche mir, dass dieser Kampf vorbei ist.» Auch die Boxerin scheint nicht weit in die Zukunft zu schauen. «Schlussendlich weiss man nie, in welche Richtung ein Kampf geht. Deswegen kümmere ich mich nie zuvor darum, was danach ansteht.»
Das Leben als Weltmeisterin könnte im Falle eines Sieges durchaus die ein oder andere Neuerung beinhalten.
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