Es war ein Stück Schweizer TV-Geschichte, das sich an diesem frühen Freitagabend ereignete. Mit Rachel Rinast kommentierte beim skandinavischen EM-Duell zwischen Schweden und Dänemark (0:1) erstmals eine Frau alleine ein Fussballspiel im Schweizer Fernsehen. Die ehemalige Schweizer Nationalspielerin (48 Länderspiele) meisterte ihre Schweizer Premiere mit Bravour.
Fussball-Kenner dürfte allerdings kaum überraschen, dass die 34-Jährige am Mikrofon überzeugt. Rinast bringt viel TV-Erfahrung mit. In Deutschland ist die schweizerisch-deutsche Doppelbürgerin Expertin und Kommentatorin bei Sky und kommt dabei auch in der Bundesliga zum Einsatz. Beim SRF ist sie bei den Spielen der Frauen-Nati an der Seite von Calvin Stettler als Co-Kommentatorin tätig.
Ihre Rolle als Einzelkommentatorin ist nun natürlich eine andere als sonst an Stettlers Seite. Hier ist sie weniger Fan, sondern neutrale übermittlerin. Entsprechend geht Rinast die Sache an: Kleine «Blödeleien», die im Duo mit Stettler durchaus unterhaltsam sind, haben so keinen Platz. Und die technischen Feinheiten hat SRF-Debütantin sowieso im Griff. Rinast kommentiert mit angenehmer Stimme, wird dann laut und aufgeregt, wenn es nötig wird, ohne künstlich zu klingen. In einem undankbaren Spiel, in dem lange wenig läuft, versorgt sie die Zuschauenden vor dem TV ständig mit interessanten Informationen.
Das hat die einstige Spitzenverteidigerin ihren männlichen SRF-Kollegen voraus: Nicht nur ein unbestrittenes Fachwissen, weil sie selbst lange auf höchstmöglichem Niveau gespielt hat, sondern auch persönliche Verbindungen zu den Frauen auf dem Rasen. Mit vielen Spielerinnen, die an dieser EM im Einsatz stehen, stand sie schon gemeinsam auf dem Platz – als Teamkollegin oder Gegnerin. So kann sie immer wieder einbringen, wie eine Akteurin tickt, oder womit diese so ihre Probleme hat.
Die Sprache ist für die in Deutschland geborene Doppelbürgerin sowieso kein Problem. Wobei, wenn es etwas zu kritisieren gibt, dann das: Bei den Anglizismen übertreibt es Rinast teilweise. Statt «early cross» dürfte auch «frühe Flanke» gesagt werden oder «unterschätzt» statt «underrated». Auch ein oder zwei Verwechslungen von Spielerinnen passieren, die sie aber sofort professionell korrigiert.
Doch Rinast hat gezeigt, dass sie nicht nur in der Lage ist, ein Fussballspiel alleine souverän zu kommentieren. Sie hat sich in Sachen Kompetenz und Fähigkeiten im Ranking der SRF-Fussballkommentatoren weit nach vorne katapultiert. Beim Schweizer Fernsehen ist sie auch nach der EM als Kommentatorin in der Europa League und Conference League vorgesehen. Mit weiteren guten Auftritten liegt vielleicht bald noch mehr drin.
Im Ernst: sie war gut und hat nicht genervt, wie andere Kollegen.